Groß-Rohrheim (Hessen)

Datei:Rheinhessen 1905.png – WikipediaDatei:Municipalities in HP.svg  Die Ortschaft Groß-Rohrheim mit ihren derzeit ca. 3.700 Einwohnern liegt im äußersten Nordwesten des südhessischen Kreises Bergstraße - wenige Kilometer westlich von Bensheim/nördlich von Biblis bzw. ca. 15 Kilometer von Worms rheinabwärts (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905 ohne Eintrag von Groß-Rohrheim, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Kreis Bergstraße', Hagar 2009, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Vermutlich hielten sich seit Mitte des 17.Jahrhunderts jüdische Familien im südhessischen Flecken Groß-Rohrheim auf, der mit der Verleihung des Marktrechts durch den Landgrafen Georg II. von Hessen (1659) eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung erlangt hatte und für jüdische Handelsleute ein neues Betätigungsfeld schuf. Die Ersterwähnung eines Juden in Groß-Rohrheim findet sich allerdings schon in einer Urkunde des Jahres 1568. Der Betraum der kleinen Gemeinde befand sich in einem alten Fachwerkhaus; genutzt wurde diese Räumlichkeit bis in die 1920er Jahre. Zu den gemeindlichen Einrichtungen zählten im 19.Jahrhundert eine kleine jüdische Elementarschule und eine Mikwe; beide waren auch im Gebäude des Betraumes untergebracht.

Ein seitens der Gemeinde angestellter Lehrer sorgte für die Erledigung religiös-ritueller Aufgaben.

Stellenanzeigen der Kultusgemeinde aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4.3.1868 und 20.7.1891

Verstorbene Gemeindeangehörige fanden auf dem jüdischen Sammelfriedhof in Alsbach ihre letzte Ruhe. 

Die Gemeinde Groß-Rohrheim unterstand dem orthodoxen Rabbinat Darmstadt II.

Juden in Groß-Rohrheim:

       --- um 1770 ........................  3 jüdische Familien,

    --- 1828 ........................... 40 Juden (ca. 3% d. Bevölk.),

    --- 1837 ........................... 52   “  ,

    --- 1861 ........................... 78   “   (ca. 5% d. Bevölk.),

    --- 1871 ........................... 55   "  ,

    --- 1885 ........................... 72   “  ,

    --- 1900 ........................... 30   “  ,*   *andere Angabe: 49 Pers.

    --- 1910 ........................... 22   "  ,

    --- 1933 ...........................  3 jüdische Familien,

    --- 1939 ...........................  keine.

Angaben aus: Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Bd. 1, S. 292

und                 Ludwig Herbold/Friedrich Richtberg, Die Juden in Groß-Rohrheim, S. 107 - 111

 

Ihren Lebensunterhalt bestritten die Juden Groß-Rohrheims als Händler mit Vieh und landwirtschaftlichen Produkten (Getreide, Häute, Futtermittel). Zu den einflussreichsten jüdischen Familien in Groß-Rohrheim gehörte die Familie Hochschild. Eines ihrer Mitglieder wanderte um 1870 in die USA aus und brachte es in seiner neuen Wahlheimat zu Reichtum; seiner alten Heimatgemeinde stiftete er einen ansehnlichen Betrag, der bis 1933 jährlich an Bedürftige des Ortes ausgezahlt wurde.

Zu Beginn der 1930er Jahre lebten nur noch sehr wenige Familien in Groß-Rohrheim; diese verließen bis Kriegsbeginn den Ort.

Das Bethaus war Anfang der 1930er Jahre verkauft worden; durch Kriegseinwirkung wurde es zerstört

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vaschem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." wurden zwölf aus Groß-Rohrheim stammende jüdische Bewohner Opfer der NS-Gewaltherrschaft (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/gross-rohrheim_synagoge.htm).

 

 

 

Weitere Informationen:

Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Societäts-Verlag, Frankfurt/M. 1971, Bd. 1, S. 292 - 294

Ludwig Herbold/Friedrich Richtberg, Die Juden in Groß-Rohrheim, in: "Heimatbuch Groß-Rohrheim anläßlich der 1200-Jahr-Feier (1982)", S. 105 - 155

Studienkreis Deutscher Widerstand (Hrg.), Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933 - 1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt, 1995, S. 17

Groß-Rohrheim (Kreis Bergstraße), in: alemannia-judaica.de