Ehrstädt (Baden-Württemberg)

Bildergebnis für Eppingen Kraichgau karteDatei:Sinsheim in HD.svg Das Dorf Ehrstädt - derzeit ca. 650 Einwohner zählend - ist seit seiner Eingemeindung (1971) ein Ortsteil von Sinsheim – im Süden des Rhein-Neckar-Kreises zwischen Heidelberg und Heilbronn gelegen (topografische Karte 'Kraichgau', K. Jähne 2007, aus: wikipedia.org, gemeinfrei  und  Kartenskizze 'Rhein-Neckar-Kreis', Hagar 2010, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Die Wurzeln einer jüdischen Gemeinde in Ehrstädt reichen bis in die Zeit des 16./17. Jahrhunderts zurück; in Urkunden um 1550 wurden erstmals namentlich jüdische Bewohner Ehrstädts erwähnt. Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges zogen weitere Familien hinzu; doch insgesamt blieb die Zahl der jüdischen Bewohner gering.

Ende der 1780er Jahre wurde eine „Judenschule“ (=Synagoge) in einem Gebäude der Herren von Degenfeld eingerichtet; die jüdische Gemeinschaft musste für die Nutzung einen jährlichen Mietzins von zwölf Gulden zahlen. Als der Betsaal baufällig wurde, begann die damals aus 13 Familien bestehende Gemeinde einen Neubau zu planen; es dauerte fast zehn Jahre, bis ausreichend finanzielle Mittel - durch Spenden und Kollekten in anderen badischen Gemeinden gesammelt - zur Verfügung standen. Im Herbst 1836 wurde das Synagogengebäude in der Eichwaldstraße eingeweiht; in diesem befand sich auch eine Mikwe, die aus einer gegenüber der Synagoge entspringenden Quelle gespeist wurde. Mit der Tilgung des aufgenommenen Kredites für den Bau der Synagoge hatte die Gemeinde schwer zu tragen.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2044/Ehrstaedt%20Synagoge%20355.jpgDatei:Ehrstaedt-hochzeitsstein.jpg – Wikipedia

Chuppastein* an der Synagoge (Aufn. J. Hahn und P. Schmelzle, 2011, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

                                                                                                                                        * Der Hochzeitsstein trägt die hebräischen Buchstaben "M T" für "Masal Tov"  ("Gut Glück")

Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 8.2.1843

Zur Erledigung religiöser Aufgaben hatte die kleine Gemeinde einen Lehrer angestellt. Verstorbene Gemeindeangehörige wurden auf dem jüdischen Friedhof in Waibstadt beerdigt.

Um 1850 erreichte die Zahl der Gemeindeangehörigen mit ca. 70 Personen ihren Höchststand. Nach 1850/1860 reduzierte sich die ohnehin geringe Zahl der jüdischen Ortsbewohner durch Auswanderung noch mehr. 1900 wurden nur noch fünf jüdische Einwohner gezählt. Im „Frankfurter Israelitischen Familienblatt vom 3.5.1912 wurde in einer zweizeiligen Nachricht vermeldet:“ Die einst blühende, Jahrhunderte alte jüdische Gemeinde Ehrstädt zählt heute nur noch vier jüdische Seelen: die Synagoge soll daher verkauft werden.“ Alsbald gab es dann in Ehrstädt keine Bewohner mosaischen Glaubens mehr.

Nach Auflösung der Gemeinde wurde das Synagogengebäude verkauft, das danach jahrzehntelang als Viehstall und Scheune diente; zuletzt war es ungenutzt. Nur eine Inschrift über dem Eingang (aus Psalm 118,20) und ein Chuppastein (Hochzeitsstein) erinnerten an die Vergangenheit des Gebäudes.

Eine umfangreiche Restaurierung des ehemaligen Synagogengebäudes wurde 2005 abgeschlossen; das Haus dient seitdem als örtliche Begegnungs- und Vereinsstätte.

  

        Ehem. Synagogengebäude vor und nach der Restaurierung (Aufn. J. Hahn, 2003 und P. Schmelzle, 2015)

 Ehstaedt-synagoge2015a.JPGSynagogengebäude (Aufn. P.Schmelzle, 2015, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0) 

 

[vgl. Sinsheim (Baden-Württemberg)]

 

 

 

Weitere Informationen:

Leopold Löwenstein, Geschichte der Juden in der Kurpfalz, o.O. 1985, S. 38 - 44

Friedrich Hub, Ehrstädt und Schloß Neuhaus. Geschichte eines Kraichgaudorfes, Ehrstädt/Neckarbischofsheim 1967, S. 496/497

F.Hundsnurscher/G.Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden. Denkmale, Geschichte, Schicksale, Hrg. Archivdirektion Stuttgart, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1968, S. 114

Friedrich Hub, Ortschronik Ehrstädt, o.O. o.J.

Ehrstädt, in: alemannia-judaica.de (mit diversem Bildmaterial zum restaurierten ehem. Synagogengebäude)

Joachim Hahn/Jürgen Krüger, “Hier ist nichts anderes als Gottes Haus ...” Synagogen in Baden-Württemberg, Teilband 2: Orte und Einrichtungen, Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart 2007, S. 442 - 444

Claudia Baer-Schneider (Bearb.), Was kann man mit einer ehemaligen Synagoge anfangen? - Drei Beispiele im Rhein-Neckar-Kreis: Die ehemaligen Synagogen in Ehrstädt, Rohrbach und Steinsfurt, in: "Denkmalpflege in Baden-Württemberg. Nachrichtenblatt der Landesdenkmalpflege", Heft 2/2009, S. 100 ff.