Oppeln (Oberschlesien)

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d9/Schlesien_RegBez_Oppeln_1905.pngFile:Opole Mapa.PNG - Wikimedia Commons

Das Mitte des 13.Jahrhunderts entstandene Oppeln wurde im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört. Die Stadt kam 1945 unter polnische Verwaltung, heißt heute Opole und ist mit derzeit ca. 120.000 Einwohnern die Woiwodschafts-Hauptstadt (hist. Karte von 1905 ‘Regierungsbezirk Oppeln‘ -  Kartenausschnitt ‘Oppeln und Umland‘, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Polen' mit Opole rot markiert, B. 2006, aus: commons.wikimedia.org CC BY-SA 3.0).

 

Erste nachweisbare Spuren jüdischen Lebens in der Region Oppeln reichen bis in die erste Hälfte des 14.Jahrhunderts zurück. Doch sollen bereits zu Beginn des 13.Jahrhunderts Juden aus dem Westen hierher gekommen und sich angesiedelt haben. Sie genossen gewissen Schutz seitens der schlesischen Fürsten. Um ca. 1450 wurde eine „Judengasse“ in Oppeln erwähnt, was auf die Existenz einer ghettoartigen Siedlung hinweist; ihre Bewohner waren durch ein 1427 erlassenes herzogliches Privileg geschützt. Dort befand sich auch die jüdische Schule, deren Gründung auch durch dieses Privileg gestattet worden war.

Die wachsende jüdische Konkurrenz veranlasste um 1540 die christlichen Kaufleute Oppelns, beim Markgrafen Georg von Hohenzollern deren Vertreibung aus der Stadt zu fordern; doch dieser widersetzte sich diesem Verlangen, indem er den wirtschaftlichen Nutzen der Juden für das Land zum Ausdruck brachte. Auch sein Sohn und Nachfolger, Georg Friedrich, setzte die judenfreundliche Politik zunächst fort. Doch Mitte des 16.Jahrhunderts wurden dann die Juden Oppelns - wie auch die anderer schlesischer Städte - vertrieben, möglicherweise auch umgebracht. Unmittelbar nach Ende des Dreißigjährigen Krieges sollen kurzzeitig wieder jüdische Familien in Oppeln gelebt haben.

Oppeln - Stich von 1734 (aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

Konkrete Belege über die Ansiedlungen von Juden in Oppeln liegen dann erst wieder seit Mitte des 18.Jahrhunderts vor, nachdem Schlesien unter preußische Herrschaft gekommen war. Bis um 1820 war ihre Zahl eher gering; dies änderte sich aber rasch. Die Gemeindeangehörigen in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts waren vorrangig Kaufleute und Fabrikanten, die im Wirtschaftsleben der Stadt recht erfolgreich waren und zunehmend auch gesellschaftliche Akzeptanz fanden; dies führte dann auch zu ihrer Einbindung in das kommunal-politische Leben.

Eine kleine jüdische Gemeinde - bestehend aus fünf Familien - wurde 1813 gegründet. Ihre erste Synagoge, ein Gebäude im Stile des Klassizismus, ließ die Oppelner Judenschaft 1840/1841 in der Hospitalstraße, direkt am Mühlgraben, errichten. Die Finanzierung war durch Ausgabe von „Aktien“ an die Gemeindemitglieder erfolgt. Die Einweihung des Gebäudes nahm der liberale Rabbiner Abraham Geiger aus Breslau vor.

  Alte Synagoge (Aufn. Pudelek, 2007, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)            

Das Synagogengebäude überstand die NS-Zeit unbeschadet, weil das Gebäude ab 1897 nicht mehr als Gottesdienstraum benutzt worden war.

