Mansbach/Rhön (Hessen)

Datei:Kurhessen Kr Hersfeld.png – Wikipedia Datei:Hohenroda in HEF.svg Mansbach in der Rhön mit derzeit ca. 1.100 Einwohnern bildet seit 1971 einen Ortsteil der Großgemeinde von Hohenroda; es gehörte vor der Gebietsreform zum Kreis Hünfeld, heute zum hessischen Kreis Hersfeld-Rotenburg. Mansbach liegt ca. 25 Kilometer südöstlich von Bad Hersfeld unmittelbar an der Grenze zu Thüringen (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905 ohne Eintrag von Mansbach, aus: wikipedia.org, gemeinfrei  und  Kartenskizze 'Kreis Hersfeld-Rotenburg', NNW 2008, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Nach Rhina beherbergte Mansbach zeitweise die größte jüdische Gemeinde im Altkreis Hünfeld; gegen Mitte des 19.Jahrhunderts war jeder 5. Dorfbewohner mosaischen Glaubens.

Erste Hinweise auf jüdisches Leben im Dorfe Mansbach reichen bis ins 16.Jahrhundert zurück; so sind seit 1571 hier sich aufhaltende Juden namentlich bekannt. Im Gebiet des zur ehemaligen Ritterschaft gehörenden Mansbach lebten ab Mitte des 17.Jahrhunderts relativ viele jüdische Familien; sie waren von den adligen Geschlechtern von Mansbach und von Geyso aufgenommen worden, die sich wirtschaftliche Vorteile von der Anwesenheit der Juden versprachen. Neben den an die Patrimonialherren zu zahlenden Schutzgelder mussten die Mansbacher Juden auch noch Abgaben in Form von Naturalien an die hiesige evangelische Kirchengemeinde leisten: Jedes Jahr zu Michaelis hatte jeder „beweibte Jude“ seinen Anteil im Pfarrhaus abzuliefern - eine Gans und ein Pfund Gewürze. Konnte der einzelne die Sachleistungen nicht erbringen, war auch eine Bezahlung mit einem Thaler möglich. Die hier lebenden Juden waren deutlichen Reglementierungen unterworfen; so durften sie z.B. an Sonn- und Feiertagen nicht über die Felder laufen oder mit christlichen Bewohnern Geschäfte tätigen; während der christlichen Gottesdienste mussten sie die Nähe der Kirche meiden und sich von öffentlichen Straßen fernhalten.

Die jüdischen Familien lebten in einem Viertel östlich des Ortszentrums in der Judengasse, der späteren Oststraße. Zu Beginn des 19.Jahrhunderts übte mehr als die Hälfte der jüdischen Haushalte den Handel mit Fellen aus; daneben gab es auch Viehhändler, Metzger und Kramwarenhändler.

Die kleine Synagoge der Mansbacher Judenschaft lag in der Hauptstraße. In dem seit 1717 genutzten Gebäude – die Synagoge besaß ca. 40 Plätze und eine Frauenempore – befand sich auch ein rituelles Bad. Ab Mitte des 19.Jahrhunderts bis in die 1920er Jahre existierte im Dorf eine israelitische Elementarschule. Zur Besorgung religiöser Aufgaben war seitens der Gemeinde ein Lehrer angestellt.

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Kleinanzeigen aus der Zeitschrift: „Der Israelit“  vom 17.12.1894 , 6.10.1902 und 7.9.1911

Wenige hundert Meter östlich von Mansbach (in der Flur „Im Siffig“) lag der jüdische Friedhof. Auf dem ca. 3.000 m² großen Areal wurden bis ca. 1870 auch verstorbene Juden aus Schenklengsfeld beerdigt.

Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Fulda.

Juden in Mansbach:

         --- 1823 ........................ 290 Juden,

    --- 1835 ........................ 204   “  ,

    --- 1858 ........................ 208   “  (in 42 Familien, ca. 21% d. Bev.),

    --- 1861 ........................ 199   “  (ca. 21% d. Bevölk.),

    --- 1875 ........................ 148   “  ,

    --- 1885 ........................ 122   “  (ca. 15% d. Bevölk.)

    --- 1893 ........................  94   “  ,

    --- 1905 ........................  92   “  (ca. 12% d. Bevölk.),

    --- 1910 ........................  63   “  ,

    --- 1924 ........................  50   "  ,

    --- um 1933 .....................  35   “  (in 11 Familien),

    --- 1936 ........................  25   “  ,

    --- 1939 ........................   8   “  ,

    --- 1942 ........................   2   “  .

