Grünberg (Schlesien)

File:Schlesien Kr Sprottau - Sagan.png Położenie Zielonaj Góry na mapie Polski (Location of Zielona Góra on the map of Poland)Das niederschlesische Grünberg ist das heutige polnische Zielona Góra mit ca. 140.000 Einwohnern; die Großstadt ist neben Landsberg/Warthe (poln. Gorzów Wielkopolski) die zentrale Stadt in der Woiwodschaft Lebus (Ausschnitte aus hist. Karte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Polen' mit Zielona Góra rot markiert, K. 2006, aus: commons.wikimedia.org).

http://www.vogel-soya.de/bilder/Gruenberg/Gruenberg_Stich_2.jpg Grünberg in Schlesien – Stich (Abb. aus: vogel-soya.de)

 

Ein erster schriftlicher Hinweis auf den Aufenthalt von Juden in Grünberg stammt aus den 1660er Jahren; doch kann wohl davon ausgegangen werden, dass bereits vorher jüdische Händler hier Geschäfte getätigt haben - Grünberg war Sitz der Tuchmacherei. So ist bekannt, dass diese „Handelsjuden“ sich ihre vorübergehende Anwesenheit in der Stadt erkaufen mussten und sich nur mit einem roten Zeichen an ihrer Kleidung in der Stadt bewegen durften. Die älteste namentliche Erwähnung eines Juden findet sich im Ratsprotokollbuch von 1694. In den Folgejahrzehnten tauchen dann, meist in Zusammenhang von Prozessen, weitere Hinweise auf die Anwesenheit von Juden in Grünberg auf. Ihre Handelstätigkeit in der Stadt wurde von der Bürgerschaft nicht gern gesehen; deshalb versuchte man sie durch Verbote einzuschränken bzw. ganz zu unterbinden. Trotzdem gestattete der Grünberger Rat die Teilnahme der Juden am Krämerhandel; Bürgerrechte wurden ihnen aber auch weiterhin verwehrt - es sei denn, sie waren zum christlichen Glauben konvertiert. In einem Bericht des Grünberger Bürgermeisters aus dem Jahre 1800 hieß es: „ ... Juden werden hier nicht geduldet. Zwar halten einige Individuen davon sich hier auf; diese gehören jedoch als Schutzjuden nach Glogau. Selbige werden hier nur deshalb geduldet, um die fremden jüdischen Tuch-Einkäufer mit Lebensmittel zu versorgen. Auch halten sich hier mehrere jüdische Wollhändler aus Polen auf; diese können jedoch als Fremde, der Bevölkerung nicht beygerechnet werden. ...

Mit dem im Jahre 1812 in Preußen erlassenen „Edict betreffend die bürgerlichen Verhältnisse der Juden ...“ begann - mit zeitlicher Verzögerung - auch in Grünberg die Gleichstellung der jüdischen Bevölkerung. Zwar wurde bereits im Jahre 1814 ein eigener jüdischer Friedhof an der Breslauer Straße angelegt, doch die Gründung einer Gemeinde war den in Grünberg lebenden jüdischen Familien zunächst verwehrt worden; ebenfalls verboten die Stadtbehörden, eine eigene Schule zu eröffnen. Als der Rat der Stadt seine Zustimmung zum Bau eines jüdischen Bethauses auch weiterhin verweigerte, richtete die Grünberger Judenschaft 1816 einen provisorischen Betraum im Obergeschoss eines Hauses in der Fleischerstraße ein. Nach über 30 Jahren wechselte man in eine größere Räumlichkeit der Niederstraße.

Erst 1882/1883 ließ die jüdische Gemeinde Grünbergs an der Reitbahn, dem späteren Glasserplatz, einen Synagogenbau errichten; das Gebäude - aus Rohziegeln gefertigt - bestand aus einem Zentralbau und einer Apsis.