1822 erhielt die jüdische Gemeinde die staatliche Genehmigung, eine eigene Grundschule mit einer Klasse zu gründen; diese Schule bestand bis in die 1870er Jahre. Zwischen 1893 und 1897 ließ die wohlhabende, inzwischen auf etwa 700 Mitglieder angewachsene Gemeinde auf der Wilhelmstaler Insel ein ihrer Zahl angemessenes Gotteshaus errichten. Die im maurischen Stile gestaltete Synagoge, ein roter Ziegelsteinbau, wurde 1897 von Leo Baeck - von 1897 bis 1907 Rabbiner der Oppelner Gemeinde - eingeweiht. Der als „Zierde der Stadt“ bezeichnete Synagogenbau stand an der Hafenstraße, im schönsten Viertel der Stadt. Das alte Synagogengebäude wurde alsbald meistbietend versteigert.

    

                                     links: Neue Synagoge in Oppeln (Aufn. um 1930, aus: wikipedia.org, CCO)        -       rechts: hist. Bildpostkarte

                                    Synagogeninnenraum (hist. Aufn., vermutlich Anfang 1930er Jahre)

1843 wählte die Gemeinde ihren ersten eigenen Rabbiner – Salomon Cohn. Der am längsten in Oppeln amtierende Rabbiner war Adolph Wiener (geb. 1811). Der „Pionier der Assimilation“ befreite die strenggläubigen Oppelner Juden von den Fesseln der Orthodoxie und gab der Gemeinde in den Jahrzehnten von ca. 1850 bis 1895 durch seine reformerische Tätigkeit ein neues Gepräge. 1892 erhielt Adolph Wiener als einziger Jude Oppelns den Titel eines Ehrenbürgers der Stadt; dies verdeutlichte auch die wachsende Bedeutung der jüdischen Gesellschaft im Leben der Stadt. Sein Nachfolger war Leo Baeck, der die Reformbestrebungen noch weiter vorantrieb; so wurde nun ein Teil des Gottesdienstes in deutscher Sprache abgehalten; auch eine Orgel wurde in der Synagoge installiert; dagegen hielt man aber an der Trennung der Geschlechter beim Synagogenbesuch bei.

Verstorbene Gemeindemitglieder wurden bis 1822 im fast 40 Kilometer entfernten Zülz beerdigt; erst danach verfügte die Oppelner Gemeinde über einen eigenen Begräbnisplatz mehr als zwei Kilometer von den Stadtgrenzen entfernt, der im Laufe des 19.Jahrhunderts mehrfach vergrößert wurde, um die wachsende Zahl der Verstorbenen der Oppelner Judengemeinde bestatten zu können. Seit ca. 1870 war auch ein Taharahaus vorhanden. Anfang der 1930er Jahre liefen konkrete Planungen für die Anlage eines neuen Friedhofs, da die bisherige Begräbnisstätte fast belegt war; doch auf Grund der weiteren politischen Entwicklung zerschlugen sich diese Pläne.

Juden in Oppeln:

    --- 1533 .............................   8 jüdische Familien,

    --- ab 1565 ..........................  keine,

    --- 1746 .............................  eine jüdische Familie,

    --- 1783 .............................  35 Juden,

    --- 1796 .............................  20   "  ,

    --- 1812 .............................  48   “  ,

    --- 1816 .............................  98   "   (ca. 2% d. Bevölk.),

    --- 1825 ......................... ca. 200   “  ,

    --- 1840 ............................. 404   “  ,*      *andere Angabe: 496 Pers.

    --- 1861 ............................. 590   “   (ca. 6% d. Bevölk.),

    --- 1890 ............................. 712   "  ,

    --- um 1900 ...................... ca. 750   “  ,

    --- um 1920 ...................... ca. 950   “  ,

    --- 1930 ............................. 607   “  ,

    --- 1936 ............................. 525   “   (ca. 1% d. Bevölk.),

    --- 1939 ............................. 280   “  .

