Hilden (Nordrhein-Westfalen)

Jüdische Gemeinde - Wuppertal - Elberfeld u. Barmen (Nordrhein-Westfalen)Datei:Hilden in ME.svg Hilden ist derzeit eine von ca. 55.000 Menschen bewohnte Stadt im südlichen Teil des Kreises Mettmann im Regierungsbezirk Düsseldorf (topografische Karte 'Ruhrgebiet' von 1940, aus: genwiki.genealogy.net/Ruhrgebiet  und  Kartenskizze 'Kreis Mettmann', TUBS 2008, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

                 Dorf Hilden um 1840 - Lithographie (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

 

Die Zahl der jüdischen Bewohner in Hilden war stets sehr gering. Erste urkundliche Hinweise liegen aus den Jahren um 1820/1830 vor; danach sollen sich wenige jüdische Bewohner zeitweilig in der Bürgermeisterei Hilden aufgehalten haben. Erst ab den 1860er Jahren gibt es wieder Belege über dauerhafte jüdische Ansiedlungen in der Bürgermeisterei. Im ersten Jahrzehnt des 20.Jahrhunderts erreichte die Hildener Judenschaft mit knapp 60 Personen ihren zahlenmäßig höchsten Stand.

Der kleine jüdische Friedhof in Garath-Urdenbach diente den Hildener Juden als Begräbnisstätte; auf dem Gelände wurden auch Verstorbene aus Benrath und Himmelgeist beerdigt. Genutzt wurde das Beerdigungsgelände von ca. 1885 bis Anfang der 1920er Jahre.

Juden in Hilden:

         --- 1828 ........................   6 Juden,

    --- 1840/60 .....................  keine,

    --- 1861 ........................  eine jüdische Familie,

    --- 1867 ........................  23 Juden,

    --- 1882 ........................  14   “  ,

    --- um 1900 .....................  30   “  ,

    --- 1910 ........................  57   “  ,

    --- 1933 ........................  54   “  ,

    --- 1936 ........................  42   “  ,

    --- 1938 (Dez.) .................  26   “  ,

    --- 1939 (Mai) ..................  14   “  ,

    --- 1941 (Dez.) .................   2   “  ,

    --- 1942 (Jan.) .................   keine.

Angaben aus: Wolfgang Hain, Zur Geschichte der Juden in Hilden

                   Ak Hilden im Kreis Mettmann, Blick in die Mittelstraße 0 Mittelstraße in Hilden (hist. Karte, aus: oldthing.de)

 

In der kleinstädtischen Gesellschaft traten die wenigen jüdischen Einwohner kaum in Erscheinung. Zu Beginn der NS-Zeit waren ca. 50 Juden in Hilden wohnhaft. Wirtschaftliche Ausgrenzungsmaßnahmen bis hin zur Ausweisung im Okt. 1938 ließen die Zahl der jüdischen Bewohner deutlich zurückgehen; viele hatten ihre Geschäfte/ Unternehmen aufgeben müssen.

Gewalttätiger Höhepunkt der antijüdischen Maßnahmen in Hilden waren ohne Zweifel die Ausschreitungen während der „Kristallnacht“. Im Anschluss an die NS-Gedenkveranstaltung „zu Ehren der Märtyrer des 9.November 1923“ zogen mehrere Trupps von SS- und SA-Angehörigen durch die Kleinstadt, brachen in von Juden bewohnten Häusern ein und zertrümmerten das Mobiliar. Bei den Übergriffen kamen sieben (!) jüdische Bewohner zu Tode. Im „Rheinischen Volksblatt” vom 11.11.1938 wurde der Leser wie folgt informiert:

Protestaktionen gegen die Juden

In ganz Deutschland hat das Attentat des jüdischen Mordbuben Grünspan auf den deutschen Botschaftsrat vom Rath in Paris eine große Erregung und Verbitterung hervorgerufen. ... Es kam in der vorvergangenen Nacht zu Aktionen gegen die hiesigen jüdischen Geschäfte, deren Schaufensterscheiben zertrümmert wurden. Auch Zerstörungen in den Wohnungen waren Ausdruck der berechtigten Erregung gegen den jüdischen Meuchelmord. In der Mittagspause kam es zu Demonstrationen gegen die Juden auf dem Marktplatz. Die Gefolgschaft der Stadtverwaltung protestierte in einem Betriebsappell gegen die neue freche Tat des internationalen Judentums. Es sprachen hierbei der Bürgermeister und der Betriebsobmann Schneider.

Im Januar 1942 gab der Bürgermeister der Stadt Hilden in einer Ratssitzung bekannt, dass „Hilden seit dem 31.Dezember v. J. judenfrei” sei. Während es den meisten noch gelang zu emigrieren, wurden die letzten jüdischen Bewohner im November/Dezember 1941 deportiert. Mindestens elf Hildener Juden wurden nachweislich Opfer des Holocaust.