Angaben aus: Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Bd. 2, S. 47

und                 Elisabeth Sternberg-Siebert, Jüdisches Leben im Hünfelder Land: Juden in Burghaun, S. 23

 

Die Mansbacher Juden verdienten zu Beginn des 20.Jahrhunderts ihren Lebensunterhalt mehrheitlich im Viehhandel und als Makler; knapp 20 Familien fanden um 1910/1920 ihr Auskommen allein als Vieh- und Textilhändler. Mehrere Familien hatten am Ort Geschäfte des täglichen Bedarfs eröffnet.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20145/Mansbach%20Israelit%2028121893.jpg http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20190/Mansbach%20Israelit%2008111900.jpg gewerbliche Anzeigen 1893 bzw. 1900

Gegen Ende des 19.Jahrhunderts waren bereits vermehrt Juden aus Mansbach aus- und abgewandert. Zu Beginn der 1930er Jahre lebten im Dorf noch zwölf Familien israelitischen Glaubens. Zu Gewalttätigkeiten gegenüber jüdischen Dorfbewohnern kam es im Herbst 1935. Danach verließen nun fast alle jüdischen Bewohner ihr Dorf, zunächst in Richtung Fulda; von dort bereiteten die meisten ihre Emigration vor. Dass das Synagogengebäude während des Novemberpogroms von 1938 nicht in Flammen aufging, lag wohl daran, dass in unmittelbarer Nähe leichtbrennbare Schuppen und Häuser standen. Nach Kriegsende diente das Synagogengebäude zeitweilig als Werkstatt eines Tischlereibetriebes. Die letzten jüdischen Bewohner wurden 1941/1942 nach Riga bzw. Theresienstadt deportiert.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem wurden nachweislich 35 gebürtige bzw. über einen längeren Zeitraum hinweg in Mansbach wohnhaft gewesene Juden Opfer des Holocaust (namentliche Nennung der Opfer siehe: alemannia-judaica.de/mansbach_synagoge.htm).

 

Die während der NS-Zeit „verschwundenen“ Grabsteine des jüdischen Friedhofs tauchten nach Kriegsende wieder auf; sie wurden dann wieder auf ihrem alten Platz aufgestellt. Das östlich der Ortschaft gelegene Friedhofsgelände mit seinen ca. 95 in fünf Reihen angeordneten Grabsteinen befindet sich im Eigentum der Kommune und wird auch von dieser gepflegt.

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Jüdisches Friedhofsgelände in Mansbach (Aufn. J. Hahn, 2009)

In den 1970er Jahren wurde das ehemalige Synagogengebäude abgerissen. Eine an dessen Standort seit langen schon geplante Anbringung einer Gedenktafel (oder Errichtung eines Gedenksteins) scheint bis auf den heutigen Tag nicht realisiert worden zu sein.

                               Ehem. Synagogengebäude (Aufn. aus: P. Arnsberg, vor 1970)

 

 

 

Weitere Informationen:

Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Societäts-Verlag, Frankfurt/M. 1971, Bd. 2, S. 47 f.

Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder - Dokumente, Eduard Roether Verlag, Darmstadt 1973, S. 145

Adolf Gebauer, Die Juden in Mansbach, aus: Chronik Mansbach-Oberbreitzbach, 1971, S. 14/15

Adolf Gebauer, Die jüdischen Bürger von Mansbach, in: "Mein Heimatland", No.4/1979

Karl Honikel, Der jüdische Friedhof von Mansbach, in: Barbara Händler-Lachmann (Hrg.), kultur geschichte - historische Stätten, Denkmäler, vergessene Orte und Museen im Kreis Hersfeld-Rotenburg, S. 166/167

Elisabeth Sternberg-Siebert, Jüdisches Leben im Hünfelder Land: Juden in Burghaun, Michael Imhof Verlag, Petersberg 2001, S. 23 f. und S. 249

Thea Altaras, Synagogen und jüdische Rituelle Tauchbäder in Hessen – Was geschah seit 1945?, Königstein im Taunus, 2007, S. 129/130

Mansbach, in: alemannia-judaica.de (mit zahlreichen zumeist personenbezogenen Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Miriam Hahn, Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Mansbach unter besonderer Berücksichtigung der nationalsozialistischen Diktatur, Hausarbeit, Hohenroda Ausbach 2007 (als PDF-Datei abrufbar unter: hassia-judaica.de/Orte/Hohenroda-Mansbach/Geschichte_der_jued_Gemeinde/Mansbach)

Elisabeth Sternberg-Siebert, Auf den Spuren jüdischen Lebens im Hünfelder Land, online unter: juedspurenhuenfelderland.de/die-jüdischen-gemeinden/mansbach/

Michael Imhof, Juden in der Rhön. Jubiläumsausgabe – 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland, Hrg. Zukunft Bildung Region Fulda e.V., 2021