Merxheim (Rheinland-Pfalz)

Kreis Meisenheim.jpgDatei:Merxheim in KH.svg Die kleine Ortschaft Merxheim mit derzeit ca. 1.500 Einwohnern gehört seit 2020 zur Verbandsgemeinde Nahe-Glan (vormals zur Verbandsgemeinde Sobernheim) – ca. 25 Kilometer südwestlich der Kreisstadt Bad Kreuznach gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, aus: wikipedia.org, Bild-PD-alt und Kartenskizze 'Landkreis Bad Kreuznach' mit Eintrag von Merxheim rot markiert, TUBS 2010, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

1301 wurde zum ersten Mal ein jüdischer Bewohner in Merxheim - damals Bestandteil der Raugrafschaft - erwähnt; bereits zwei Jahrzehnte zuvor hatten die Raugrafen das kaiserliche Privileg erwirkt, in ihrem Herrschaftsbereich Juden aufzunehmen. Für die folgenden Jahrhunderte liegen nur spärliche Hinweise auf jüdisches Leben im Ort vor; um 1550 sollen sie ausgewiesen worden sein, nach dem Dreißigjährigen Krieg sich aber erneut angesiedelt haben; allerdings dürfte es sich dabei nur um wenige Familien gehandelt haben. Bis zum Ende des 18.Jahrhunderts hatten fast alle Juden den Ort wieder verlassen, um wenige Jahrzehnte später sich erneut hier niederzulassen.

Anfang der 1850er Jahre ließ die jüdische Gemeinde, die damals aus insgesamt ca. 120 Angehörigen bestand, ein schlichtes Synagogengebäude in der Judengasse, der heutigen Römerstraße, errichten. Knapp zwei Jahrzehnte später zerstörte ein Brand das Haus völlig. Auf Grund fehlender finanzieller Mittel musste die Gemeinde auf einen Neubau verzichten; das Ruinengrundstück wurde später verkauft. Als Gottesdienstraum nutzten die Gemeindemitglieder anschließend einen Raum in einem Privathause in der Hauptstraße, der in den 1920er Jahren aufgegeben wurde.

Südwestlich von Merxheim - am Höhenweg zum „Meckenbacher Wald“ - befindet sich der relativ großflächige jüdische Friedhof, dessen Entstehungszeit unbekannt ist.

Zur Synagogengemeinde Merxheim zählten um 1850 auch die Juden aus Bärweiler, Martinstein, Meddersheim und Simmern unter Dhaun.

Juden in Merxheim:

    --- 1801 ...........................  eine jüdische Familie,

    --- 1808 ...........................  37 Juden,

    --- um 1850 .................... ca. 120   “  ,*   * Synagogengemeinde

    --- 1864 ...........................  65   “  ,

    --- 1895 ...........................  43   “  ,

    --- 1925 ...........................  25   “  ,

    --- 1933 ....................... ca.  25   “  ,

    --- 1938 (Dez.) ....................  keine.

Angaben aus: Kreisverwaltung Bad Kreuznach (Hrg.), Die jüdischen Synagogen im Landkreis Bad Kreuznach

 

Die wenigen jüdischen Familien, die hier noch Mitte der 1920er Jahre lebten, verdienten ihren Lebensunterhalt im Vieh- und Weinhandel; sie besaßen auch zwei kleine Einzelhandelsgeschäfte. In den ersten Jahren nach der NS-Machtübernahme behielten sie zunächst noch ihre Wohnsitze in Merxheim; doch unter dem Druck des NS-Regimes hatten bis Ende 1938 alle jüdischen Bewohner ihren Heimatort verlassen

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." sind 17 aus Merxheim stammende jüdische Bürger Opfer der NS-Gewaltherrschaft geworden (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/merxheim_synagoge.htm).

Teilansicht des jüdischen Friedhofs von Merxheim (Aufn. J. Hahn, 2008)  

Auf dem ca. 8.000 m² großen jüdischen Friedhofsgelände - es ist das flächenmäßig größte im Kreisgebiet - befinden sich ca. 50 Grabsteine. Zudem erinnert eine auf einem großen Findling angebrachte Gedenktafel namentlich an die elf jüdischen NS-Opfer aus Merxheim.

         Gedenktafel an die Shoa-Opfer (Aufn. J. Hahn, 2008)

Jüngst erfolgte die Verlegung mehrerer "Stolpersteine", die die Erinnerung an ehemalige jüdische Bewohner wach halten soll (Stand 2022).

 

 

 

Seit Ende 18.Jahrhunderts sind jüdische Bewohner in Meddersheim - einem heutigen Ortsteil von Bad Sobernheim - nachweisbar; in den 1850er Jahren erreichte die jüdische Ortsbevölkerung mit ca. 55 Bewohnern ihren Höchststand.

Zu den Einrichtungen der kleinen israelitischen Gemeinschaft zählten der um 1835/1840 angelegte Friedhof am Hang des Dornberges, eine Betstube und ein Frauenbad. Zeitweilig zählten die Meddersheimer Juden zur Kultusgemeinde Merxheim. 1925 lebten in Meddersheim nur noch 16 Personen mosaischen Glaubens; die letzte jüdische Familie am Ort (vier Personen) wurde im April 1942 deportiert.

