Laer (Nordrhein-Westfalen)

Datei:Laer in ST.svg Firmen in Laer, Kreis SteinfurtLaer ist eine Kommune mit derzeit ca. 6.700 Einwohnern im Kreis Steinfurt; sie liegt ca. 25 Kilometer nordwestlich von Münster (Kartenskizze 'Kreis Steinfurt', TUBS 2008, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Im ersten Jahrzehnt des 19.Jahrhunderts ließen sich die ersten jüdischen Familien im münsterländischen Laer - nahe Steinfurt - nieder; deren Anzahl blieb stets klein. Ihren Lebensunterhalt verdienten die Laerer Juden als Metzger und Hausierer. Ihr Handel erstreckte sich dabei „auf alles, was nur vorkömmt und zum Einkaufe kann denselben alles dienen; der Handel mit Pferden und Horn-Vieh wird gewöhnlich von allen ... betrieben”. Gegen Mitte des 19.Jahrhunderts zeichneten sich die wenigen jüdischen Familien durch ihren Kinderreichtum aus; so sollen diese durchschnittlich zehn Kinder gehabt haben.

Nachdem die Darfelder Juden gemeinsame Gottesdienste mit den Laerer Juden abhielten - zunächst in einem angemieteten Privatraume -, begannen Planungen für den Bau einer eigenen Synagoge; dieses zweigeschossige Gebäude, das sich kaum von den umstehenden Häusern unterschied, wurde Mitte der 1840er Jahre fertiggestellt und befand sich nahe der katholischen Kirche, heute Kamp 15. Eine eigene jüdische Privatschule wurde Anfang der 1870er Jahre eingerichtet; sie bestand aber nur ca. 15 Jahre; als es 1886 nur noch drei schulpflichtige Kinder gab, wurde der Unterricht eingestellt.

Ihre verstorbenen Gemeindemitglieder begruben die Laerer Juden zunächst auf einem kleinen Areal an der Borghorster Straße; nach dessen Auflassung bestand seit ca. 1845 ein Friedhof an der Horstmarer Straße. Ab Mitte der 1920er Jahre fanden die letzten Begräbnisse auf dem neu angelegten kommunalen Friedhof statt.

Die Juden Laers waren als Filialgemeinde der Hauptsynagogengemeinde Burgsteinfurt zugeordnet.

Juden in Laer:

         --- 1803 ........................... eine jüdische Familie,

    --- 1818 ...........................   4     “         “ n,

    --- um 1850 ........................   8     “         “  ,    

--- 1871 ...........................  43 Juden,

--- 1885 ...........................  34   "  ,

    --- 1895 ...........................  32   “  ,

--- 1905 ...........................  26   “  ,

--- 1925 ...........................  13   “  ,

--- 1933 ...........................  13   "  ,

--- 1939 ...........................  17   “  .

Angaben aus: Willi Feld, Synagogen im Kreis Steinfurt. Geschichte, Zerstörung, Gedenken, S. 27 - 30

und                 Diethard Aschoff (Bearb.), Laer, in: Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen , S. 446

 

Nach der Dezimierung der Gemeindeangehörigen durch Ab- und Auswanderung wurde die Laerer Synagoge seit ca. 1890/1900 nur noch in seltenen Fällen genutzt, da ein Minjan kaum noch zustande kam, seit 1920 dann überhaupt nicht mehr.

Der Wegzug der jüngeren Familien leitete das Ende der jüdischen Gemeinschaft in Laer ein, die Gemeinde überalterte zusehends. Der letzte jüdische Viehhändler im Ort war Max Heimbach, der noch bis Ende September 1938 sein Geschäft betrieb. Wenige Monate vor dem Novemberpogrom von 1938 ging das inzwischen stark verfallene Synagogengebäude in Privathand über; der Erwerber nutzte das Haus zu Wohnzwecken. Die letzten vier hochbetagten jüdischen Bewohner Laers wurden Ende Juli 1942 ins „Altersghetto“ nach Theresienstadt deportiert; keiner kehrte zurück.

 

Auf dem jüdischen Friedhof in der Horstmarer Straße, der von 1845 bis 1925 belegt und in der NS-Zeit eingeebnet wurde - erinnert seit Mitte der 1970er Jahre ein Gedenkstein mit den Worten:

Der Ort, auf dem du stehst, ist heiliger Boden.

JÜDISCHER FRIEDHOF

Gedenket der jüdischen Opfer der Jahre 1933 - 1945

Ihre Seelen seien eingebunden in den Bund der Lebenden

Auf dem zuletzt benutzten jüdischen Begräbnisgelände (Teil des kommunalen Friedhofs) steht ein Stein mit der Inschrift: „Zum Gedenken unserer in fremder Erde ruhenden Louis Heimbach und Kinder Martha, Sophie, Else, Hermann und Karl. Ruhet in Frieden.“

Auf dem südlich der heutigen Borghorster Straße liegenden alten jüdischen Friedhofsgelände, das von ca. 1830 bis Mitte des 19. Jahrhunderts belegt wurde, gibt es keine Grabsteine mehr

Nach einstimmigen Beschluss der Kommunalvertreter wurden 2023 in der Kommune Laer die ersten neun sog. "Stolpersteine" (in der Pohlstraße) verlegt; sie erinnern an Angehörige jüdischer Familien, die 1941 nach Riga deportiert worden waren.

 

 

 

Weitere Informationen:

Klaus Schwinger, Laer - Holthausen. Geschichte der Gemeinde im 19. und frühen 20.Jahrhundert, Laer 1988

Elfi Pracht-Jörns, Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen, Reg.bezirk Münster, J.P.Bachem Verlag, Köln 2002, S. 366 und S. 418

Willi Feld, Synagogen im Kreis Steinfurt. Geschichte, Zerstörung, Gedenken, Hrg. Kreis Steinfurt, 2004, S. 27 – 30

Heide Sobotka, Von Laer in alle Welt. Schicksale münsterländischer Juden erzählt am Beispiel einer Kleingemeinde, in: "Jüdische Allgemeine" vom 19.4. 2007

Diethard Aschoff/Gisela Möllenhoff, Fünf Generationen Juden in Laer: Leben und Schicksal der Juden in einer westmünsterländischen Kleinstadt, Lit-Verlag, Berlin/Münster 2007

Diethard Aschoff (Bearb.), Laer, in: Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe. Die Ortschaften und Territorien im heutigen Regierungsbezirk Münster, Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen XLV, Ardey-Verlag, München 2008, S. 439 - 450

Sabine Niestert (Red.), Arbeitskreis soll sich mit der Verlegung von Stolpersteinen in Laer befassen. Mahnung im Straßenpflaster, in: „Münstersche Zeitung“ vom 14.10.2021

N.N. (Red:) ,Stolpersteine werden in 2023 verlegt, in: „Westfälische Nachrichten“ vom 8.11.2022

Jens T. Schmidt (Red.), Erinnerung an NS-Opfer wachhalten, in: „Westfälische Nachrichten“ vom 3.3.2023

N.N. (Red.), Stolpersteine erinnern an NS-Opfer in Laer, in: „Westfälische Nachrichten“ vom 19.10.2023