Otterberg (Rheinland-Pfalz)

RheinhessenBildergebnis für landkreis Kaiserslautern karte ortsdienst Otterberg ist eine Kommune mit derzeit ca. 5.000 Einwohnern im Landkreis Kaiserslautern und Verwaltungssitz der Verbandsgemeinde Otterbach-Otterberg – ca. zehn Kilometer nördlich von Kaiserslautern (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, aus: wikipedia.org CCO  und  Kartenskizze 'Landkreis Kaiserslautern' ohne Eintrag von Otterbach-Otterberg, in: ortsdienst.de/rheinland-pfalz/kaiserslautern).

 

Eine israelitische Kultusgemeinde entstand zu Beginn des 19.Jahrhunderts, als einige jüdische Familien aus benachbarten Ortschaften zuzogen. Bereits um 1650 soll eine jüdische Familie hier gelebt haben. Als in den 1820er Jahren die Zahl der Gemeindeangehörigen angewachsen war und der bisher genutzte, erstmals 1817 erwähnte Betsaal zu klein wurde, erwarb die Gemeinde ein Gebäude in der Hintergasse, der heutigen Kirchstraße, und baute es zu einer Synagoge mit Lehrerwohnung um; diese wurde 1838 eingeweiht.

Ein Höhepunkt in der Geschichte der jüdischen Gemeinde war 1843 der Besuch des bayrischen Königs Ludwig I. in der Otterberger Synagoge. Darüber berichtete die „Allgemeine Zeitung des Judentums“ am 3. Juli 1843:

Otterberg (Pfalz), 18. Juni (1843). Bei der Anwesenheit Seiner Majestät des Königs von Bayern am 13. Juni allhier, begab sich dieser Monarch nach beendigtem Gottesdienste in der katholischen Kirche in unsere vor fünf Jahren von der hiesigen, aus fünfzehn Mitgliedern bestehenden Gemeinde erbaute Synagoge, erkundigte sich nach der Zahl und dem Wohlstande der Gemeindemitglieder bei dem israelitischen Lehrer E. Mandel, gab seinen Wohlgefallen zu erkennen, und fügte hinzu: "Das Alte Testament haben auch wir, und noch das neue." Die israelitische Gemeinde fühlte sich durch die Aufmerksamkeit Seiner Majestät höchst beglückt.

Auf dem Friedhof in Mehlingen fanden Juden aus Otterberg ihre letzte Ruhe.

Juden in Otterberg:

         --- um 1650 ........................  eine jüdische Familie,

    --- 1803 ...........................   4      “       “   n,

    --- 1815 ...........................   8      “       “    ,

    --- 1825 ...........................  56 Juden,

    --- 1848 ....................... ca. 100   "   (in 21 Familien),

    --- 1875 ...........................  23   “   ,

    --- 1897 ...........................   3 erwachsene Männer,

    --- 1913 ...........................   keine.

Angaben aus: Otterberg, in: alemannia-judaica.de

 

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen Einwohner durch Aus- und Abwanderung schnell zurück. 1897 wurde die jüdische Gemeinde offiziell aufgelöst, da nur noch drei erwachsene Männer in Otterberg lebten; die noch verbliebenen Bewohner wurden der Kultusgemeinde Kaiserslautern zugewiesen.

aus: „Frankfurter Israelitisches Familienblatt“ vom 10.Okt. 1913

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." wurden zwei aus Otterberg stammende jüdische Bewohner Opfer der NS-Gewaltherrschaft (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/otterberg_synagoge.htm).

Bereits in den 1880er Jahren war das Synagogengebäude verkauft worden. Es wurde später zu einem Wohnhaus umgebaut, das bis heute erhalten ist.

Ehem. zu einem Wohnhaus umgebautes Synagogengebäude (aus: otterberg.de)

           Die Familie Straus war die prominenteste jüdische Familie in Otterberg. Die Gebrüder Isidor, Nathan und Oskar wanderten mit ihren Familien Anfang der 1850er Jahre in die USA aus und brachten es dort - als Teilhaber eines großen Kaufhauses - zu beachtlichem Wohlstand.

Nathan Straus setzte sich für Arme und Obdachlose ein; er unterstützte mit großen Summen diverse Projekte in den USA, Palästina und Deutschland. Die Stadt Netanja in Israel ist nach ihm benannt. Sein älterer Bruder Isidor kam zusammen mit seiner Frau beim Untergang der „Titanic“ (1912) ums Leben.
http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2092/Otterberg%20OskarSStraus.jpg Der 1926 in New York gestorbene Oskar Salomon Straus machte in den USA eine politische Karriere und war zwischen 1906 und 1909 unter Präsident Theodore Roosevelt Wirtschafts- und Arbeitsminister. Er war damit erstes jüdisches Kabinettsmitglied in den USA. An der Stadthalle in Ottersberg wurde ihm zu Ehren 2006 ein Denkmal enthüllt.

 

 

In Olsbrücken – heute Teil der Verbandsgemeinde Otterbach-Otterberg – gibt es eine jüdische Begräbnisstätte, die im 19.Jahrhundert angelegt wurde, aber heute keine Grabsteine mehr aufweist. Die wenigen vormals noch vorhandenen Steine wurden nach Einebnung des Friedhofsgeländes (1979) auf den israelitischen Friedhof Niederkirchen umgesetzt. Nur die Relikte der beiden Torpfeiler zum Friedhofsgelände lassen heute noch erahnen, dass in der Vergangenheit hier der "Gute Ort" war.

Pfeiler der Eingangspforte (Aufn. Marcus Leister, 2018, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

 

 

vgl. Niederkirchen (Rheinland-Pfalz)

 

 

 

Weitere Informationen:

Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels “. Synagogen in Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 309

Otmar Weber, Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südwestpfalz, Hrg. Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz (Landau), Dahn 2005, S. 133/134

Denkmal für Oskar Salomon Strauß – Zeitungsartikel, in: "Stadt- und Landkurier“ vom 21.9.2006 

Otterberg, in: alemannia-judaica.de (mit zahlreichen zumeist personenbezogenen Dokumenten/Bildern zur jüdischen Ortshistorie, insbes. zur Familiengeschichte der Gebr. Straus)