Niederemmel (Rheinland-Pfalz)

Bildergebnis für Kreis bernkastel wittlich karte Sankt Michaelstraße in 54498 Piesport Niederemmel (Rheinland-Pfalz) Niederemmel ist heute ein Ortsteil von Piesport im Landkreis Bernkastel-Wittlich - ca. 15 Kilometer moselaufwärts von Bernkastel-Kues (Kartenskizze 'Kreis Bernkastel-Wittlich' ohne Eintrag von Niederemmel/Piesport, Hagar 2010, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

In Niederemmel und Müstert bestanden winzige jüdische Gemeinschaften vermutlich seit Beginn des 19.Jahrhunderts. Die jüdischen Familien beider Dörfer bildeten zusammen die „Synagogengemeinde Müstert-Emmel“. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wohnten in Müstert mehr Juden als in Niederemmel. (Anm.: In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kehrte sich das Verhältnis um.)

Deshalb erbaute man unter großen finanziellen Anstrengungen und mit Hilfe von in Nachbargemeinden durchgeführten Kollekten das Synagogengebäude in Münstert, das im März 1855 durch Oberrabbiner Josef Kahn aus Trier feierlich eingeweiht wurde. In einem Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. April 1855 wurde darüber wie folgt berichtet (auszugsweise):

Regierungsbezirk Trier, 15. März. (Privatmitth.) Mit Recht erkennt man in den vielen, in neuerer Zeit erbauten Synagogen den Beweis für die wieder neu erwachte Liebe und Begeisterung für unsere Religion und deren Institutionen. Aus welchen anderen Motiven sonst würden die Gemeinden die so großen Opfer darbringen, wenn nicht der religiöse Drang sie hierzu antreiben sollte? Müstert-Emmel recht hübsche Synagogen durch unseren Oberrabbiner, Herrn Kahn aus Trier, auf die feierlichste Weise eingeweiht. Letzterer Gemeinde (Anm.: hier ist Münstert gemeint) muß dieses noch um so mehr anerkannt werden, als sie aus nur zehn unbemittelten Familien besteht, welche alle durch mehrjährige Sammlungen über 1.000 Thlr. aufbrachten und mit gutem und frohem Herzen Alles aufboten, um auch die Einweihung auf schöne und erhabene Weise zu feiern. Besonders Anerkennung und Dank verdienen die intelligenten und religiösen Kaufleute, die Herren A. Marx und Schwes aus Bernkastel, die dort den Gottesdienst durch Leitung eines hübschen Chores verherrlichen, auch bei dieser Gelegenheit wieder wie früher bei den Einweihungen zu Bernkastel und Zeltingen in Gemeinschaft mit den Musikern, den Herrn Gebrüder Hirsch aus Bernkastel, ohne Zeit- und Geldopfer zu scheuen - erschienen und zur Hebung der Feierlichkeit sehr viel beitrugen. ... Die genannten Gebrüder Hirsche, die gewöhnlich auch die bei solchen Feste stattfindenden Bälle leiten, können wir für derartige Feierlichkeiten allen Gemeinden bestens empfehlen

Als 1890 in Müstert keine Juden mehr wohnten, bildeten nun die Familien aus Niederemmel und Neumagen eine gemeinsame Kultusgemeinde.
1930 weihten die jüdischen Bewohner Niederemmels ihre Synagoge, einen Betsaal in einem angekauften und danach umgebauten Gebäude „Am Römerbrunnen“, unter reger Anteilnahme der Honoratioren und der Bevölkerung ein; die Kommune hatte einen Teil der Baukosten getragen. Die Juden Niederemmels hatten davor die 1855 eingeweihte Synagoge in Müstert aufgesucht.

 

Der Betsaal im Erdgeschoss - Bildmitte mit den drei Rundbogenfenstern (hist. Postkarte)  –  Einweihung der Synagoge (hist. Aufn., 1930)

                 Im Zusammenhang der Synagogeneinweihung von 1930 schrieb der damalige Bürgermeister die folgenden Zeilen:

Sehr geehrter Vorstand !

Ich danke Ihnen für die mir zugedachte Ehre und betrachte es als meine Pflicht und Aufgabe, die neue Synagoge in meinen behördlichen Schutz zu nehmen. Der Herr Landrat hat mich beauftragt, Ihnen in seinem Namen zu dem vollendeten Werke die besten Glückwünsche zu entbieten. Namens der Gemeinde, in meinem Namen schließe ich mich diesen Glückwünschen an. Möge das neue Gotteshaus für zahllose Generationen eine Stelle der Andacht und Erbauung bleiben.

