Ungarisch Ostra (Mähren)

 Die direkt an der Grenze zur Slowakei liegende Kleinstadt Ungarisch-Ostra a.d.March ist das heutige Uherský Ostroh mit derzeit ca. 4.300 Einwohnern - etwa zehn Kilometer südlich von Ungarisch-Hradisch (Uherské Hradiště) gelegen; ursprünglich hieß der Ort Stanica (Kartenskizze ohne Eintrag von Ung.-Ostra, aus: pragerzeitung.cz/bei-katholiken-und-bata-juengern).

 

Ansiedlungen von Juden werden hier erstmals 1592 erwähnt. Für die folgenden Jahrhunderte liegen nur spärliche Informationen zur jüdischen Gemeinde von Ung.-Ostra vor; ihren zahlenmäßigen Höchststand erreichte diese in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts.

In den 1720er Jahren mussten die jüdischen Bewohner ghettoartig ein einem ihnen zugewiesenen Viertel leben; sie bildeten hier später über mehrere Jahrzehnte eine eigene politische Gemeinde.

                                                Synagoge in Ungarisch-Ostra (hist. Aufn. um 1930)

Der seit dem 17.Jahrhundert bestehende alte Friedhof - heute nicht mehr als solcher erkennbar - wurde 1862 durch eine neue Begräbnisstätte abgelöst.

Juden in Ungarisch-Ostra:

    --- 1635 ............................  22 jüdische Haushalte,

    --- 1671 ........................ ca.  30 jüdische Familien,

    --- um 1820/30 .................. ca.  90     “       “    ,

    --- 1848 ............................ 478 Juden,

    --- um 1920 ..................... ca. 220   “  ,

    --- 1930 ............................  70   “  .

Angaben aus: Hugo Gold (Hrg.), Gedenkbuch der untergegangenen Judengemeinden Mährens, S. 116

       Straßenzug in Ung.-Ostroh (hist. Postkarte) Ak Uherský Brod Ungarisch Brod Reg. Zlin, Straßenpartie, Kirchturm, Fotograf 0

 

Die Juden in Ung.-Ostra lebten bis ins 19.Jahrhundert zumeist vom Handwerk und Geldverleih. Die gegen Mitte des 19.Jahrhunderts sich hier entwickelnde Industrie und der damit verbundene wirtschaftliche Aufschwung der Kleinstadt war auch ein Verdienst jüdischer Unternehmer.

Im Januar 1941 wurden die jüdischen Bewohner nach Theresienstadt „umgesiedelt“, von hier aus dann in die Vernichtungslager verfrachtet.

Gegen Kriegsende später wurde das hiesige Synagogengebäude zerstört. Bis auf den heutigen Tag ist ein ehemals von jüdischen Familien bewohnter Straßenzug erhalten.

Auf dem Gelände des neuen Friedhofs stehen auch Grabsteine aus dem 16. Jahrhundert, die von einem älteren, nach 1950 eingeebneten Friedhof, hierher gebracht wurden.

File:Jewish cemetery in Uherský Ostroh 11.JPGJewish cemetery in Uherský Ostroh 15.JPGJewish cemetery in Uherský Ostroh 08.JPG

älterer und jüngerer Teil des jüdischen Friedhofs (Aufn. Fet'our, 2012, aus: commons.wikimedia.org, gemeinfrei)

Zudem erinnern mehrere Mahnmale an die Opfer der Shoa.

 

 

 

Einige Kilometer flussabwärts von Ungarisch-Ostra liegt der Marktflecken Wesseli a.d.March (tsch. Veselí nad Moravou, derzeit ca. 11.000 Einw.), dessen Entstehung mit einer ehemals den Flussübergang sichernden Wasserburg verbunden ist. Getrennt vom übrigen Wohngebiet gab es hier eine „Judensiedlung“, die 1919 mit der christlichen vereinigt wurde. - Relikte ehemaligen jüdischen Lebens in Wesseli an der March sind ein aus der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts stammender jüdischer Friedhof und ein Gebäude aus dem 19.Jahrhundert, das der jüdischen Gemeinde als Synagoge diente.

Das ca. 1.500 m² große Friedhofsareal weist noch zahlreiche Grabsteine auf.

 https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/df/Jewish_cemetery_in_Vesel%C3%AD_nad_Moravou_14.JPG

Jüdischer Friedhof in Wesseli (Aufn. Fet'our, 2013, aus: commons.wikimedia.org, gemeinfrei)

Das ehemalige Synagogengebäude steht seit den 1990er Jahren unter Denkmalschutz.

Ehem. Synagogengebäude (Aufn. R. Linner, 2011, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0) 

 

 

 

In Welka bzw. auch Welke (tsch. Velká nad Veličkou, derzeit ca. 2.900 Einw.) - knapp 15 Kilometer südöstlich von Wesseli a.d.March – existiert ein kleinflächiger jüdischer Friedhof; auf dem nur ca. 450 m² großen, fast von der Vegetation eingenommenen Gelände findet man heute noch etwa 35 Grabsteine.

Velká nad Veličkou, židovský hřbitov (1).JPGAufn. Veronika Frnková, 2012, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0

 

 

 

Weitere Informationen:

Heinrich Flesch (Bearb.), Geschichte der Juden in Ung. Ostra, in: Hugo Gold (Hrg.), Die Juden und Judengemeinden Mährens in Vergangenheit u. Gegenwart, Jüdischer Buch- u. Kunstverlag, Brünn 1929, S. 563 – 570

Hugo Gold (Hrg.), Gedenkbuch der untergegangenen Judengemeinden Mährens, Tel Aviv 1974, S. 116/117

Jiri Fiedler, Jewish Sights of Bohemia and Maravia, o.O. 1991, S. 53/54

Jaroslav Klenovský, Židovské památky Uherského Ostrohu [Jüdische Denkmäler in Ungarisch Ostra], in: Uherský Ostroh [Ungarisch Ostra], Uherský Ostroh 2000, S. 369 - 379

Jewish Families from Uherský Ostroh (Ungarisch Ostrau), Moravia, Czech Republic, online abrufbar unter: geni.com/projects/Jewish-Families-from-Uhersky-Ostroh-Ungarisch-Ostra-Moravia-Czech-Republic/13159