Angaben aus: P.Maser/A.Weiser, Juden in Oberschlesien, S. 135/136

http://static1.akpool.de/images/cards/60/607472.jpg Ansicht von Oppeln (hist. Postkarte, um 1920)

 

Historische Ansichtskarten aus Oppeln: Am Ring, 1904   und   Krakauer Straße 1917 (aus: commons.wikimedia.org, gemeinfrei)

 

Nach Ende des Ersten Weltkrieges und der damit verbundenen Neugründung des polnischen Staates wurden die schlesischen Juden in den deutsch-polnischen Konflikt hineingezogen; die Juden Oppelns sprachen sich – wie die meisten in Oberschlesien - eindeutig für die pro-deutsche Seite aus. Zu Beginn der 1930er Jahre lebten noch etwa 600 Juden in Oppeln.

Von dem reichsweit durchgeführten Boykott jüdischer Geschäfte im April 1933 war auch Oppeln betroffen; jedoch wurden die Maßnahmen alsbald eingestellt, da die Konvention zum Schutz der nationalen Minderheiten dieses Vorgehen untersagte. Mit der 1937 aufgekündigten Konvention griffen nun auch in ganz Oberschlesien die antijüdischen Maßnahmen. Wie in anderen deutschen Städten wurden auch in Oppeln die „Aktionen gegen die hebräischen Meuchelmörder” im November 1938 planmäßig organisiert: Nach einer den „gefallenen Kämpfern der Bewegung” gewidmeten Feier zogen SA- und SS-Trupps johlend durch die Straßen Oppelns, demolierten und plünderten jüdisches Eigentum; ihnen hatten sich auch HJ-Angehörige und Zivilisten angeschlossen. Der von einem SA-Trupp aufgegriffene letzte Rabbiner Oppelns, Dr. Hans Hirschberg, wurde gezwungen, mit eigenen Händen die Synagoge in der Bahnhofsstraße in Brand zu setzen, die vor den Augen der Feuerwehr völlig zerstört wurde. An den antijüdischen Aktionen in der Stadt war auch die hiesige Polizei aktiv beteiligt.

Brennende Synagoge in Oppeln Nov. 1938 (aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

Zahlreiche Juden Oppelns, darunter Rabbiner Dr. Hirschberg, wurden „in Schutzhaft“ genommen, 13 von ihnen ins KZ Buchenwald eingeliefert. Einige Juden konnten sich ins polnischen Konsulat flüchten.

In den folgenden Jahren wurde das Ende der jüdischen Gemeinde von Oppeln besiegelt; 1939 wurden die Synagogentrümmer aus dem Stadtbild entfernt. Die letzte Beerdigung auf dem Oppelner Friedhof fand 1940 statt. Im November/Dezember 1942 gingen drei Deportationstransporte von Oppeln in die Vernichtungslager. Vor den Transporten waren alle betroffenen Personen - aus Oppeln und Umgebung - in einem Übergangslager (dem sog. „Bullenkeller“) zusammengeführt worden. Mitte Januar 1944 erfolgte die Deportation der letzten Oppelner Juden nach Theresienstadt.

 

Nach Kriegsende siedelte sich kurzzeitig eine größere Gruppe von Juden – zumeist Repatrianten aus der UdSSR – in Opole an, ohne aber hier eine Gemeinde zu gründen; denn nach dem Pogrom von Kielce setzte die Abwanderung gen Westen ein

Bild:Oppeln, 2006, Gedenkstein für die Neue Synagoge, wikipedia commons, Pudelek Eine an einem Felsblock angebrachte Tafel in hebräischer, deutscher und polnischer Sprache erinnert seit 1998 an die einstige Synagoge Oppelns (Aufn. Pudelek, 2007, aus: commons.wikimedia.org).

  

‘Sie haben Feuer in Dein Heiligtum geworfen’. 

Hier stand die Synagoge, die in der Reichskristallnacht am 9.11.1938 von den Nazis verbrannt wurde.

Menschen werden es nicht vergessen.

Vermutlich haben Juden aus Opole nach 1945 eine neuen Synagogenraum in der Stadt einrichten lassen. Ende der 1980er Jahre wurde die alte Synagoge (ehem. Hospitalstraße) gründlich restauriert; heute dient das Gebäude dem Schlesischen Institut Oppeln als Archivraum bzw. als Bürogebäude eines lokalen Fernsehsenders.