In der Baubeschreibung hieß es: „ ... Der dem Gottesdienst bestimmte Raum von 13,8 Meter Breite und 12,8 Meter Tiefe besitzt 350 Sitzplätze. Die Höhe des Innenraumes beträgt 10 Meter, die ganze äußere Höhe des Gebäudes bis zu dem Sterne auf der Bekrönung des Oberlichtes 16,6 Meter. Zwei mächtige Kronleuchter und eine erhebliche Zahl Wandarme erhellen mit Gaslicht den Tempelraum bei den Abend-Gottesdiensten. Die innere und äußere Ausschmückung dieses Gebäudes macht dasselbe zu einem der schönsten unserer Stadt.” Bei der Einweihung der ca. 350 Menschen fassenden Synagoge (April 1883) waren auch Vertreter der christlichen Kirchen und kommunale Beamte anwesend.

Synagoge, um 1900 - Postkartenausschnitt (aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

Die jüdische Gemeinde zu Grünberg umfasste das Gebiet des Landkreises Grünberg und einen Teil des Landkreises Freystadt (Kożuchów).

Grünberg (Schlesien):

         --- um 1815 .................... ca.  12 jüdische Familien,

    --- 1835 ...........................  44   “         “   (ca. 180 Pers.),

    --- 1840 ....................... ca. 250 Juden,

    --- 1880 ........................... 264   “  ,

    --- 1890 ........................... 192   "  ,

    --- 1899 ........................... 153   “  ,

    --- um 1905 .................... ca. 125   “  (in 39 Familien),

    --- um 1920 ........................  21 jüdische Familien,

    --- 1925 ...........................  69 Juden,

    --- 1933 ...........................  68   "  ,

    --- 1935 ...........................  26   "  ,

    --- 1939 ...........................  19   "  ,

    --- 1965 ....................... ca.  80   “  .

Angaben aus: Bernhard Claudé, Zur Geschichte der Juden in Grünberg in Schlesien (Manuskript), Frankfurt/M. 2000

 

Als in den 1820er Jahren der Export von Tuchen stark rückläufig war und die damit verbundene Überproduktion zu einem Preisverfall führte, wurden zahlreiche Tuchmacher von ihren jüdischen Händlern abhängig; Folge davon war eine zunehmende antijüdische Stimmung in der Stadt; außerdem erweckten einige vermögende jüdische Fabrikanten und Kaufleute Missgunst und Neid bei der Bevölkerung. Die Stadtverordneten beugten sich dem zunehmenden Druck der Straße und beauftragten den Magistrat, den weiteren Zuzug von Juden in die Stadt zu begrenzen oder ganz zu verhindern; doch der Magistrat lehnte dieses Ansinnen ab. Die jüdische Gemeinde hatte eine „nothwendige Erklärung der jüdischen Gemeinde zu Grünberg an ihre christlichen Mitbürger” abgegeben, in der sie eine „jüdische Überfremdung“ zurückwies; danach entspannte sich merklich die Situation. Innerhalb der Grünberger Judenschaft bestanden in den 1820/1830er Jahren große soziale Unterschiede, die im Laufe der Jahrzehnten sich abmilderten. Eine Aufstellung von 1835 gibt folgende Erwerbszweige der Grünberger Juden an: „10 Großhändler und Fabrikanten, 8 Woll-Lieferanten, 13 Kleinhändler, ein Arzt und ein Lehrer, 2 Fuhrunternehmer, 3 Makler, 2 Schankwirtschaften/Likörfabrikation, eine Metzgerei.“ Etwa vier Jahrzehnte später bestand die jüdische Gemeinde aus relativ vielen wohlhabenden Familien; ein Teil von ihnen besetzte auch öffentliche Ämter in der Stadt, was deutlich macht, dass ihre Integration nun bereits Fortschritte gemacht hatte.

Ab den 1890er Jahren ging die Zahl der in Grünberg lebenden jüdischen Familien dann deutlich zurück; viele wanderten in größere Städte mit besseren Wirtschaftsperspektiven aus, besonders nach Berlin; einige traten aber auch zum christlichen Glauben über. Mitte der 1920er Jahre konnte die kleine jüdische Gemeinde ihr Gemeindeleben aber nicht mehr aufrechterhalten. Die jüdische Schule wurde geschlossen.

