Eberstadt (Baden-Württemberg)

Physische Karte des Baulands Naturraum Nr. 128 (braun umrandet)Datei:Buchen (Odenwald) in MOS.svg Eberstadt ist seit 1975 ein Ortsteil der Stadt Buchen im Neckar-Odenwald-Kreis - ca. 50 Kilometer nördlich von Heilbronn gelegen (topografische Karte des Baulandes mit Eintrag von Buchen, K. Jähne, 2009, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und  Kartenskizze 'Neckar-Odenwald-Kreis', Hagar 2010, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Im 18.Jahrhundert waren bereits relativ viele jüdische Familien in Eberstadt ansässig; sie waren Schutzjuden der reichsritterschaftlichen Familie Rüdt von Collenberg. Gegen Mitte des 19.Jahrhunderts begann die Zahl der jüdischen Bewohner stetig zu sinken. Die kleine israelitische Gemeinschaft verfügte über eine Synagoge, die mitten im Ort neben dem „Gasthaus Krone“ stand.

 Ehem. Synagogengebäude (Aufn. Hundsnurscher/Taddey, um 1965) http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2016/Eberstadt%20Synagoge%20005.jpg

Im 19. Jahrhundert besaß die Gemeinde zeitweise einen eigenen jüdischer Lehrer, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20346/Eberstadt%20Amtsblatt%20Seekreis%2029071846.jpg Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 29.7.1846

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden dann die schulpflichtigen jüdischen Kinder von einem Lehrer aus Bödigheim unterrichtet.

Da kein eigenes Bestattungsgelände zur Verfügung stand, begrub man die Verstorbenen auf dem großen jüdischen Verbandsfriedhof in Bödigheim.

Seit 1827 war die jüdische Gemeinde Eberstadt dem Rabbinatsbezirk Merchingen zugehörig; ab Ende des 19.Jahrhunderts waren dann die Juden Eberstadts der Kultusgemeinde Bödigheim angeschlossen.

Juden in Eberstadt:

         --- 1825 ............................  95 Juden (ca. 16% d. Bevölk.),

    --- 1836 ............................ 112   “  ,

    --- 1875 ............................  46   “  ,

    --- 1900 ............................  30   “  ,

    --- 1925 ............................  18   “  ,

    --- 1933 ............................  12   “  ,

    --- 1940 ............................   4   “  .

Angaben aus: F.Hundsnurscher/G.Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden, S. 69

Bis Anfang der 1930er Jahre bestehende Handels- und Gewerbebetriebe jüdischer Eigentümer sind zu nennen: Schankwirtschaft "Linde" Moses Lehmann (Rathausstraße), Branntweinbrennerei und –handlung mit Landwirtschaft Abraham Steinhardt (Dorfstraße), Kolonial- und Schuhwarengeschäft mit Landwirtschaft Emil Stern (im Synagogengebäude), Handelsmann Hirsch Stern (Rathausstraße), Gemischtwarenhandlung Susanna Stern und Handelsmann/Landwirt Josef Stern (Dorfstraße).

Mitte der 1930er Jahre befand sich die Gemeinde Eberstadt in Auflösung, da schon seit längerem kein Minjan mehr zustande kam; die wenigen Juden gehörten von nun an der Kultusgemeinde Buchen an.

                aus der Zeitschrift des "Central-Vereins" vom 1.4.1937

Das Synagogengebäude wurde alsbald veräußert und entging deshalb der Zerstörung. Während des Novemberpogroms wurden auf Befehl der NSDAP-Kreisleitung die wenigen noch im Ort lebenden jüdischen Bewohner festgenommen und im Spritzenhaus eingesperrt; eine Greisin (Susanna Stern), die sich dagegen wehrte, wurde vom NSDAP-Ortsgruppenleiter erschossen. Die letzten vier verbliebenen jüdischen Bewohner wurden Ende Oktober 1940 ins Internierungslager nach Gurs/Südfrankreich deportiert.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem wurden acht aus Eberstadt stammende Juden Opfer der NS-Gewaltherrschaft (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/eberstadt_synagoge.htm).

 

1953 wurde das ehemalige Synagogengebäude von der Kommune Eberstadt angekauft. Das Haus diente zunächst als Versammlungsraum, bis Mitte der 1990er Jahre als Lagerraum. Seit langem bestehende Planungen, das Gebäude zu renovieren und es anschließend als Studien- und Gedenkstätte zu nutzen, wurden nicht realisiert.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2027/Eberstadt%20Synagoge%20153.jpghttp://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2027/Eberstadt%20Synagoge%20152.jpg Ehem. Synagogengebäude (Aufn. J. Hahn, 2003)

Seit 2018 steht in einer kleinen Parkanlage ein Memorialstein, der an die Deportation nach Gurs (Okt. 1940) erinnern soll; dessen Doublette ist auch beim zentralen Deportationsmahnmal in Neckarzimmern - unter den bereits mehr als 120 hier vorhandenen „Objekten“ - zu finden.

Memorialstein Eberstadts (Aufn. Liane Merkle, 2018 und aus: mahnmal.neckarzimmern.de)

 

[vgl. Buchen (Baden-Württemberg)]

 

 

Weitere Informationen:

F.Hundsnurscher/G.Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden - Denkmale, Geschichte, Schicksale, Hrg. Archivdirektion Stuttgart, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1968, S. 69/70

Joachim Hahn, Erinnerungen und Zeugnisse jüdischer Geschichte in Baden-Württemberg, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988

Eberstadt (Stadt Buchen), in: alemannia-judaica.de (mit einigen Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Joachim Hahn/Jürgen Krüger, “Hier ist nichts anderes als Gottes Haus ...” Synagogen in Baden-Württemberg, Teilband 2: Orte und Einrichtungen, Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart 2007, S. 75/76

Rudolf Landauer/Reinhart Lochmann, Spuren jüdischen Lebens im Neckar-Odenwald-Kreis, hrg. vom Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis 2008

Liane Merkle (Red.), Gedenken in Eberstadt. Ein Stein erinnert an den Fanatismus der Nazis, in: „Rhein-Neckar-Zeitung“ vom 22.10.2018