   Opole synagoga2.jpg

Restauriertes ehem. altes Synagogengebäude (Aufn. aus: wikimapia.org u. Pudelek, 2007, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

Trotz starker Verwüstungen hat der jüdische Friedhof in Oppeln an der Ulica Graniczna die Kriegsjahre überstanden. Anfang der 1960er Jahre erfolgte die offizielle Schließung des Friedhofs; Tahara-Haus und das „Haus des Wächters“ wurden abgerissen; an deren Stelle wurde ein Wohnhaus mit Werkstätten errichtet. Eine um das nun verkleinerte Gräberfeld gezogene Mauer soll eine weitere Verwüstung des Friedhofsgeländes verhindern.

http://photos.wikimapia.org/p/00/01/31/48/09_big.jpg Jüdischer Friedhof in Oppeln.JPG

Ansichten des jüdischen Friedhofs in Opole (Aufn. Marcin Szala, 2012, aus: commons.wikimeda.org, CC BY-SA 3.0)

 Aus Oppeln stammte der Philosoph und Historiker Max Wiener (geb. 1882); als Sohn einer orthodoxen Familie machte er eine rabbinische Ausbildung; seit 1912 amtierte er als Rabbiner in Stettin, seit 1926 in Berlin. Bis zu seiner Emigration in die USA (1939) war er an führender Position an der „Hochschule für die Wissenschaft des Judentums“ tätig. Max Wiener hat durch seine zahlreichen Veröffentlichungen zur Religionsgeschichte und –philosophie Bekanntheit erlangt. Neben Leo Baeck galt er als einer der bedeutendsten Vertreter des liberalen Judentums. Max Wiener starb 1950 in New York.

 

 

 

In der oberschlesischen Kleinstadt Gogolin - etwa 20 Kilometer südöstlich von Oppeln, mit derzeit ca. 6.700 Einw.) - erinnern noch einige Dutzend Grabsteine an einen in den 1860er Jahren angelegten jüdischen Begräbnisplatz, der unmittelbar neben dem katholischen Friedhof sich befindet.

Wejście na cmentarz żydowski.JPG Widok na zachowane nagrobki.JPG

Ummauerter Friedhof und jüdische Grabstellen (Aufn. Alootka, 2014, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0 pl)

 

 

 

Im ca. 30 Kilometer nördlich von Oppeln gelegenen kleinen Kurort (Bad) Carlsruhe (poln. Pokoj, derzeit ca. 1.400 Einw.) gab es eine jüdische Gemeinde, die in den 1860er Jahren knapp 130 Angehörige umfasste und damit ca. 5% der Bevölkerung stellte. Zu ihren gemeindlichen Einrichtungen zählten ein Friedhof (angelegt um 1780) und eine Synagoge, die anfangs in einem angekauften Privathaus untergebracht war. Zu Beginn der NS-Zeit lebten im Ort nur noch etwa 40 Juden; in der „Kristallnacht“ vom November 1938 wurde die Synagoge in Brand gesteckt und Häuser/Geschäfte jüdischer Eigentümer zerstört. Den meisten jüdischen Bewohnern gelang es zu emigrieren. 

vgl. (Bad) Carlsruhe (Oberschlesien)

 

 

 

Ca. 40 Kilometer südöstlich von Oppeln liegt die Stadt Groß-Strehlitz (poln. Strzelce Opolskie, derzeit ca. 18.000 Einw.), in der vom Anfang des 19.Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg eine jüdische Gemeinde beheimatet war. Um 1840/1850 zählte sie etwa 140, in den 1880er Jahren immerhin etwa 500 Angehörige (ca. 11% d. Bevölkerung). Seit den 1850er Jahren verfügte die Gemeinde über einen Friedhof und eine Synagoge am Neuen Ring (später Hindenburgplatz); die jüdische Schule wurde in den 1880er Jahren aufgelöst; die Kinder besuchten fortan die Stadtschulen.