            Ak Zielona Góra Grünberg Schlesien, Totalansicht 0Ansicht von Grünberg, Postkarte um 1910

http://www.vogel-soya.de/bilder/Gruenberg/Gruenberg_Niedertorstrasse_2.jpghttp://www.vogel-soya.de/bilder/Gruenberg/Gruenberg_Poststrasse_2.jpg

Niedertorstraße und Poststraße - hist. Postkarten (aus: vogel.soya.de)

Nach Ende des Ersten Weltkrieges wurde auch in Grünberg die latent antisemitische Stimmung stärker, die vor allem vom „Grünberger Tageblatt” verbreitet wurde. Mit der NS-Machtübernahme verstärkte sich - wie überall in Deutschland - diese Haltung; Abwanderung weiterer jüdischer Familien führte dazu, dass es 1935 nur noch wenige Juden in Grünberg gab.

Während der Novembertage 1938 ging die Synagoge in Flammen auf; danach wurde die Ruine abgetragen. Gleichzeitig demolierte und plünderte der Mob jüdische Geschäfte; einige Männer kamen vorübergehend „in Schutzhaft“.

Einen Monat später ging das Synagogengrundstück in kommunale Hände über. Auch die noch existierenden jüdischen Geschäfte wurden alsbald in „arisches“ Eigentum überführt. In den Kriegsjahren wurden die wenigen noch in Grünberg verbliebenen jüdischen Bewohner deportiert; zuvor war es einigen Familien noch gelungen zu emigrieren.

Seit dem Jahre 1942 bestand in Grünberg ein Lager für jüdische Zwangsarbeiterinnen, die in einer Textilfabrik (Deutsche Wollwaren Manufaktur) Uniformen herstellen mussten. Im Frühjahr 1944 übernahm das KZ Groß-Rosen die Lagerverwaltung, was die Lebensbedingungen der Inhaftierten noch verschlechterte. Nach Ankunft von etwa 700 ungarischen und tschechischen Jüdinnen aus Pürschkau/bei Schliersee verdoppelte sich Ende Januar 1945 die Anzahl der Häftlinge. Wenige Tage später wurde der größte Teil der Jüdinnen erneut auf Evakuierungsmarsch geschickt; nur Marschunfähige blieben in Grünberg zurück.

 

Nach Ende des Weltkrieges erreichten etwa 100 Personen jüdischen Glaubens Zielona Góra. Als Folge judenfeindlicher Aktivitäten gegen Ende der 1960er Jahre verließ der Großteil der jüdischen Minderheit die Stadt. Heute wohnen nur noch einzelne Juden hier.

Seit 2006 gibt es in Zielona Gorá die Stiftung „Lubuska Fundacja Judaica“, die sich der Bewahrung der jüdischen Geschichte der Stadt und der Umgebung angenommen hat und noch vorhandene Spuren jüdischen Lebens bewahren will. Reste des jüdischen Friedhofs haben die Zeiten überdauert, so u.a. die Trauerhalle. 

Teren dawnego cmentarza żydowskiego 

verfallener jüdischer Friedhof (Aufn. aus: M., 2006, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0 und silesianheritage.wordpress.com)

Ehem. Trauerhalle (Aufn. M., 2006, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

An der Stelle, an der bis 1938 das Synagogengebäude von Grünberg stand, wurde die neue Philharmonie von Zielona Góra errichtet. Zum 70.Jahrestag der Reichspogromnacht wurde hier ein großer Granitblock mit Gedenktafel aufgestellt, der an die Zerstörung des Gotteshauses erinnern soll, die Beschriftung lautet in deutscher Übersetzung: "An diesem Platz stand die Synagoge, die von den Nazis zerstört wurde - 9./10.XI 1938".

                        Zielona Góra – Gmina Żydowska – Zielona Góra i okoliceGedenkstein (Aufn. aus: zielonogorskie.com)

 

 

 

Im südöstlich von Grünberg gelegenen Neusalz (poln. Nowa Sol, derzeit ca. 39.000 Einw.) lebten 1925 ca. 70 Juden, die zwar keine Gemeinde bildeten, doch in einem „Synagogenverein“ zusammengeschlossen waren. In Neusalz gab es seit 1870 einen jüdischen Friedhof und einen Betraum im Hause einer Familie. In den ersten Jahren der NS-Zeit verließen fast alle jüdischen Bewohner die Stadt; der Betraum schloss 1935 seine Pforten. 1937 lebten nur noch ca. zehn Juden in Neusalz; über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt.