In den Jahren 1948/50 fanden Gerichtsverfahren statt, die die Ausschreitungen beim Novemberpogrom in Hilden verhandelten. Einer der Haupttäter wurde „wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit in Tateinheit mit Totschlag“ zu einer lebenslangen Zuchthausstrafe verurteilt; weitere neun Angeklagte erhielten kurze Haftstrafen.

 

Eine an einem Findling angebrachte Gedenktafel am Stadtpark erinnert seit November 1980 mit folgenden Worten an die Opfer des NS-Regimes:

Den gemordeten jüdischen Bürgern, den antifaschistischen Widerstandskämpfern,

den wegen ihres Glaubens von 1939 bis 1945 Verfolgten zum Gedenken, den Lebenden zur Mahnung.

Stadt Hilden

Seit 2004 werden - auf Initiative eines Arbeitskreises - in Hilden sog. „Stolpersteine“ verlegt; inzwischen sind im Stadtgebiet ca. 50 dieser in die Gehwege eingelassenen Erinnerungssteine zu finden, die an Menschen erinnern, die Opfer der NS-Gewaltherrschaft geworden sind (Stand 2022).

Stolperstein Karl Herz Hilden.jpgStolperstein Liselotte Herz Hilden.jpgStolperstein Otto Herz Hilden.jpgStolperstein Manfred Herz Hilden.jpg verlegt in der Mittelstraße

... und in der Benrather Straße Stolperstein Ernst Willner Hilden.jpgStolperstein Eugenie Willner Hilden.jpg (alle Abb. K., 2016, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

  Stolperstein Hendrika Grüter Hilden.jpgStolperstein Siegmund Sommer Hilden.jpgStolperstein Nathan Meyer Hilden.jpgStolperstein Minna Meyer Hilden.jpg verlegt in der Gerresheimer Straße

Ein von der Berliner Künstlerin Franziska Peter geschaffenes Kunstwerk mit dem Titel „Heller Schatten“ soll die Erinnerung an die NS-Opfer wachhalten; das Gedenkzeichen - ein gläserner, lebensgroßer Umriss eines menschlichen Körpers -  wurde 2020 eingeweiht und befindet sich gegenüber dem Neanderthal-Museum.

        Gedenkzeichen "Heller Schatten" (Aufn. erkrath.jetzt/)

 

Jüdischer Friedhof in Garath: Bild: W.D.Sauer Der 17 Grabsteine aufweisende Friedhof in Garath - er ist mit ca. 280 m²  der kleinste der noch vorhandenen Düsseldorfer jüdischen Friedhöfe - wurde im Jahre 2009 schwer geschändet: Grabsteine wurden umgeworfen, einige davon total zerstört (Aufn. Wolfgang D. Sauer).

 

 

 

Weitere Informationen:

Curt Manfred Franke, Mordverläufe. 9./10.11. 1938. Ein Protokoll von der Angst, von Mißhandlung und Tod, vom Auffinden der Spuren und deren Wiederentdeckung, Darmstadt 1973

Wolfgang Hain, Zur Geschichte der Juden in Hilden, in: "Hildener Jahrbuch 1979, Neue Folge", Band II, S. 75 – 150

Gerd Müller, Nationalsozialismus in Hilden 1918 – 1945, o.J.

Arbeitskreis Stolpersteine (Hrg.), Steine gegen das Vergessen. Stolpersteine in Hilden (Broschüre), 2008

Ilka Platzek (Red.), Historiker schildert Hildener Pogrome, in: RP-online vom 22.11.2012

Reichspogromnacht: „In einem solchen Zustand kann man nicht leben“, in: Spiegel.online vom 8.11.2013

Stolpersteine in Hilden (Red.), Steine gegen das Vergessen. Stolpersteine in Hilden, 2. Aufl. Hilden 2013

Auflistung der in Hilden verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Hilden

Ilka Platzek (Red.), Sterngang erinnert an die Opfer der Nazizeit, in: RP-online vom 9.11.2016

Wolfgang D. Sauer (Bearb.), Der jüdische Friedhof in Garath-Nordwest, aus: "Stadtteilportal des Düsseldorfer Südens", 2019/20 (online abrufbar unter: garath-online.de/unser-stadtteil)

Bea Poliwoda (Red.), Gedenkzeichen eingeweiht, in: „Wochen-Anzeiger“ vom 24.8.2020

Joachim Schulz-Hönerlage (Bearb.), Verfolgt – ausgebeutet – ermordet. Das Neanderthal als Schauplatz nationalsozialistischer Verbrechen, hrg. vom Kreis Mettmann, 2021

N.N. (Red.), Gedenkbuch erinnert an Opfer des Nationalsozialismus, in: RP-online vom 9.5.2021

Ralph Matzerath (Red.), 48 Stolpersteine erinnern in Hilden an NS-Opfer, in: RP-online.de vom 8.11.2021