Jüdische Einwohner sollen bis in die Zeit der Weimarer Republik aktiv am politischen und gesellschaftlichen Leben von Groß-Strehlitz beteiligt gewesen sein. Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, lebten in Groß-Strehlitz noch ca. 120 Juden. Im November 1938 wurden jüdische Geschäfte und Wohnungen zerstört und geplündert sowie die Inneneinrichtung der Synagoge herausgerissen und demoliert. Von den ca. 70 lebenden jüdischen Einwohnern wurden die meisten ins „Generalgouvernement“, einige nach Theresienstadt deportiert. - Infolge verschiedenartiger Nutzungen wurde nach 1945 das ehemalige Synagogengebäude in seinem äußeren Erscheinungsbild völlig verändert. 

vgl. Groß-Strehlitz (Schlesien)

 

 

 

Im ca. 35 Kilometer östlich Oppelns gelegenen Guttentag (poln. Dobrodzien, derzeit ca. 3.700 Einw.) gab es vermutlich seit dem ausgehenden 17./beginnenden 18.Jahrhundert eine sich bildende israelitische Gemeinde. Die ersten hier ansässig gewordenen Familien lebten nahe des grundherrschaftlichen Schlosses. Ende des 18.Jahrhunderts gehörten der jüdischen Gemeinde mehr als 120 Personen an. Kleinhandel, Handwerk und auch Landwirtschaft bestimmten das berufliche Dasein der hiesigen Familien. In den 1850/1860er Jahren erreichte die Zahl der Juden in Guttentag fast 300 Personen. Zu dieser Zeit besaß die Gemeinde ihre neue Synagoge am Ring/Groß Strehlitzer Straße (heutige Bahnhofstraße) – eingeweiht 1851 -, die ein bei einem großen Stadtbrand (1846) vernichtetes älteres Gotteshaus (es war um 1780 errichtet worden) ersetzte. Die vom Feuer geretteten Thorarollen bildeten dann den Grundstock der rituellen Gerätschaften im Synagogenneubau. Anfang der 1860er Jahre gründete die hiesige Judenschaft eine eigene zweiklassige Schule. Etwa zeitgleich wurde ein jüdisches Waisenhaus eröffnet, eine Gründung von Johann Friedländer. Bereits zwei Jahrzehnte zuvor hatte man am Ort ein jüdisches Krankenhaus – ganz in der Nähe der Synagoge – eingerichtet; dank der finanziellen Unterstützung eines Bankiers aus Breslau konnte es geschaffen und betrieben werden.

Die Anlage des lokalen jüdischen Friedhofs datiert vermutlich gegen Mitte des 18.Jahrhunderts; er befand sich ca. einen Kilometer außerhalb an der Straße nach Lublinitz. 

Juden in Guttentag:

--- 1781 .........................  60 Juden,

--- 1787 ......................... 120   “  ,

--- 1813 ......................... 173   “  ,

--- 1817 ......................... 248   “  ,

--- 1834 ......................... 242   “  (ca. 11% d. Bevölk.),

--- 1861 ......................... 280   “  ,

--- 1881 ......................... 240   “  ,

--- 1896 ......................... 175   “  ,

--- 1905 ..................... ca.  80   “  ,

--- 1925 ..................... ca.  50   “  ,

--- 1933 .........................  38   “  ,

--- 1939 .........................  14   "  . 

Angaben aus: Dobrodzien, in: sztetl.org.pl

Mit dem wirtschaftlichen Niedergang in den Jahrzehnten vor 1900 ging die Abwanderung vieler jüdischer Familien einher; innerhalb nur eines einzigen Jahrzehnts (1895/1905) halbierte sich die Zahl der Gemeindeangehörigen. 1925 lebten in der Stadt nicht einmal mehr 50 Juden.

Ende der 1930er Jahre - während des Pogroms vom November 1938 war das Synagogengebäude niedergebrannt worden* - wohnten noch 15 Juden in Guttentag. Über ihr weiteres Schicksal ist kaum etwas bekannt; vermutlich wurden sie später in Arbeitslager oder in Ghettos im "Generalgouvernement" deportiert.