Anm.: Während des Krieges bestand in Neusalz ein Arbeitslager für Juden, das dann als Außenlager dem KZ Groß-Rosen unterstellt wurde.

 

 

Erwin Spindler Ansichtskarte Züllichau 1.jpg Postkarte von Züllichau um 1900 ( aus: commons.wikimedia.org, gemeinfrei)

Knapp 20 Kilometer nördlich Grünbergs gab es in dem zur brandenburgischen Neumark zählenden Ort Züllichau (poln. Sulechów, Woiwodschaft Lebus, derzeit ca. 17.000 Einw.) eine israelitische Gemeinde, die um 1860/1870 mit ca. 170 Angehörigen ihre Blüte erlebte; zwei Jahrzehnte später waren es kaum noch 100 Personen. Neben einem Friedhof (etwa zwei Kilometer westlich der Stadtmitte) besaß die Gemeinde auch eine Synagoge in der Tuchmacherstraße. Über das weitere Schicksal der um 1933 in der Kleinstadt lebenden ca. 40 Juden ist kaum etwas bekannt. Der jüdische Friedhof wurde in der Nachkriegszeit vollkommen zerstört, da man das Areal für eine Wohnhausbebauung benötigte. Das Synagogengebäude war in den 1950er Jahren abgerissen worden.

Anm.: Bei Züllichau war während des Zweiten Weltkrieges ein Zwangsarbeiterlager für Juden eingerichtet.

 

 

 

Im ca. 25 Kilometer nördlich von Grünberg gelegenen Schwiebus (poln. Swiebodzin, derzeit ca. 22.000 Einw., Ausschnitt aus hist. Karte, aus: europe1900.eu) sollen bei den Verfolgungen von 1349 Juden ums Leben gekommen sein. Weitere Hinweise auf deren Anwesenheit reichen zurück bis in die zweite Hälfte des 16.Jahrhunderts, wonach jüdische Händler hier im Wolle- und Wollproduktenhandel tätig waren. Ab Mitte des 19.Jahrhunderts existierte in Schwiebus eine kleine jüdische Gemeinde, die kaum 100 Angehörige umfasste. In den 1890er Jahren legte man einen Friedhof an; die Errichtung einer neuen Synagoge erfolgte Anfang der 1920er Jahre.

                                               Skizze der Fassade der Synagoge (M. Szylko)

Nach dem Ersten Weltkrieg verdoppelte sich der jüdische Bevölkerungsanteil nahezu und machte mit ca. 130 Personen ca. 1% der Stadtbevölkerung aus.

undefinedMarkt mir Rathaus, um 1900 (Abb. aus: wikipedia.org, CCO)

Den Beginn der NS-Herrschaft erlebten in Schwiebus ca. 90 Juden, von denen aber die meisten bald emigrierten. Bereits vor dem Novemberpogrom war die Synagoge verkauft worden. Anfang 1939 hielten sich in Schwiebus weniger als 15 Juden auf. - Vom jüdischen Friedhof, dessen Anlage im 19.Jahrhundert erfolgt war, sind kaum sichtbare Spuren vorhanden. Das ehemalige Synagogengebäude fiel in den 1950er Jahren einem Brand zum Opfer; die Ruine wurde alsbald abgerissen.

 

 

 

In Bomst (poln. Babimost, derzeit ca. 4.000 Einw.) - ca. 35 Kilometer nordöstlich von Grünberg - ließen sich erstmals Juden vermutlich schon im 17.Jahrhundert nieder. Im 18.Jahrhundert ist der Bau einer zweiten Synagoge datiert. Ein eigener Friedhof wurde im ausgehenden 18.Jahrhundert angelegt. In den 1840er Jahren erreichte der jüdische Bevölkerungsanteil mit ca. 440 Personen immerhin 20% der Einwohnerschaft; danach nahm die Zahl der jüdischen Familien stetig ab. Um 1870 lebten unter der katholisch-polnischen und evangelisch-deutschen Bevölkerung der Kleinstadt noch ca. 160 jüdische Bewohner; um die Jahrhundertwende waren es nur ca. 40 Personen. Nach dem Ersten Weltkrieg löste sich die jüdische Gemeinde praktisch auf; im Jahre 1925 wohnten in Babimost nur noch zwölf Personen mosaischen Glaubens.

