Niederkirchen (Rheinland-Pfalz)

File:Naturraumkarte Glan-Alsenz-Hoehen.pngKarte  Niederkirchen ist seit 2014 ein Ortsteil der Verbandsgemeinde Otterbach-Otterberg südwestlich von Rockenhausen im Norden des Kreises Kaiserslautern mit derzeit ca. 1.900 Einwohnern (Ausschnitt aus topografischer Karte mit Niederkirchen am unteren Kartenrand, elop 2019, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0  und  Kartenskizze 'Kreis Kaiserslautern', NNW 2014, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0 de).

 

In der zweiten Hälfte des 17.Jahrhunderts sind erstmals Juden im Dorfe Niederkirchen urkundlich nachgewiesen; eine kleine Gemeinde bildete sich im Laufe des 18.Jahrhunderts. Anfang der 1840er Jahre erwarb die Gemeinde ein größeres Scheunengebäude (heutige Talstraße), das in den 1850er Jahren in eine Synagoge mit Schule umgebaut wurde; der Betsaal besaß ca. 90 Männersitze, auf der Empore fanden ca. 50 Frauen Platz.

  Synagoge Niederkirchen um 1930 - Ausschnittsvergrößerung (Landesamt)

Im Laufe ihrer Geschichte verfügte die jüdische Gemeinde in Niederkirchen über Friedhöfe auf dem Hahnenhügel (seit dem 17.Jahrhundert) und im Kennelgarten (seit den 1860er Jahren); hier wurden auch verstorbene Juden aus der näheren Umgebung beerdigt.

In den Ortsteilen Heimkirchen und Morbach lebten ebenfalls einige jüdische Familien.

Die Kultusgemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat Kaiserslautern.

Juden in Niederkirchen:

         --- 1696 ........................   2 jüdische Familien,

    --- 1769 ........................   5     “       “    ,

    --- 1804 ........................  48 Juden,

    --- 1808 ........................  68   “  (in 13 Familien),

    --- 1825 ........................  79   "  (ca. 16% d. Bevölk.),

    --- 1848 ........................ 112   “  (in 22 Familien),

    --- 1859 ........................  22 jüdische Familien,

    --- 1875 ........................  80 Juden,

    --- 1900 ........................  58   “  ,*   * andere Angabe: ca. 110 Pers. (?)

    --- 1925 ........................  25   "   (ca. 3% d. Bevölk.)

    --- 1933 (Jan.) .................  27   “  ,*   * andere Angabe: 19 Pers.

    --- 1937 ........................  16   “  ,

    --- 1942 (Dez.) .................   keine.

Angaben aus: Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff, Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, S. 290

und                  Karl Bäcker, Die Juden in Niederkirchen, S. 36/37

 

Gegen Ende des 19.Jahrhunderts waren einige jüdische Dorfbewohner Mitglied des Gemeinderates bzw. in gemeindlichen Ausschüssen tätig; Juden waren demnach in die dörfliche Gesellschaft gut integriert. Zeitweilig betrug der jüdische Bevölkerungsanteil bis zu 20 Prozent, war aber nach 1900/1910 stark rückläufig; Anfang der 1930er Jahre lebten nur noch ca. 30 Juden in Niederkirchen. Nach 1933 wurden die noch verbliebenen Familien zunehmend in die Isolation getrieben; wirtschaftliche und soziale Ausgrenzung führten schließlich zur Abwanderung fast aller Familien.

Während des Novemberpogroms von 1938 setzten auswärtige SA-Angehörige das Synagogengebäude in Brand; es wurde völlig eingeäschert und die Ruine später abgebrochen. Die letzte in Niederkirchen lebende Jüdin wurde im Jahre 1942 deportiert.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ...“ sind nachweislich zwölf aus Niederkirchen stammende Juden Opfer der NS-Gewaltherrschaft geworden; aus Relsberg sind zwei jüdische Opfer bekannt (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/niederkirchen_synagoge.htm).

Das ehemalige Synagogengrundstück - es war nach einem Restitutionsverfahren in den Besitz der jüdischen Kultusgemeinde der Rheinpfalz übergegangen - erwarb 1961 ein Landwirt, der hier eine Stallung errichtete.

Vom älteren jüdischen Friedhof sind noch zwei orginale Grabsteine vorhanden.

    Aufn. P. 2021, aus: commons.wikimedia.org CC BY-SA 4.0

Der ummauerte jüdische Begräbnisplatz im Kennelgarten - angelegt in den 1860er Jahren - weist noch etwa 70 Grabsteine aus dem 19. und beginnenden 20.Jahrhundert auf.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20324/Niederkirchen%20Friedhof%2012103.jpg 

 Teilansicht des jüdischen Friedhofs in Niederkirchen (Aufn. J. Hahn, 2012 und P. 2021, aus: commons.wikimedia.org CC BY-SA 4.0)

Auf dem Begräbnisgelände lagern auch Grabsteine des gegen Ende der 1970er Jahre aufgelassenen jüdischen Friedhofs von Olsbrücken.

                       

 

In Olsbrücken – heute Teil der Verbandsgemeinde Otterbach-Otterberg – gab es eine jüdische Begräbnisstätte, die im 19.Jahrhundert angelegt wurde, aber heute keine Grabsteine mehr aufweist. Die wenigen vormals noch vorhandenen Steine wurden nach der Einebnung des Areals auf den israelitischen Friedhof Niederkirchen umgesetzt (siehe oben).

An den alten Friedhof weisen heute nur noch zwei Torpfeiler hin. 

undefinedAufn. Marcus Leister 2018, aus: wikipedia.org,CC BY-SA 4.0

                 vgl. Otterberg (Rheinland-Pfalz)

 

 

Weitere Informationen:

Karl Fücks/Michael Jäger, Synagogen der Pfälzer Juden - Vom Untergang ihrer Gotteshäuser und Gemeinden, Edenkoben 1988, S. 175 - 177

Karl Bäcker, Die Juden in Niederkirchen, in: "Heimatjahrbuch des Landkreises Kaiserslautern 1991", S. 36 – 39

Otmar Weber, Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südpfalz, Hrg. Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz in Landau, Landau 2005, S. 146/147

Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels “. Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 290/291

Niederkirchen, in: alemannia-judaica.de