Steinbach am Donnersberg (Rheinland-Pfalz)

Jüdische Gemeinde - Kirchheimbolanden (Rheinland-Pfalz)Datei:Verbandsgemeinden in KIB.svg Die Ortschaft Steinbach a. Donnersberg mit derzeit ca. 750 Einwohnern gehört heute zur Verbandsgemeinde Winnweiler im Donnersbergkreis - ca. 25 Kilometer nördlich von Kaiserslautern bzw. ca. 35 Kilometer westlich von Worms gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte mit Eintrag von Winnweiler am unteren rechten Kartenrand, aus: wikipedia.org, gemeinfrei  und  Kartenskizze der Verbandsgemeinden im Donnersbergkreis, Hagar 2010, aus: wikipedia.org, CC B Y-SA 3.0).

 

Um 1830 war nahezu jeder 5. Dorfbewohner mosaischen Glaubens.

De kleine jüdische Gemeinde in Steinbach am Donnersberg erreichte ihren zahlenmäßigen Höchststand in den 1820er Jahren, als damals nahezu jeder 5. Dorfbewohner dem mosaischen Glauben angehörte; wenige Jahrzehnte später war die Anzahl ihrer Angehörigen stark rückläufig.

Ihren Betraum hatte die Gemeinde im Obergeschoss eines 1806 angekauften alten Fachwerkhauses in der Kirchgasse eingerichtet. Anfang der 1840er Jahre wurde für die Renovierung der Steinbacher Synagoge zu einer Kollekte bei den "israelitischen Glaubensgenossen"  aufgerufen, die die Kgl. Regierung "allergnädigst" bewilligte.

https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20442/Steinbach%20Intelligenzblatt%2018420621.jpg Genehmigung einer Kollekte, 1842

aus: "Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs Bayern" vom 21.Juni 1842

Seit Ende der 1820er Jahre existierte in Steinbach auch eine jüdische Schule; häufiger Lehrerwechsel kennzeichnete das Schulleben.

https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20190/Steinbach%20Donnersberg%20Israelit%2005091887.jpg

Kleinanzeigen aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5.Sept. 1887 und 30. Juli 1894

Neben einem um 1780 angelegten alten Friedhofsgelände inmitten des Dorfes, auf dem auch Verstorbene aus Börrstadt begraben wurden, bestand seit ca. 1820/1825 auch am östlichen Ortsrand (an der Staudenheide) eine Beerdigungsstätte.

Juden in Steinbach am Donnersberg:

         --- 1780 ........................  11 jüdische Familien,

    --- 1802 ........................  60 Juden (ca. 13% d. Dorfbev.),

    --- 1808 ........................  79   "  ,

    --- 1821 ........................  50   “  ,

    --- 1828 ........................ 112   “   (ca. 18% d. Dorfbev.),

    --- 1837 ........................ 107   “  ,

    --- 1870 ........................  58   “  ,

    --- 1875 ........................  35   “  ,

    --- 1890 ........................  34   “  ,

    --- 1900 ........................  24   “  ,

    --- 1933 ........................  20   “   (in 4 Familien),

    --- 1937 ........................  19   “  ,

    --- 1940 ........................   7   “  ,

    --- 1942 (Nov.) .................   keine.

Angaben aus: Nordpfälzer Geschichtsverein (Hrg.), Jüdisches Leben in der Nordpfalz, S.156

 

Zu Beginn der NS-Zeit lebten nur noch wenige jüdische Familien im Dorf. Auch sie hatten bald unter Diskriminierungen zu leiden, wie der folgende Beschluss des Gemeinderates vom 20.8.1935 deutlich macht; darin hieß es u.a.:

... Es ist ein besonderes Verdienst der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei erkannt zu haben, daß ein Staat auf reinrassiger und völkischer Grundlage aufgebaut sein muß. Diese Erkenntnis fordert schärfsten Kampf gegen alle fremdartigen, volks- und staatszersetzenden Elemente. Aus diesen Erwägungen heraus wird nach Beratung mit den Gemeinderäten beschlossen wie folgt:

            1.) Der Zuzug nach Steinbach a.Dbg. wird Juden in allen Fällen verweigert.

