Linn (Nordrhein-Westfalen)

 Krefeld Linn ist seit seiner Eingemeindung (1901) ein Stadtteil von Krefeld mit derzeit ca. 7.000 Einwohnern und liegt etwa fünf Kilometer östlich der Krefelder Innenstadt (hist. Karte von Linn, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Ausschnitt aus Karte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei).

 

Die kleine jüdische Gemeinschaft in Linn war eine Filialgemeinde Krefelds und zählte zu keiner Zeit mehr als 40 Personen; eine erste nachweisbare Ansiedlung von Juden reicht bis in die erste Hälfte des 18.Jahrhunderts zurück.

Obwohl die Linner Judenschaft stets recht klein blieb, besaß sie trotzdem einen repräsentativen Synagogenbau, der 1864/1865 in der Rheinbabenstraße errichtet worden war. Ein Großteil der Finanzierung stammte aus einer Schenkung des wohlhabenden nichtjüdischen Fabrikanten und Gutsbesitzers Philipp de Greiff, der in seinem Testament verfügt hatte, „die ganze Summe zum Bau der Synagoge an einer passenden Stelle” in Linn zu verwenden. Da die Krefelder Kultusgemeinde als eigentliche Erbin sich nicht über den testamentarischen Willen des Geldgebers hinwegsetzen konnte, wurde schließlich der für die Linner Judenschaft viel zu große Backsteinbau realisiert. Das Linner Gotteshaus sollte auch den Bockumer Juden als Versammlungsort dienen.

                                   Synagoge in Linn (hist. Aufn., Stadtarchiv Krefeld) 

Das Bestattungsgelände der Linner Juden lag am Kreuzweg und bestand bereits gegen Mitte des 18.Jahrhunderts; hier fanden auch die verstorbene Glaubensgenossen aus Uerdingen, Osterath, Bockum und Hohenbudberg ihre letzte Ruhe.

Juden in Linn:

         --- 1808 ...........................  11 jüdische Familien,

    --- 1824 ...........................  46 Juden,

    --- 1834 ...........................  42   “  ,

    --- 1843 ...........................  32   “  ,

    --- ab 1850 ........................  nie mehr als 30 bis 40 Pers.,

    --- 1900 ...........................  40   “  ,

    --- 1933 ...........................  15 Juden.

Angaben aus: Guido Rotthoff (Bearb.), Krefelder Juden, S. 75

und                  Elfi Pracht-Jörns, Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen, Teil II: Reg.bez. Düsseldorf, S. 162

 

Zu Beginn des NS-Zeit lebten nur noch 15 jüdische Bürger in Linn.

Während der Pogromnacht vom November 1938 fiel die Linner Synagoge NS-Brandstiftern zum Opfer; die Kuppel brannte völlig ab. Da das Gebäude von den Flammen nicht insgesamt vernichtet wurde, legten anschließend Feuerwehrleute die Umfassungsmauern nieder.

 

Das ehemalige Synagogengelände - 1987 zum „Platz an der Alten Synagoge“ umbenannt - ist heute eine Grünanlage. Eine Gedenkplatte vor dem ehemaligen Standort der Synagoge erinnert an das jüdische Gotteshaus; auf ihr ist folgende Inschrift zu lesen:

Hier stand die Synagoge, nach Plänen von A.Heyden 1865 erbaut,

den Linner und den Bockumer Juden von Philipp de Greiff gestiftet.

Sie wurde ein Opfer der nationalsozialistischen Willkür am 9.November 1938

Gedenktafel (Aufn. aus: flachsmarkt.de)

Zu den zahlreichen in Krefeld verlegten sog. "Stolpersteinen" zählen auch die im Stadtteil Linn, so die für die Familie Daniels in der Issumer Straße.

Stolperstein für Artur Daniels (Issumer Straße 7)Stolperstein für Martha Daniels (Issumer Straße 7)Stolperstein für Kurt Daniels (Issumer Straße 7)Stolperstein für Hannelore Daniels (Issumer Straße 7) Aufn. M., 2017, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

Der jüdische Friedhof am Kreuzweg, der von 1751 bis 1936 belegt wurde, weist heute noch ca. 65 Grabsteine auf; der älteste stammt aus dem Jahre 1792.

http://www.rheinruhronline.de/images/friedhoflinn1.jpgGräberreihen (Aufn. aus: rheinruhronline.de)

Die sog. Ehrenhalle der Burg Linn soll künftig ein neues Gesicht erhalten und in „Gedenkstätte Linn der Opfer der Weltkriege" umbenannt werden; an diesem Erinnerungsort soll auch der jüdischen Opfer gedacht werden.

[vgl. Krefeld - Hüls - Uerdingen (Nordrhein-Westfalen)]

 

 

Die wenigen jüdischen Familien aus Fischeln - Fischeln ist heute der südlichste Stadtbezirk von Krefeld - gehörten bis gegen Mitte des 19.Jahrhunderts zur Synagogengemeinde Linn. Ein Betraum in Fischeln (in einem Privathaus) fand erstmals 1848 Erwähnung; allerdings fanden hier Gottesdienste erst Jahre später statt, nachdem durch Zuzug die Zahl des Minjan erreicht worden war. Dieser Betraum wurde bereits vor dem 1.Weltkrieg nicht mehr genutzt. Seit 1858 hatte Fischeln gemeinsam mit Osterath die Filialgemeinde Osterath-Fischeln in Krefeld gebildet. Verstorbene Juden aus Fischeln wurden auf dem jüdischen Friedhof in Linn beerdigt.

 

 

 

Weitere Informationen:

Guido Rotthoff (Bearb.), Krefelder Juden, in: "Krefelder Studien 2", Hrg. Oberstadtdirektor/Stadtarchiv, L. Röhrscheid Verlag, Bonn 1980

Michael Brocke (Hrg.), Feuer an dein Heiligtum gelegt - Zerstörte Synagogen 1938 Nordrhein-Westfalen, Ludwig Steinheim-Institut, Kamp Verlag, Bochum 1999, S. 316/317

Elfi Pracht-Jörns, Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen, Teil II: Regierungsbezirk Düsseldorf, J.P.Bachem Verlag, Köln 2000, S. 162/163

Jüdischer Friedhof am Kreuzweg in Linn, in: kuladig.de

Stolpersteine in Linn, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Krefeld

Christine van Delden (Red.), Ausstellung „Jüdisches Leben in Linn“, in: rp-online.de vom 10.10.2018

Dirk Jochmann (Red.), Ehrenhalle heißt bald nicht mehr Ehrenhalle, in: „Westdeutsche Zeitung“ vom 22.11.201

Stefan Laurin (Red.), Niederrhein. Auf den Spuren jüdischen Lebens, in: „Jüdische Allgemeine“ vom 30.3.2022

Sandra Franz/Villa Merländer e.V. (Red.), Linn, in: Jüdisches Leben am Niederrhein, online abrufbar unter: juedischer-niederrhein.de/niederrhein/krefeld/#krefeld-linn/

Otmar Sprothen (Red.), Buch über jüdisches Leben in Linn, in: rp-online.de vom 2.10.2022

Karl-Heinz Foncken, Juden in Krefeld – Linn, Hrg. Bürgerverein Krefeld Linn e.V., Krefeld 2022