Zabern (Elsass)

Kreis Zabern.png Die unterelsässische Stadt Zabern mit derzeit ca. 11.000 Einwohnern ist das frz. Saverne - ca. 30 Kilometer nordwestlich von Straßburg gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei).

 

In der ersten Hälfte des 14.Jahrhunderts werden erstmals jüdische Bewohner in Zabern urkundlich erwähnt; 1338 und 1349 waren diese von Verfolgungen betroffen. Danach durften sich Juden nicht mehr in dem zum Bistum Straßburg gehörenden Zabern niederlassen; dieses Verbot galt fast 300 Jahre.

Zabern (Elsaß).jpg

Ansicht von Zabern – Stich von ca. 1665 (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

Erst zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges wurde auf Grund eines Edikts des Straßburger Bischofs wieder die Ansiedlung von jüdischen Familien in der Stadt zugelassen; es bildete sich eine kleine Gemeinde, die sich im Laufe des 19.Jahrhunderts deutlich vergrößetrte.

1779 richtete die Zaberner Gemeinde in einem Privathaus einen Betsaal ein; Mitte der 1830er Jahre ließ man einen Synagogenbau errichten, der 1850 durch einen Brand zerstört, aber bald wieder aufgebaut wurde. 50 Jahre später weihte die jüdische Gemeinde - unter großer öffentlicher Beteiligung - nach zweijähriger Bauzeit eine neue Synagoge ein, weil das bis dahin genutzte Gotteshaus wegen Baufälligkeit geschlossen werden musste.

     Bericht in der „Allgemeinen Zeitung des Judentums“ vom 19. März 1900:

Zabern, 15. März. Einweihung der neuen Synagoge. Nach langem Hoffen und Herren sind nun auch die Israeliten Zaberns zu einem neuen Gotteshaus gelangt. An der Lützelburgerstraße erhebt sich der stolze Bau, der mit seiner weithin schauenden Kuppel und im sauberen Schmuck seines weißen Vogesensandsteingewandes einen gar freundlichen Eindruck macht. Der Einweihungstag am vorletzten Freitag war ein Festtag für die israelitische Gemeinde, dem auch alle diejenigen Andersgläubigen teilnahmsvoll gegenüberstanden, die an einem friedlichen Nebeneinanderwohnen der einzelnen Konfessionen keinen Anstoß nehmen. ... Die neue Synagoge wurde zum großen Teil aus eigenen Mitteln der israelitischen Gemeinde gebaut. Der Staat spendete einen Beitrag von 16.000 Mark, die Stadt einen solchen von 5.000 Mark. ... Schließlich ist noch des Kommunalbaumeisters Herrn Hannig zu gedenken, der die Pläne zum Haus entworfen, und dem die israelitische Gemeinde nicht nur ihr schmuckes Gotteshaus, sondern die Stadt Zabern auch ein neues, stilvolles öffentliches Gebäude verdankt.

https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20408/Saverne%20Synagogue%20201601sc.jpgSynagogeneinweihung u. hist. Postkarte (um 1900)

Über dem Eingangsportal war eine Inschrift mit folgendem Wortlaut angebracht: „Also spricht der Ewige: Der Himmel ist mein Thron und die Erde der Schemel meiner Füße. (Jesaja 66,1)

Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt.

Zabern war zeitweise auch Sitz eines Rabbinates; unter den hier amtierenden Rabbinern sind vor allem Rabbiner Dreyfuß (1856-1895) und Rabbiner Dr. Max Staripolski (1896-1923) zu nennen.

  Der in Zabern 1806 geborene Salomon Ullmann avancierte 1853 zum führenden Oberrabbiner Frankreichs; in den Jahren zuvor war er Rabbiner in Nancy gewesen. Auf seine Initiative gründete sich die Rabbinerkonferenz in Paris, die eine einheitliche Handhabung religiöser Praktiken anstrebte. Ullmann verstarb 1865.

