Niederehnheim (Elsass)

Landkreis Straßburg.png Der kleine Ort Niederehnheim mit derzeit ca. 1.300 Einwohnern - unmittelbar an Oberehnheim angrenzend, südwestlich von Straßburg gelegen - trägt den frz. Namen Niedernai (Ausschnitt aus hist. Landkarte von 1905 ohne Eintrag von Niederehnheim, aus: wikipedia.org, gemeinfrei).

 

Im unterelsässischen Dorf Niederehnheim sind Juden erstmals 1479 erwähnt; als Vertriebene sollen sie sich damals hier aufgehalten bzw. gewohnt haben. Die hier sich dann gebildete jüdische Gemeinde soll bereits im ausgehenden 18.Jahrhundert mit fast 200 Angehörigen ihren personellen Höchststand erreicht und diesen bis um 1850 auch gehalten haben.

                                          

Judengasse - zuletzt genutztes Synagogengebäude (veröffentlicht in LA TRIBUNE JUIVE, Strasbourg 1934)

Ihre Verstorbenen begrub die hiesige Judenschaft auf dem großen jüdischen Verbandsfriedhof in Rosenweiler (Rosenwiller).

Der jüdische Friedhof in Rosenweiler/Rosenwiller ist der größte jüdische Friedhof im Elsass und zugleich einer der größten jüdischen Verbandsfriedhöfe in Mitteleuropa. Folgende israelitische Gemeinden aus dem Unter-Elsass bestatteten hier ihre Toten (teilweise haben diese Gemeinden im 18. oder 19. Jahrhundert dann eigene Friedhöfe angelegt): Balbronn, Baldenheim, Barr, Bergheim, Biesheim, Bischheim, Bonhomme, Brumath, Buswiller, Dambach, Dangolsheim, Diebolsheim, Dinsheim, Duppigheim, Duttlenheim, Eckbolsheim, Epfig, Ettingen, Fegersheim, Gunstett, Kaysersberg, Kolbsheim, Krautgersheim, Kuttolsheim, Lingolsheim, Molsheim, Mutzig, Obernai, Oberschaeffolsheim, Osthoffen, Ottrott-le-Bas, Rosheim, Scharrachbergheim, Schirmeck, Soultz, Stotzheim, Strasbourg, Traenheim, Valff und Zellwiller. Auf dem etwa 40.000 m² großen Begräbnisareal lassen sich nahezu 6.500 Grabstätten nachweisen. Die meisten Grabsteine stammen aus der Zeit des 18. u. 19.Jahrhunderts. 

Zeitweilig war Niederehnheim Sitz eines Rabbinats und eines Rabbinatsgerichts; das Rabbinat wurde gegen Mitte des 19.Jahrhunderts nach Ittersweiler (Itterswiller) verlegt.

Juden in Niederehnheim:

         --- 1689 ........................  16 Juden,

    --- 1716 ........................  30   "  ,

    --- 1751 ........................ 126   "  ,

    --- 1784 .................... ca. 180   "   (in Familien),

    --- 1807......................... 138 Juden,

    --- 1846 ........................ 169   “  ,

    --- 1861 ........................ 146   “  ,

    --- 1865 ........................ 131   “  ,

    --- 1882 ........................  78   "  ,

    --- 1900 ........................  42   “  ,

    --- 1910 ........................  25   “  ,

    --- 1936 ........................   4   “  .

Angaben aus: Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagogues d’Alsace et lieur histoire, S. 36

 

Mit der nach 1870 einsetzenden Abwanderung der jüdischen Familien verkleinerte sich die Gemeinde innerhalb von nur zwei Jahrzehnten deutlich. In der Zeit des Ersten Weltkriegs löste sich diese schließlich ganz auf. Das hier seit ca. 1755 bestehende Synagogengebäude wurde bis zur Auflösung der Gemeinde genutzt und schließlich 1925 verkauft.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden..." wurden nachweislich vier aus Niedernai stammende Juden Opfer der NS-Gewaltherrschaft (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/niedernai_synagogue.htm).

http://judaisme.sdv.fr/histoire/rabbins/netter/pict/netter.jpg Der berühmteste Sohn der jüdischen Gemeinde war Nathan Netter, der 1866 als Sohn eines Viehhändlers in Niedernai geboren wurde. Nach seiner Ausbildung war Netter als Rabbiner in Buchsweiler und anschließend in Saargemünd tätig. Von 1900 bis 1954 (!) amtierte er als Oberrabbiner des Konsistoriums von Lothringen in Metz. Nathan Netter war Autor verschiedener Schriften in deutscher und später in französischer Sprache. Hochbetagt verstarb er im Jahre 1959 in Metz.

 

 

 

Im Dorfe Uttenheim – südöstlich von Niederehnheim – entstand vermutlich gegen Ende des 17. bzw. zu Beginn des 18.Jahrhunderts eine israelitische Gemeinde. Ihren personellen Zenit erreichte sie in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts. Eine Synagoge mit Religionsschule und eine Mikwe gehörten zu den gemeindlichen Einrichtungen. Die Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat Niederehnheim (Niedernai), danach zu dem in Oberehnheim (Obernai).

Juden in Uttenheim:

    --- 1784 ........................  28 jüdische Familien,

    --- 1807 ........................ 119 Juden,

    --- 1846 ........................ 158   “  ,

    --- 1861 ........................ 107   “  ,

    --- 1870 ........................ 178   “  ,

    --- 1900 ........................  13   “  ,

    --- 1910 ........................  13   “  ,

    --- 1936 ........................   5   “  .

Angaben aus: Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagogues d’Alsace et lieur histoire, S. 34

Ab den 1870er Jahren setzte eine rapide Abwanderung der jüdischen Familien ins französische Kernland ein. Um die Jahrhundertwende löste sich die Gemeinde auf; 1936 lebten dann nur noch fünf jüdische Personen in Uttenheim.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden..." wurden drei aus Uttenheim stammende Juden Opfer der NS-Gewaltherrschaft (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/uttenheim_synagogue.htm).

 

 

 

Weitere Informationen:

Jüdischen Stätten Niedernai - Fotografien veröffentlicht von "JÜDISCHE TRIBUNE STRASSBURG", 1934 (online abrufbar unter: judaisme.sdv.fr)

Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagogues d’Alsace et lieur histoire, Jerusalem 1992, S. 34 (Uttenheim) und S. 90 (Niedernai)

Micheline Guttmann, Les Mèdecins de Niedernai, in: judaisme.sdv.fr (Anm.: enthält diverse genealogische Daten)

Niedernai, in: alemannia-judaica.de 

Uttenheim, in: alemannia-judaica.de

Histoire de la Communauté d'Obernai – Broschüre, 2008