                                    Synagoge in Bomst (hist. Aufn.)

Da das Synagogengebäude Anfang der 1930er Jahre in private Hände gegangen war, blieb es während der „Reichskristallnacht“ unzerstört. Nach einer Sanierung in den 1960er Jahren diente das Gebäude jahrelang als eine Art Kulturzentrum, ehe es dann gewerblichen Zwecken zugeführt wurde. 2009 wurde auf der ehemaligen Begräbnisstätte der Juden ein Denkmal errichtet. 

vgl. Bomst (Posen)

 

 

In Crossen/Oder (auch Krossen, poln. Krosno Odrzanskie, derzeit ca. 11.500 Einw.), etwa 30 Kilometer nordwestlich von Grünberg, gab es eine jüdische Gemeinde, die gegen Mitte der 1920er Jahre ca. 120 Angehörige besaß. Ihre 1851 errichtete Synagoge stand in der damaligen Brauhausgasse; sie fiel im November 1938 komplett der Zerstörung zum Opfer. Unmittelbar vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges lebten noch ca. 20 Bewohner mosaischen Glaubens in Crossen.

                      Synagoge in Crossen (hist. Aufn., um 1910)

 

 

In Unruhstadt (poln. Kargowa, derzeit ca. 3.800 Einw.) – im schlesisch-polnischen Grenzgebiet östlich von Grünberg gelegen – können jüdische Bewohner seit den 1790er Jahren nachgewiesen werden, als der Ort im Zuge der 2.Polnischen Teilung an Preußen kam; damals stellte der jüdische Bevölkerungsteil immerhin ca. 25% der Einwohnerschaft.

Anm.: Die Gründung der Ortschaft ging zurück auf den Adligen Christoph von Unruh, der diese Siedlung für protestantische Flüchtlinge aus Schlesien in den 1660er Jahren hatte errichten lassen; vermutlich lebten in einem Teil der Siedlung auch jüdische Familien.

Die 1841 durch einen größeren Stadtbrand zerstörte Synagoge konnte alsbald wieder aufgebaut werden; Spenden aus Nachbargemeinden hatten dies ermöglicht.                                     

Etwa zwei Kilometer östlich der Stadt – an der Straße nach Wollstein – befand sich auf hügeligem Gelände der Friedhof.

Juden in Unruhstadt:

         --- 1793 ....................... 323 Juden,

    --- 1840 ....................... 392   “  ,

    --- 1848 ....................... 207   “  ,

--- 1857 ....................... 190   “  ,

--- 1871 ....................... 133   “  ,

--- 1887 ....................... 100   “  ,

--- 1901 .......................  69   “  ,

--- 1911 .......................  49   “  ,

--- 1933 .......................  36   “  .

                 Angaben aus: Heppner, A./Herzberg, J., Aus Vergangenheit und Gegenwart der Juden und der jüdischen Gemeinden in den Posener Landen, Bromberg 1909, S. 992

Zu Beginn des 19.Jahrhunderts lag der Tuchhandel in Unruhstadt vor allem in jüdischer Hand; als die Exporte nach Russland durch Einfuhrzölle erschwert wurden, wanderten ab den 1820/1830er Jahren jüdische Händler nach Kongresspolen (vor allem in die Gegend von Lodz) ab und trugen hier zum Wachstum der sich bildenden Textilindustrie bei. Die Abwanderung in größere Städten im Westen Deutschlands machte sich ab den 1850er Jahren deutlich bemerkbar. Diese stetige abfallende Tendenz dauerte bis in die 1930er Jahre, bis schließlich die Gemeinde aufgelöst wurde. Anfang des 20.Jahrhunderts zählte die Gemeinde lediglich nur noch knapp 70 Personen; dabei handelte sich um eine wohlhabende Gruppe mit erheblichen Vermögen und Immobilienbesitz. Der reichste jüdische Unternehmer war Carl Lichtenstein, der 1914 in der Stadt eine Schokoladenfabrik eingerichtet hatte und dort 400 Arbeiter beschäftigte. Mit Beginn der NS-Zeit wurden die noch hier lebenden jüdischen Einwohner zum Verkauf ihrer Unternehmen gezwungen und zum Verlassen der Stadt genötigt; dazu zählte auch Carl Lichtenstein, der 1938 seine Fabrik weit unter Wert veräußern musste; Nutznießer war ein ortsbekannter fanatischer Nationalsozialist.