Während des Zweiten Weltkrieges war der jüdische Friedhof der Zerstörung ausgesetzt: Grabsteine wurden entfernt bzw. auch gestohlen.

* Einer anderen Aussage zufolge soll das Synagogengebäude spätestens Anfang der 1930er Jahre verkauft und alsbald abgerissen worden sein.

Der über Jahrzehnte verfallene jüdische Friedhof wird seit 2001 dank einer internationalen Initiative – Jugendliche aus Polen, Deutschland und Israel - wieder in einen ansehbaren Zustand versetzt, indem man die überwucherte Fläche von Vegetation befreite und die Grabsteine wieder aufrichtete. Etwa 200 Steine bzw. -fragmente haben die Zeiten überdauert; der älteste stammt aus dem Jahre 1773.

An der Stelle der einstigen Synagoge befindet sich heute eine kleine Gedenkstätte. 

vgl. Guttentag (Oberschlesien)

 

 

 

In Falkenberg (poln. Niemodlin, derzeit ca. 6.500 Einw.) – etwa 25 Kilometer südwestlich von Oppeln gelegen – gab es eine kleine jüdische Gemeinde, der auch die jüdischen Familien des nahen Umlandes angehörten. Erste Niederlassungen sollen im beginnenden 19.Jahrhundert erfolgt sein. Um 1850/1860 gehörten der Gemeinde knapp 30 Familien an; aus dieser Zeit ist auch der Bau eines Synagogengebäudes dokumentiert. Auch ein eigener Begräbnisplatz war vorhanden. Auf Grund von Abwanderung soll sich die jüdische Gemeinde zu Beginn des 20.Jahrhunderts in Auflösung befunden haben.

                     Relikt des ehem. Synagogengebäudes (Aufn. Tomasz Skóbel)

Während der Baukörper der ehemaligen Synagoge noch erhalten ist (viele Jahre als Lagerraum genutzt) und in jüngster Zeit renoviert wurde , ist der jüdische Friedhof völlig von der Vegetation überwuchert und kaum als solcher mehr auszumachen.

 

 

 

In der kleinen Ortschaft Löwen (poln. Lewin Brzeski, derzeit 5.700 Einw.) – ca. 20 Kilometer nordwestlich von Oppeln gelegen – sind jüdische Familien seit ca. 1815/1820 erstmals urkundlich nachweisbar; deren Anzahl war im gesamten 19.Jahrhundert stets überschaubar: Um 1880 und dann wieder um 1910 erreichte die Zahl der Gemeindeangehörigen mit ca. 80 Personen ihren höchsten Stand (ca. 3% d. Bevölk.). Um 1850 (andere Angabe: erst 1883) wurde in Löwen offiziell eine Synagogengemeinde gegründet - zu einer Zeit, als sieben jüdische Familien hier lebten. Zu den gemeindlichen Einrichtungen gehörte ein um 1880 angelegter Friedhof. Gottesdienstliche Zusammenkünfte fanden zunächst in angemieteten Räumlichkeiten statt, ehe dann nach der Jahrhundertwende in der Bahnhofstraße ein Synagogengebäude errichtet und im Jahre 1907 vom damaligen Oppelner Rabbiner Leo Baeck eingeweiht wurde.

Juden in Löwen:

--- 1845 ......................... 20 Juden,

--- 1871 ......................... 44   “  (ca. 2% d. Bevölk.),

--- 1880 ......................... 80   “  (ca. 3,5% d. Bevölk.),

--- 1907 ..................... ca. 80   “  ,

--- 1925 ..................... ca. 60   “  ,

--- 1933 ......................... 36   “  ,

--- 1937 ......................... 30   "  .

Angaben aus: Lewin Brzeski, in: sztetl.org.pl

Infolge Abwanderung verkleinerte sich die Gemeinde nach dem Ersten Weltkrieg deutlich; 1937 lebten nur noch ca. 30 Juden im Ort. Während des Novemberpogroms wurde die Synagoge in Brand gesetzt (bald abgerissen), jüdische Länden und Wohnungen geplündert. Die noch in Löwen lebenden Juden wurden nach Kriegsausbruch deportiert, die meisten ins Ghetto Lodz.

