Einartshausen (Hessen)

Kreis Hungen - WikiwandDatei:Mittelhessen Vogelsberg Sot.png Einartshausen ist mit derzeit kaum 500 Einwohnern ein Stadtteil von Schotten im Vogelsbergkreis - ca. 35 Kilometer östlich von Gießen (Ausschnitt aus hist. Karte ohne Eintrag von Einartshausen, aus: wikipedia.org, gemeinfrei  und  Kartenskizze 'Vogelsbergkreis', Andreas Trepte 2006, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 2.5).

 

Im Dörfchen Einartshausen existierte auch eine kleine jüdische Gemeinde, die aber zu keiner Zeit kaum mehr als zwölf Familien umfasste. Die ersten Juden müssen sich um 1700 hier angesiedelt haben; die Grundherrschaft Solms-Rödelheim erlaubte Juden, gegen geringe Schutzgelder im Dorfe zu wohnen; ihren Lebensunterhalt verdienten sie im wenig ertragbringenden Kleinhandel in der Vogelsberg-Region.

Bereits ab etwa 1750/1760 soll es in Einartshausen auch eine Synagoge gegeben haben.

Ehem. Synagogengebäude – Ausschnittsvergrößerung (Sammlung Claudia Merker)  http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20407/Einartshausen%20Synagoge%20020a.jpg

Bis um 1900 wurden die jüdischen Kinder von einem von der Gemeinde angestellten Lehrer unterrichtet; als deren Zahl zurückging, erteilte ein aus Schotten kommender Lehrer den Religionsunterricht.

Der hiesige, östlich des Dorfes liegende jüdische Friedhof dürfte bereits im beginnenden 18.Jahrhundert angelegt worden sein; eine Vergrößerung der Fläche erfolgte in den 1880er Jahren.

Die Gemeinde gehörte zum liberalen Provinzialrabbinat in Gießen.

Juden in Einartshausen:

--- um 1770 ................... ca. 12 jüdische Familien,

--- 1828 .......................... 52 Juden,

--- 1861 .......................... 69   “  ,

--- 1880 .......................... 51   “  (ca. 13% d. Bevölk.),

--- 1900 .......................... 40   “  ,

--- 1910 .......................... 28   “  ,

--- 1924 .......................... 16   “  (in 6 Familien),

--- 1933 ..........................  7   “  ,

--- 1940 ..........................  keine.

Angaben aus: Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Bd. 2, S. 283

 

Die jüdischen Familien lebten zumeist in recht einfachen Verhältnissen. Noch Anfang der 1930er Jahre wohnten einige jüdische Familien im Dorf.

Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge stark beschädigt; das Gebäude diente danach als Wirtschaftsgebäude und wurde in den 1960er Jahren abgerissen; das Gelände wurde anschließend überbaut.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem wurden 13 gebürtige bzw. länger am Ort lebende jüdische Personen deportiert und kamen gewaltsam ums Leben (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/einartshausen_synagoge.htm).

 

Am Standort der ehemaligen Synagoge erinnert seit 1999 eine Gedenktafel.

An drei Stellen im Dorf erinnern insgesamt sechs sog. „Stolpersteine“ an jüdische NS-Opfer - davon allein vier Steinquader „In der Ecke“, dem letzten Wohnsitz der Familie Brodreich.

Der jüdische Friedhof von Einartshausen, der in der NS-Zeit schwer geschändet worden war (Grabmale wurden zerstört), weist heute noch ca. 35 Grabsteine auf.

 

Jüdischer Friedhof von Einartshausen (Aufn. J. Hahn, 2008)

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20150/Einartshausen%20Friedhof%20155.jpg http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20Hessen02/Einartshausen%20Friedhof%20108.jpgteilzerstörte Grabsteine (Aufn. J. Hahn, 2008 und H. Hausmann, 2005)

 

 

Weitere Informationen:

Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Societäts-Verlag, Frankfurt/M. 1971, Bd. 1, S. 152/153,

H.Enders/H.Hysky-Dambmann, Die Geschichte der Juden in der Stadt Schotten, in: Schotten und seine Stadtteile im Wandel der Zeiten, Hrg. Magistrat der Stadt Schotten, o.J., S. 137 ff.

A. Wiesemüller/M. Krauss, Jüdische Friedhöfe im Vogelsbergkreis, in: Kulturverein Lauterbach e.V. (Hrg.), Fragmente ... jüdischen Lebens im Vogelsberg, Lauterbach 1994, S. 84/85

Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933 - 1945, Hessen II - Regierungsbezirke Gießen und Kassel, Hrg. Studienkreis Deutscher Widerstand, VAS-Verlag, Frankfurt/M. 1996, S. 203

Thea Altaras, Das jüdische Rituelle Tauchbad und Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945?, Königstein i. Ts. 2007 (Neubearbeitung)

Einartshausen, in: alemannia-judaica.de

E. Maresch (Red.), Einst Mitbürger – dann „unerwünscht“, in: „Kreisanzeiger“ vom 16.6.2016

Hanno Müller/Monica Kingreen/Frank Eckhardt (Bearb.), Juden in Schotten 1629 – 1945 und Einartshausen 1800 – 1942, hrg. von der Ernst-Ludwig Chambré Stiftung in Lich, Neustadt/Aisch 2016

sw (Red.), Das Gedenken wach halten: Stolpersteine werden verlegt, in: „Kreis-Anzeiger“ vom 29.10.2018

Initiative Stolpersteine (Hrg.), Stolpersteine in Schotten, Einartshausen und Rainrod - Dokumentation, Schotten 2022