Siegelsbach (Baden-Württemberg)

Bildergebnis für landkreis heilbronn ortsdienst karte Das bis 1803 zur Kurpfalz gehörende Dorf Siegelsbach - seit 1806 badisch – ist mit derzeit ca. 1.700 Einwohnern heute eine der kleinsten Kommunen im Landkreis Heilbronn; es liegt nur wenige Kilometer nördlich von Bad Rappenau (Kartenskizze 'Landkreis Heilbronn' ohne Eintrag von Siegelsbach, aus: ortsdienst.de/baden-wuerttemberg/landkreis-heilbronn).

 

Erstmals wird die Existenz von Juden in Siegelsbach um 1720 erwähnt; in den folgenden Jahrzehnten bildete sich eine kleine Gemeinde heraus. Im 18./19.Jahrhundert verdienten die jüdischen Bewohner ihren Lebensunterhalt im Vieh-, Frucht- und Kleinhandel sowie als Makler.

Die Judenschaft des Ortes unterhielt seit 1804 ein Bethaus in der Lindengasse (neben der Gemeindekelter) und eine Mikwe; in den Jahren zuvor hatte es bereits einen Betraum in einem Privathaus gegeben. In den 1850er Jahren wurde das Synagogengebäude vergrößert bzw. aufgestockt.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2015/Siegelsbach%20Synagoge%20004.jpg  http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2015/Siegelsbach%20Synagoge%20003.jpg Skizzen zum Umbau 1857 (Generallandesarchiv Karlsruhe)

Die jüdischen Kinder erhielten Elementarunterricht in der katholischen Ortsschule; die religiöse Unterweisung erfolgte durch einen Lehrer, der gleichzeitig auch die Funktion des Vorsängers ausübte und in dieser Funktion auch für Nachbarorte Hüffenhardt und Wollenberg zuständig war.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20346/Siegelsbach%20Amtsblatt%20Seekreis%2026101850.jpg  http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20136/Hueffenhardt%20Israelit%2021111904.jpg

Anzeigen aus "Großherzoglich Badisches Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 26.Okt. 1850 und „Der Israelit“ vom 21.Nov. 1904

Verstorbene Siegelsbacher Juden wurden auf dem Verbandsfriedhof in Heinsheim beerdigt.

Die Juden Siegelsbachs waren seit 1827 dem Rabbinatsbezirk Sinsheim angeschlossen.

Juden in Siegelsbach:

         --- 1775 .............................  28 Juden,

    --- 1801 .............................  63   “  (in 10 Familien),

    --- 1825 .............................  77   “  (ca. 10% d. Bevölk.),

    --- 1848 ............................. 104   “  ,

    --- 1875 .............................  67   “  (ca. 8% d. Bevölk.),

    --- 1900 .............................  29   “  ,

    --- 1910 .............................  24   “  ,

    --- 1925 .............................  25   “  ,

    --- 1933 .............................   9   “  ,  

--- 1938 (Jan.) ......................   6   “  ,

       --- 1940 .............................   keine.  

Angaben aus: W.Angerbauer/H.G.Frank, Jüdische Gemeinden in Kreis und Stadt Heilbronn, S. 210 - 212

 

Wegen vermehrter Auswanderung nach Amerika nahm die Zahl der jüdischen Bewohner nach 1850/1860 deutlich ab. In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg fanden Gottesdienste nur noch sporadisch statt; um 1925 wurde das inzwischen baufällige Synagogengebäude ganz aufgegeben.

An Gewerbebetrieben jüdischer Eigentümer, die bis Anfang der 1930er Jahre bestanden haben, sind zu nennen: Fa. Süddeutsche Öl- und Fettwarenfabrik H. Grötzinger Söhne (Bahnhofstraße), Viehhandlung Aron Eisemann und Manufakturwarengeschäft Josef Fleischmann (beide Hauptstraße).

Zu Beginn der NS-Zeit lebten nur noch neun Juden in Siegelsbach. Nachdem drei von ihnen verstorben waren, wurde Anfang des Jahres 1938 die Kultusgemeinde offiziell aufgelöst und das Synagogengebäude an Privatleute verkauft.

Die letzten sechs in Siegelsbach lebenden Juden konnten bis Kriegsbeginn noch in die USA emigrieren.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." sind 14 aus Siegelsbach stammende bzw. längere Zeit hier ansässig gewesene jüdische Bewohner der Shoa zum Opfer gefallen (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/siegelsbach_synagoge.htm).

 

Das ehemalige Synagogengebäude wurde einige Jahre nach Kriegsende abgerissen und das Grundstück später teilweise wieder überbaut. Das ehemalige Badehaus blieb hingegen erhalten und dient als Wohnhaus; eine kleine Tafel erinnert an dessen einstige Bestimmung.

 

 

 

Weitere Informationen:

Paul Fütterer, 700 Jahre Siegelsbach/Landkreis Sinsheim an der Elsenz - 1258 bis 1958, Siegelsbach 1959

F.Hundsnurscher/G.Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden - Denkmale, Geschichte, Schicksale, Hrg. Archivdirektion Stuttgart, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1968, S. 260/261

W.Angerbauer/H.G.Frank, Jüdische Gemeinden in Kreis und Stadt Heilbronn. Geschichte - Schicksale - Dokumente, in: "Schriftenreihe des Landkreises Heilbronn", Band 1, Hrg. Landkreis Heilbronn, 1986, S. 209 – 212

Rudolf Petzold, Heimatbuch Siegelsbach 1986, S. 161 – 164

Joachim Hahn, Erinnerungen und Zeugnisse jüdischer Geschichte in Baden-Württemberg, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, S. 249 f.

Siegelsbach, in: alemannia-judaica.de (mit Text- u. Bildbeiträgen zur jüdischen Gemeindehistorie)

Joachim Hahn/Jürgen Krüger, “Hier ist nichts anderes als Gottes Haus ...” Synagogen in Baden-Württemberg, Teilband 2: Orte und Einrichtungen, Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart 2007, S. 438 – 440

Rudolf Petzold, Die jüdische Gemeinde Siegelsbach, in: "Bad Rappenauer Heimatbote", No. 24 (Dez. 2013)

N.N. (Red.), Siegelsbach. Das steckt hinter dem Wohnhaus in der Hauptstraße 72, in: „Rhein-Neckar-Zeitung“ vom 1.12.2017 (betr. Standort der ehem. Mikwe)