Lomnitz (Mähren)

 Jüdische Gemeinde - Brünn (Mähren) Datei:Map CZ - district Brno-venkov.PNG – Wikipedia Das nördlich von Brünn gelegenen Lomnitz ist das heutige tsch. Lomnice u Tisnova mit derzeit ca. 1.400 Einwohnern; die nächste etwas größere Ortschaft ist das sieben Kilometer entfernte Tischnowitz/Tišnov (Ausschnitt aus hist. Landkarte, aus: europe1900.eu  und Kartenskizze 'Tschechien' mit Lage von Brno/Lomnice u Tisnova rot markiert).

Lomnitz - Stich von 1815 (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

 

In den ersten Jahrzehnten des 19.Jahrhunderts machten die Angehörigen der israelitischen Gemeinde mit ca. 600 Persomnen etwa ein Drittel der Dorfbevölkerung aus.

Aus dem Jahre 1673 datiert ein Handelsprivileg, das Juden in Lomnitz besessen haben. Jüdische Ansässigkeit soll gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges hier begonnen haben; eine Gemeinde bildete sich aber erst nach 1700. Spätestens seit der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts wohnten in der Ortschaft Lomnitz relativ viele Juden. Die zu Beginn des 19.Jahrhunderts ansässigen fast 100 jüdischen Familien stellten damals mehr als 30% (!) der gesamten Bevölkerung. Ein wichtiger Erwerbszweig der jüdischen Familien war die Wollverarbeitung und der damit verbundene Handel.

Das "Judenviertel" - nördlich des Stadtkerns gelegen - besaß einen quadratischen Dorfplatz, um den sich ca. 35 Häuser gruppierten.

Das bis heute erhaltene, im Stile des Spätbarock gestaltete Synagogengebäude war Anfang der 1790er Jahre erstellt worden und ersetzte ein älteres hölzernes Bethaus; die aufwändige Innenausstattung des Gebäudes stammt aber aus späterer Zeit.

                       

           Synagoge in Lomnitz (links: hist. Aufn.  -   rechts: restauriertes Gebäude, aus: frypat.blog.cz, 2012)

Die jüdischen Kinder erhielten ihren Elementarunterricht durch einen staatlichen Lehrer in deutscher Sprache; für die religiöse Unterweisung hatten die Eltern Sorge zu tragen.

Das nördlich der Stadt gelegene Beerdigungsgelände stammt vermutlich aus der zweiten Hälfte des 17.Jahrhunderts; der Friedhof birgt sehenswerte barocke und klassizistische Grabmale; der älteste vorhandene Grabstein datiert von 1716.

Bis gegen Ende des Ersten Weltkrieges war Lomnitz Sitz eines Rabbinats.

Juden in Lomnitz:

    --- um 1800 ........................ ca.   80 jüdische Familien,

    --- 1830 ........................... ca.  600 Juden (ca. 30% d. Bevölk.),

    --- 1848 ...............................  306   “  ,

    --- 1880 ........................... ca.  200   “  ,

    --- 1900 ...............................   88   “  ,

    --- 1930 ...............................   30   “  .

Angaben aus: Hugo Gold, Geschichte der Juden in Lomnitz

File:Historická lomnice.JPGOrtszentrum von Lomnitz (hist. Aufn., 1907)

 

Lomnitzer Juden hatten auch kommunale Ämter inne; so übte z.B. Isaak Schiller lange Jahre das Amt des Bürgermeisters aus. Nach Ende des Ersten Weltkrieges erlosch die politische Judengemeinde.

Letzter langjähriger Rabbiner in Lomnitz war Dr. Simon Wolfson (geb. 1839 in Thorn), der von 1887 bis zu seinem Tode (1919) hier amtierte. Nach seinem Ableben wurde das Lominitzer Rabbineramt nicht mehr besetzt.

Mitte der 1920er Jahre löste sich die einst große jüdische Gemeinde auf; die noch wenigen verbliebenen Familien schlossen sich der Brünner Kultusgemeinde an. Doch bis Anfang der 1930er Jahre sollen Gottesdienste in der Lomnitzer Synagoge stattgefunden haben.

 

Das mehr als 200 Jahre alte Synagogengebäude wurde umfassend renoviert und dient seit 1997 als Kulturhaus. Bei der Eröffnung wurde an der Außenfassade eine Gedenktafel angebracht, die den Opfern der NS-Herrschaft gewidmet ist.

Lomnice-synagoga2012f.jpg Gedenktafel (Aufn. Ben Skála, 2012, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

Der „Verschönerungsverein“ Lomnice initiierte die Verlegung von sog. „Stolpersteinen“, die ersten wurden 2011 ins Gehwegpflaster eingefügt; mittlerweile gibt es ca. zehn Steine.

                           Stolperstein für Otto Liebesny 2.JPGStolperstein für Marketa Liebesna 2.JPGStolperstein für Lilly Luisa Libesna.JPG alle Aufn. Chr. Michelides, 2015, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0

                                         File:Stolpersteine in Lomnice.JPGvier  weitere "Stolpersteine" in Lomnice

Auch der großflächige Friedhof mit seinen etwa 1.000 Grabsteinen/-relikten und der Zeremonienhalle konnte dank einer Initiative ausländischer jugendlicher Helfer ansprechend restauriert werden; in der Friedhofshalle ist eine Ausstellung zur Geschichte der jüdischen Gemeinde von Lomnitz untergebracht.

Lomnice-židovský-hřbitov2012zp.jpgLomnice-židovský-hřbitov2012z.jpg

Jüdischer Friedhof in Lomnice (Aufn. Ben Skála, 2012, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

Lomnice, židovský hřbitov Lomnice, židovský hřbitov

Impressionen vom jüdischen Friedhof (Aufn. aus: alena.ilcik.cz)

 

 

Weitere Informationen:

Hugo Gold (Bearb.), Geschichte der Juden in Lomnitz, in: Hugo Gold (Hrg.), Die Juden und Judengemeinden Mährens in Vergangenheit und Gegenwart, Jüdischer Verlag, Brünn 1929, S. 307 - 317

Hugo Gold, Gedenkbuch der untergegangenen Judengemeinden Mährens, Olamenu-Verlag, Tel Aviv 1974, S. 77/78

Dorothea McEwan, Jüdisches Leben im mährischen Ghetto: Eine Skizzierung der Stetl-Geschichte von Lomnitz bis 1848, in: "Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung", 99/1991, Heft 1/2, S. 83 - 145

Vratislav Grohlich, Židé v Lomnici u Tišnova, in: Židé a Morava, 1995, S. 30 – 34

Jana Vojtová, Židé v Lomnici. Lomnice: Obec Lomnice, 2000

Stolpersteine in Lomnice, in: oslomnice.cz (englische Fassung)

Auflistung der in Lomnice u Tišnova verlegten Stpolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Lomnice_u_Tišnova

Jewish Families from Lomnice (Lomnitz), Moravia, Czech Republic, online abrufbar unter: geni.com/projects/Jewish-Families-from-Lomnice-Lomnitz-Moravia-Czech-Republic/12453