            2.) Juden dürfen in Steinbach a.Dbg. keinerlei Liegenschaften und Grundstücke erwerben

                   noch pachten.

            3.) Jeder persönliche und geschäftliche Verkehr eines Volksgenossen mit Juden ist

                  volksschädigend und untersagt. ...

            4.) Juden betreten auf eigene Gefahr das Dorf und haben keinerlei Hilfe zu erwarten.

             ...                                                                                                                   

 

Während des Novemberpogroms von 1938 drangen SA-Angehörige aus Rockenhausen und einige Dorfbewohner in von Juden bewohnte Anwesen ein und zerschlugen dort Hausrat; einige Männer wurden „in Schutzhaft“ genommen. Auch die Inneneinrichtung und die Ritualien der Synagoge wurden zerstört bzw. auf offener Straße verbrannt; baulich blieb das Gebäude aber erhalten und ging bald in Besitz der Kommune über, die es bis Kriegsende als Unterkunft für Kriegsgefangene nutzte, die bei hiesigen Landwirten zur Arbeit eingesetzt waren.

Ende Oktober 1940 wurden die letzten in Steinbach lebenden jüdischen Bewohner ins südfranzösische Gurs deportiert; nur einer überlebte das Lager.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." sind mindestens sechs aus Steinbach stammende Juden Opfer des Holocaust geworden (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/steinbach_kib_synagoge.htm).

 

Vom alten jüdischen Friedhof, der während der NS-Zeit zerstört und in den 1950er Jahren an einen Privatmann verkauft wurde, sind heute keine Spuren mehr vorhanden. Das am östlichen Ortsausgang liegende Gelände des neuen Friedhofs ist bis heute erhalten geblieben.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20324/Steinbach.Donnersberg%20Friedhof%200210.jpghttps://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f7/Judenfriedhof_Steinbach_2.jpg 

(neuer) jüdischer Friedhof in Steinbach (Aufn. M. Ohmsen, 2012  und  H. 2014, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

Anfang der 1950er Jahre wurde das ehemalige Synagogengebäude durch seinen neuen Besitzer abgerissen.

Seit 2002 erinnert am Bürgerhaus der Kommune eine Gedenktafel an die Familie Rubel, die im Ort bis in die 1930er Jahre einen Landhandel (mit Getreidelager) betrieben hat; ihre Angehörigen konnten sich noch rechtzeitig durch Emigration in die USA in Sicherheit bringen und so ihr Leben retten.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20324/Steinbach%20Donnersberg.RubelTafel%20010.jpg Gedenktafel (Aufn. M. Ohmsen)

 

 

Weitere Informationen:

Hermann Arnold, Juden in der Pfalz - Vom Leben pfälzischer Juden, Pfälzische Verlagsanstalt, Landau 1986

Karl Fücks/Michael Jäger, Synagogen der Pfälzer Juden. Vom Untergang ihrer Gotteshäuser und Gemeinden, Eigenverlag 1988

Werner Rasche, Die Synagoge in Steinbach am Donnersberg, Maschinenmanuskript, o.J.

Michael März (Bearb.), Die Geschichte Steinbachs am Donnersberg. Juden in Steinbach früher und heute, aus: Chronik Steinbach am Donnersberg 1990, S. 367 ff.

Alfred Hans Kuby (Hrg.), Pfälzisches Judentum gestern und heute. Beiträge zur Regionalgeschichte des 19./20.Jahrhunderts, Verlag Pfälzische Post, Neustadt a.d. Weinstraße 1992

Paul Karmann, Die Friedhöfe, in: Jüdisches Leben in der Nordpfalz. Eine Dokumentation des Nordpfälzer Geschichtsvereins, Verlag F.Arbogast, Otterbach 1992, S. 51 – 88 (betr. Steinbach S. 47 und 76 - 78)

Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels “. Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 359

Otmar Weber, Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südwestpfalz, Hrg. Gesellschaft für Christlich-jüdische Zusammenarbeit Pfalz (Landau), Dahn 2005, S. 151

Steinbach am Donnersberg, in: alemannia-judaica.de