Am Ort findet man heute keinerlei bauliche Spuren jüdischer Ansässigkeit. Der jüdische Friedhof war während des Zweiten Weltkrieges komplett verwüstet worden; das Areal wurde anschließend landwirtschaftlich genutzt. 

vgl. Löwen (Schlesien)

 

 

 

Weitere Informationen:

A. Weltzel, Geschichte der Stadt und Herrschaft Guttentag, Ratibor 1882

Alfred Steinert, Geschichte der Juden in Oppeln. Fest- u. Gedenkschrift der Oppelner Synagogengemeinde zur Erinnerung an das 25jährige Bestehen der neuen Synagoge, Oppeln 1922

Bernhard Brilling, Die jüdischen Gemeinden Mittelschlesiens. Entstehung und Geschichte, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1972

D. Shtokfish (Hrg.), Sefer Opole Lubelski, Tel Aviv 1977

Peter Maser/Adelheid Weiser, Juden in Oberschlesien, Teil I: Historischer Überblick, in: "Schriften der Stiftung Haus Oberschlesien, Landeskundliche Reihe 3.1", Gebr. Mann Verlag, Berlin 1992, S. 135 - 139

Fr.-Carl Schultze-Rhonhof, Geschichte der Juden in Schlesien im 19. u. 20.Jahrhundert, in: "Schlesische Kulturpflege - Schriftenreihe der Stiftung Schlesien", Band 5, Hannover 1995

Johannes Schellakowsky (Hrg.), Quellen und Literatur zur Geschichte der Stadt Oppeln, Würzburg 1995, S. 49 - 52

Maciej Borkowski, Die jüdische Gemeinde in Oppeln 1812 - 1944, Dissertation, o.O. o.J.

Maciej Borkowski, Oppeln im 3.Reich, o.O. o.J.

Maciej Borkowski, Spaziergang durch das alte Oppeln, in: "Gazeta w Opolu", No. 262/1998

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 2), New York University Press, Washington Square, New York 2001, Vol. 1., S. 233 (Carlsruhe) und S. 470/471 (Guttentag) und Vol. 2, S. 745 (Löwen) und S. 939 (Oppeln)

Manfred Rossa, Jüdisches leben in den Kreisen Namslau und Oppeln, Carlsruhe/Oberschlesien uind Städtel/Niederschlesien in der Herrschaft Carlsruhe als Zuflucht für Juden, Eschborn 2003

Stefi Jersch-Wenzel (Hrg.), Quellen zur Geschichte der Juden in polnischen Archiven, Band 2: Ehemalige preußische Provinz Schlesien, München 2005, S. 314 - 370

Andrzej Hamada, Architektur Oppelns im geschichtlichen Stadtbild, Oficyna Piastowska, Opole 2008

Maciej Borkowski, Gmina zydowska w Opolu w latach 1812 – 1944, Opole 2009 (Dissertation)

Opole, in: sztetl.org.pl

Lewin Brzeski, in: sztetl.org.pl

Dobrodzien, in: sztetl.org.pl

Kirsten Heinsohn, Deutsche Juden in Oppeln 1871 – 1944, in: Jüdisches Leben zwischen Ost und West. Neue Beiträge zur jüdischen Geschichte in Schlesien, Wallstein-Verlag Göttingen 2014, S. 259 - 281

Beata Pomykalska/Pawel Pomykalski, Auf den Spuren der Juden Oberschlesiens, Hrg. Haus der Erinnerung an die Juden Oberschlesiens – Zweigstelle des Museums in Gleiwitz, Gliwice 2010

Dawid Smolorz (Red.), Synagogen in Oberschlesien – trotz Pogromnacht erhalten geblieben, in: „Silesia News - Aktuelles & Wissenswertes aus Schlesien, Nov. 2021