Eichenhausen (Unterfranken/Bayern)

Die beiden Partnerregionen  Datei:Wülfershausen an der Saale in NES.svg Die kleine Ortschaft Eichenhausen – seit 1978 ein Ortsteil der Kommune Wülfershausen a.d. Saale - liegt im Landkreis Rhön-Grabfeld etwa zehn Kilometer östlich von Bad Neustadt/Saale (Kartenskizzen 'Unterfranken', aus: bezirk-unterfranken.de  und  'Landkreis Rhön-Grabfeld', Hagar 2009, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Das Dörfchen Eichenhausen besaß bis in die 1930er Jahre eine kleine jüdische Gemeinde, die mit der von Rödelmaier verbunden war. Ihre Anfänge reichen in die Zeit des 18.Jahrhunderts zurück, als 1752 der damalige Ortsherr Johann Michael von Schauenfels auf seinem Gut 15 Häuser und eine „Judenschule“ errichten ließ. Doch bereits 1552 ist erstmals die Präsenz eines Juden im Dorf dokumentiert
Im beginnenden 19.Jahrhundert zählte die Gemeinde ca. 75 Angehörige; jeder vierte Dorfbewohner war damals mosaischen Glaubens. Bei der Erstellung der Matrikel (1817) waren für das Dorf zwölf Stellen ausgewiesen; deren Inhaber bestritten ihren Lebenserwerb zumeist mit Kleinhandel (Gebrauchsartikel).

Zu ihren gemeindlichen Einrichtungen gehörte eine 1865 neu erbaute Synagoge - teilfinanziert durch eine Kollekte in der Region - und vermutlich auch eine Mikwe.

               Synagoge in Eichenhausen (hist. Aufn., Kreisarchiv)

Seit Anfang der 1830er Jahre waren die Juden von Eichenhausen und die von Rödelmaier in einem Religionsschulverband vereinigt. Zu Beginn des 20.Jahrhunderts fusionierten die beiden kleinen Gemeinden; dabei wurde die baufällige Synagoge in Rödelmaier aufgegeben und abgebrochen; die Ritualien (u.a. zwei Thorarollen) brachte man nach Eichenhausen.

aus: „Der Israelit“ vom 10.5.1876 und 22.5.1880

Verstorbene Juden Eichenhausens wurden auf dem Bezirksfriedhof in Kleinbardorf beerdigt, seit den 1890er Jahren auch auf dem jüdischen Friedhof in Neustadt a.d.Saale bzw. in Unsleben.

Die Kultusgemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat Bad Kissingen.

Juden in Eichenhausen:

--- 1763 .........................  12 jüdische Familien,

--- 1797 .........................  10     "        "   ,

--- 1816 .........................  70 Juden (ca. 25% d. Bevölk.),

--- 1833 .........................  76   "   (in 14 Familien),

--- 1847 .........................  44   "   (in 10 Familien),

--- 1867 .........................  35   “   (ca. 12% d. Bevölk.),

--- 1880 .........................  29   “   (ca. 10% d. Bevölk.),

--- 1900 .........................  30   “   ,

--- 1910 .........................  15   "   ,

--- 1925 .........................  11   "   ,

--- 1933 .........................   5   "   ,

--- 1938 (Mai) ...................  keine.

Angaben aus: W.Kraus/H.-Chr. Dittscheid/G. Schneider-Ludorff (Hrg.), Mehr als Steine … - Synagogengedenkband Bayern, Teilband III/2.1: Unterfranken, S. 695

 

In den 1920er Jahren gab es im Dorf nur noch sehr wenige jüdische Bewohner. Sie mussten miterleben, wie im Dorf wiederholt antisemitische Schmierereien (wie z.B. „Ab nach Palästina“) auftauchten. Da bereits Anfang der 1930er Jahre kein Minjan mehr zustande kam, wurde 1937 das Synagogengebäude an die Ortsverwaltung für 150 (!) RM verkauft. Die Thorarollen übergab man der Kultusgemeinde (Bad) Neustadt a.d.Saale.

Im Frühjahr 1938 schlossen sich die letzten beiden im Dorf verbliebenen jüdischen Einwohner Eichenhausens der Gemeinde (Bad) Neustadt an.

https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20456/Eichenhausen%20JuedGemeindebl%20fuer%20den%20Verband%20der%20Kultusgemeinden%20in%20Bayern%2019380101.jpg aus: "Jüdisches Gemeindeblatt" vom 1.1.1938

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ...“ sind elf aus Eichenhausen stammende Personen mosaischen Glaubens dem Holocaust zum Opfer gefallen (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/eichenhausen_synagoge.htm).

 

Als einziges Relikt des Synagogengebäudes sind die Grundmauern, auf dem heute ein Wohnhaus steht, erhalten geblieben. Auch einige Thorarollen haben die NS-Zeit überdauert.

Eine Gedenktafel am Ortsfriedhof erinnert an die Gemeinde.

      Aufn. D.Krieger, 2013, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0

 

vgl. dazu auch:  Rödelmaier (Unterfranken/Bayern)

 

 

 

Weitere Informationen:

Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann, Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918 - 1945. Geschichte und Zerstörung, Oldenbourg-Verlag, München/Wien 1979, S. 286

Elmar Pfister, Eichenhausen. Ortsgeschichte 822 – 1992, Eichenhausen 1992

Israel Schwierz, Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayerns - Eine Dokumentation, Hrg. Bayrische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, 2. Aufl., München 1992, S. 53/54

Michael Trüger, Der jüdische Friedhof in Bad Neustadt a.d.Saale, in: "Der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern", 8.Jg., No. 58/1993, S. 27

Eichenhausen, in: alemannia-judiaca.de (mit Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Dirk Rosenstock (Bearb.), Die unterfrränkischen Judematrikel von 1817, in: "Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg", Band 13, Würzburg 2008, S. 216

Lothar Mayer, Jüdische Friedhöfe in Unterfranken, Michael Imhof Verlag, Petersberg 2010, S. 34 – 37

Elisabeth Böhrer, Die Kultuseinrichtungen der israelitischen Gemeinde Rödelmaier, in: "Heimat-Jahrbuch des Landkreises Rhön-Grabfeld", 2013, S. 332 – 334

Wolfgang Seifert (Red.), Die jüdische Gemeinde Eichenhausen, in: „Rhön- u. Saalepost“ vom 8.4.2014

Wolfgang Seifert (Red.), Die jüdische Gemeinde Eichenhausen, in: "Heimat-Jahrbuch des Landkreises Rhön-Grabfeld“, No. 41/2019, S. 400 - 403

Gerhard Gronauer/Cornelia Berger-Dittscheid (Bearb.), Eichenhausen mit Rödelmaier, in: W.Kraus/H.-Chr. Dittscheid/G. Schneider-Ludorff (Hrg.), Mehr als Steine … - Synagogengedenkband Bayern, Teilband III/2.1: Unterfranken, Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg/Allgäu 2021, S. 684  - 698