Ihre verstorbenen Glaubensgenossen beerdigten die Juden Niederemmels auf dem zwischen Neumagen und Dhron gelegenen jüdischen Friedhof.

Juden in Niederemmel:

         --- 1858 ......................... 58 Juden,

    --- 1868 ......................... 57   “  ,

    --- 1895 ......................... 73   “   (ca. 6% d. Bevölk.),

    --- 1933 ......................... 27 jüdische Familien,

    --- 1935 ..................... ca. 55 Juden,

    --- 1939 (Dez.) .................. keine.

Angaben aus: Franz Botzet, Geschichte der Juden in Neumagen-Dhron und Umgebung, 1997

 

Zu Beginn der 1930er Jahre lebten in Niederemmel noch fast 30 jüdische Familien; wegen der zunehmenden Diskriminierung und wirtschaftlichen Repression verließen nach 1933 die allermeisten ihren Heimatort.

Bis 1936 bestanden am Ort noch die folgenden Geschäft jüdischer Betreiber: die Vieh-/Kolonialwarenhandlung von Max Mendel, die Kolonialwarenhandlungen von Leopold Leib und von Isidor Mendel, die Metzgerei Abraham Mendel und das Geschäft für Kurzwaren Rudolf Levi.

Die nur acht Jahre genutzte Synagoge wurde während des Novemberpogroms 1938 geschändet.

Die letzten jüdischen Einwohner am Ort wurden 1942 deportiert. Nachweislich wurden elf gebürtige bzw. länger im Ort wohnhaft gewesene Juden aus Niederemmel Opfer der Shoa (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/niederemmel_synagoge.htm).

[vgl. Neumagen (Rheinland-Pfalz)]

 

 

In der westlich von Bernkastel-Kues gelegenen Ortschaft Brauneberg - sie hieß bis 1925 Dusemond - existierte vermutlich seit dem 18. Jahrhundert eine kleine jüdische Gemeinde, die aber nie mehr als 50 Angehörige umfasste. In einem älteren Wohnhaus hatte die Judenschaft einen Betraum eingerichtet. Zu den gemeindlichen Einrichtungen zählte auch ein kleiner Friedhof in Richtung Burgen; auf dem Gelände fand 1864 die erste Beerdigung statt.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20238/Brauneberg%20Friedhof%20180.jpg Jüdischer Friedhof in Brauneberg (Aufn. Otmar Frühauf, 2009)

1933 lebten noch 20 jüdische Personen am Ort, dazu kamen zur jüdischen Gemeinde aus den umliegenden Orten weitere 42 Personen. Wenig später schlossen sich die nur noch wenigen Gemeindemitglieder der Synagogengemeinde Neumagen-Niederemmel an.

Nachweislich wurden 14 gebürtige bzw. längere Zeit in Brauneberg lebende jüdische Bewohner Opfer der NS-Gewaltherrschaft.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2073/Brauneberg%20Synagoge%20010.jpg http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2073/Brauneberg%20Synagoge%20100.jpg

Ehem. Synagogengebäude vor (um 1985) und nach der Restaurierung (um 2006, J. Hahn)

 

 

Weitere Informationen:

Franz Botzet, Die jüdische Gemeinde Neumagen und ihr Friedhof, in: "Jahrbuch des Kreises Bernkastel-Wittlich 1989", S. 84 - 88

Franz Botzet, Geschichte der Juden in Neumagen-Dhron und Umgebung, hrg. von der Ortsgemeinde Neumagen-Dhron, 1997 (Maschinenmanuskript)

Josef Schemer, Die jüdische Gemeinde Niederemmel und ihr Bethaus, in: "Jahrbuch des Kreises Bernkastel-Wittlich 1997", S. 104/105

Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff, Synagogen. Rheinland-Pfalz und Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Verlag Ph. von Zabern, Mainz 2005, S. 126/127 und S. 311

Münstert und Niederemmel, in: alemannia-judaica.de

Brauneberg und der jüdische Friedhof, in: alemannia-judaica.de (zahlreiche Aufnahmen vom Friedhofsgelände)