Bereits 1936 war die Synagoge an einen Tischler verkauft worden, der das Gebäude als Holzlager nutzte. Jahrzehnte nach dem Krieg wurde das ehemalige Synagogengebäude nach umfangreichen Umbauten, die das Äußere des Baues völlig veränderten, zu einem Wohnhaus umgestaltet.

Der jüdische Friedhof wurde bei Kampfhandlungen gegen Kriegsende weitestgehend zerstört. Nur wenige Grabsteinrelikte deuten heute noch auf dessen Existenz.

vgl. Unruhstadt (Schlesien)

 

 

 

Weitere Informationen:

Statut für die Synagogengemeinde in Grünberg i. Schl., Grünberg 1880

A. Heppner/J. Herzberg, Aus Vergangenheit und Gegenwart der Juden und der jüdischen Gemeinden in den Posener Landen, Bromberg 1909, S. 314/315 (Bomst)

Hugo Schmidt, Geschichte der Stadt Grünberg/Schlesien, Verlag Levysohn, Grünberg 1922

Irene Diekmann (Bearb.), Boykott – Entrechtung – Pogrom – Deportation. Die Arisierung jüdischen Eigentums während der NS-Diktatur. Untersucht und dargestellt an Beispielen aus der Provinz Mark Brandenburg, in: Dietrich Eichholtz (Hrg.), Verfolgung, Alltag, Widerstand. Brandenburg in der NS-Zeit: Studien und Dokumente, Berlin 1993, S. 207 – 229

Zbigniew Bujkiewicz/Tadeusz Dzwonkowski, Gmina żydowska w Zielonej Górze, „Studia zielonogórskie”, No. 2, Zielona Góra 1996, S. 47 - 55

Bernhard Claudé, Zur Geschichte der Juden in Grünberg in Schlesien, Manuskript, Frankfurt/M., 2000

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 2), New York University Press, Washington Square, New York 2001, Vol.1, S. 282 (Crossen), Vol.2, S. 884 und S. 1154 und Vol. 3, S. 1519

Bernhard Claudé, Zur Geschichte der Juden in Grünberg, in: Ziemie Zachodnie. Polska-Niemcy ..., Zielona Góra 2001, S. 55 - 73

Beata Halicka, Krosno Odrzanskie. Wspólne dziedzictwo kultury - Crossen an der Oder. Das gemeinsame Kulturerbe 1005 - 2005, Skórzyn 2005

Dietrich Schröder, Erste Sabbat-Feier nach 75 Jahren, in: "Märkische Oderzeitung" vom 6.2.2007

Dietrich Schröder (Bearb.), Der Stein des Anstoßes, in: „Transodra online“ vom 9.11.2008

Andrzej Kiemiel, Die ehemalige jüdische Gemeinde in Grünberg (Zielona Góra), in Vorbereitung (?)

Zielona Góra, in: sztetl.org.pl

K. Bielawski (Red.), Zielona Góra - Grünberg in Schlesien, in: kirkuty.xip.pl

Martin Jeske, Zur Verfolgung und Verdrängung von Juden aus Ostbrandenburg in den 1930er Jahren am Beispiel der Familie Wollinski (Aufsatz), Universität Potsdam 2012 (betr. Züllichau)

Martin Jeske/Anke Geißler-Grünberg (Bearb.), Geschichte der Jüdischen Gemeinde in Züllichau und des Friedhofs (Sulechów), in: Universität Potsdam – Institut für jüdische Studien und Religionswissenschaft (Hrg.), Jüdische Friedhöfe in Polen auf den Gebieten der ehemaligen Provinz Brandenburg, online abrufbar unter: uni-potsdam.de/ (2021)

Sophie Kamrad (Bearb.), Geschichte der Jüdischen Gemeinde in Unruhstadt (Kargowa) und des Friedhofs, in: Universität Potsdam – Institut für jüdische Studien und Religionswissenschaft (Hrg.), Jüdische Friedhöfe in Polen auf den Gebieten der ehemaligen Provinz Brandenburg, online abrufbar unter: uni-potsdam.de/ (2021)