Seit der ersten Hälfte des 17.Jahrhunderts gab es in Zabern einen jüdischen Begräbnisplatz, der auch von umliegenden Gemeinden genutzt wurde; auf diesem Friedhof finden noch heute Beerdigungen statt.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Alsace%203/Saverne%20Cimetiere%20111.jpg http://www.alemannia-judaica.de/images/Alsace%203/Saverne%20Cimetiere%20101.jpg

  Eingangstor zum jüdischen Friedhof und Teilansicht des Begräbnisgeländes (Aufn. J. Hahn, 2006)

Juden in Zabern:

         --- 1689 ...........................   6 jüdische Familien,

    --- 1784 ...........................  21     “       “    (ca. 100 Pers.),

    --- 1807 ........................... 252 Juden,

    --- 1846 ........................... 246   “  ,

    --- 1866 ........................... 232   “  ,

             --- 1895 ........................... 327   “  ,

    --- 1900 ........................... 310   “  ,

    --- 1936 ........................... 244   “  ,

    --- 1953 ........................... 175   “  ,

    --- 1966 ........................... 133   “  ,

    --- 1995 ...........................  35   “  .

Angaben aus: Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagogues d’Alsace et lieur histoire, S. 33

 

Im Zuge der revolutionären Unruhen im Frühjahr 1848 kam es auch in Zabern und Umgebung zu Zerstörungen und Plünderungen jüdischen Eigentums. Täter waren Bauern und Landarbeiter aus dem Umland, denen sich Einheimische angeschlossen hatten.

Um die Jahrhundertwende erreichte die Zahl der in Zabern ansässigen Juden ihren Höchststand.

Anzeigen jüdischer Geschäftsleute Zaberns (1897/1930):

        

Während der deutschen Besatzungszeit wurden die noch in der Stadt verbliebenen jüdischen Bewohner nach Südfrankreich deportiert; mehr als 30 von ihnen sollen in den NS-Vernichtungslagern im besetzten Osteuropa ums Leben gekommen sein.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem wurden 45 gebürtige bzw. länger am Ort lebende jüdische Bewohner/innen Opfer der Shoa (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/saverne_synagogue.htm).

 

Nach 1945 gründeten überlebende Juden in Saverne eine neue Gemeinde, die zu Beginn der 1950er Jahre fast 200 Mitglieder umfasste.

1950 wurde auch das Synagogengebäude, das zwischenzeitlich anderen Zwecken gedient hatte, wieder in Nutzung genommen.

Datei:Synagogue de Saverne (Bas-Rhin).JPG

Synagoge in Saverne (Aufn. J. Hahn, 2004  und  Olivier Lévy, 2007, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)        


Synagogeninnenraum und Thorarollen der Synagoge Saverne (beide Aufn. J. Hahn, 2007)

Wiederholt wurde in jüngster Vergangenheit der jüdische Friedhof geschändet.

In Saverne wurden im Jahre 2022 insgesamt 13 sog. „Stolpersteine“ verlegt, die an Angehörige jüdischer Familien erinnern, die Opfer der NS-Herrschaft geworden sind.

 

 

 

In Haegen gab es eine nur aus wenigen Familien bestehende jüdische Gemeinde, deren Anfänge im 18.Jahrhundert zu suchen sind; sie unterstand dem Rabbinat Zabern. Seit den 1820er Jahren gab es im Dorf eine Synagoge, die einen Betraum in einem Privathause ablöste. Zeitweise beschäftigte die kleine Kultusgemeinde einen Lehrer, der für die religiös-rituellen Belange zuständig war. Gegen Mitte des 19.Jahrhunderts gehörten der Gemeinde ca. 50 – 60 Mitglieder an; um 1900 hatten alle jüdischen Familien das Dorf verlassen.

 

 

 

Weitere Informationen:

Germania Judaica, Band II/2, Tübingen 1968, S. 937/938

Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagogues d’Alsace et lieur histoire, Jerusalem 1992

Gerd Mentgen, Studien zur Geschichte der Juden im mittelalterlichen Elsaß. Forschungen zur Geschichte der Juden, in: "Schriftenreihe der Gesellschaft zur Erforschung der Geschichte der Juden e.V.", Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1995

Alain Kahn, Histoire de la Communauté Juive de Saverne, in: sdv.fr/judaisme

Saverne, in: alemannia-judaica.de (mit einigen Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Haegen, in: alemannia-judaica.de

Jean Daltroff, La route du judaïsme en Alsace, ID-L’Édition, 2. Aufl., Bernardswiller 2010, S. 51/52

Verlegung von Stolpersteinen in Saverne, online abrufbar unter: judaisme.sdv.fr/histoire/shh/stolpert/saverne/ssaverne.htm (2022)