Der jüdische Friedhof mit seinen noch heute erhaltenen ca. 30 Grabstellen erinnert an Angehörige der ehemaligen israelitischen Gemeinde.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20166/Meddersheim%20Friedhof%20154.jpg Grabstätten des Friedhofs in Meddersheim (Aufn. J. Hahn, 2008)

 vgl. dazu:  Bad Sobernheim (Rheinland-Pfalz)

 

 

 

In Simmern unter Dhaun - seit 1971 Simmertal, heute Teil der Verbandsgemeinde Kirn-Land - erinnern heute noch zwei kleine jüdische Friedhöfe daran, dass hier ehemals Juden gelebt haben. Ein altes, um 1700 angelegtes Beerdigungsgelände unterhalb des „Habichtkopfes“ wurde um 1880 durch ein Areal ersetzt, dessen Bezeichnung "Auf Kipp" lautete. Gegen Mitte des 16.Jahrhunderts sind Juden erstmals Juden in Simmern datiert; um 1785 lebten hier sechs Familien. Um 1850/1860 erreichte die Gemeinde mit ca. 60 Angehörigen ihren zahlenmäßigen Zenit.

In der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts war zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde zeitweise ein jüdischer Lehrer am Ort. Bemühungen, für die in den Orten Simmern, Seesbach und Martinstein lebenden jüdischen Familien eine gemeinsame jüdische Elementarschule einzurichten, waren nicht erfolgreich. Nach 1850 wurden die wenigen Kinder aus Simmern von einem auswärtigen Lehrer unterrichtet.

Eine autonome Gemeinde bestand hier bis ins Jahr 1924. Die drei letzten jüdischen Bewohner wurden in den Kriegsjahren deportiert.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ...“ wurden fünf aus Simmern und zwei aus Martinstein stammende jüdische Bewohner Opfer der Shoa (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/simmertal_synagoge.htm).

Auf dem alten Friedhofsgelände findet man heute nur noch wenige Grabstein-/Sockelreste, die weit verstreut liegen. Der jüngere, um 1880 angelegte Begräbnisplatz weist noch ca. 20 Grabsteine auf.

Teilansicht des jüngeren Friedhofs (Aufn. Otmar Frühauf, 2008)   http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20166/Simmertal%20Friedhof%20153.jpg

 

 

In Seesbach - heute Teil der Verbandsgemeinde Bad Sobernheim - lebten im 18./19.Jahrhundert nur wenige jüdische Familie; zur Bildung einer Gemeinde kam es hier nicht. Die jüdischen Bewohner wanderten zumeist im Laufe der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts von hier ab. Ein jüdischer Friedhof wurde in Seesbach (am nördlichen Ortsrand) vermutlich um 1800 angelegt; der älteste datierbare Stein stammt von 1802.

Jüdischer Friedhof in Seesbach (Aufn. Otmar Frühauf, 2009) http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20199/Seesbach%20Friedhof%20176.jpg

 

 

 

Weitere Informationen:

Hartmut Lempert, Das Schicksal der Juden im Kreis Bad Kreuznach in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts, in: "Heimatkundliche Schriftenreihe des Landkreises Bad Kreuznach", Bad Kreuznach 1985

Werner Bohr, Ehemalige Juden in Simmern unter Dhaun, jetzt Simmertal, Maschinenmanuskript 1987

Edgar Mais, Die Verfolgung der Juden in den Landkreisen Bad Kreuznach und Birkenfeld 1933 - 1945. Eine Dokumentation, in: "Heimatkundliche Schriftenreihe des Landkreises Bad Kreuznach", Band 24, Bad Kreuznach 1988

Kreisverwaltung Bad Kreuznach (Hrg.), Die jüdischen Synagogen im Landkreis Bad Kreuznach, Bad Kreuznach 1988, S. 34

J.Füllmann/W.Vogt, Merxheim - Aus der Geschichte eines Dorfes an der mittleren Nahe, Merxheim 1992, S. 11 f.

Roland Flade, Chronik der jüdischen Familie Loeb aus Simmern unter Dhaun, in: "SACHOR. Beiträge zur jüdischen Geschichte in Rheinland-Pfalz", 3. Jg., Ausgabe 1/1993, Heft Nr. 4, S. 42 - 45

Dokumentation: Jüdische Grabstätten im Kreis Bad Kreuznach. Geschichte und Gestaltung, in: "Heimatkundliche Schriftenreihe des Landkreises Bad Kreuznach", Band 28, 1995, S. 297 - 304 (Meddersheim), S. 333 - 348 (Merxheim), S. 391 - 398 (Seesbach) und 411 - 426 (Simmern/Simmertal)

Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels “. Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 265 (Meddersheim), S. 270/271 und 345 (Simmern unter Dhaun)

Merxheim, in: alemannia-judaica.de (mit Aufnahmen der Grabsteine des jüdischen Friedhofs)

Meddersheim, in: alemannia-judaica.de (mit Aufnahmen der Grabsteine des jüdischen Friedhofs)

Simmern (Simmertal), in: alemannia-judaica.de (mit Aufnahmen vom jüngeren jüdischen Friedhof)

Seesbach, in: alemannia-judaica.de (mit Aufnahmen vom jüdischen Friedhof)

Bernd Hey (Red.), Eine Mahnung zur Wachsamkeit: Stolpersteine in Merxheim verlegt, in: „Oeffentlicher Anzeiger“ vom 10.9.2022