Dornheim (Unterfranken/Bayern)

Datei:Iphofen in KT.svg Karte  Dornheim ist heute ein Ortsteil der Stadt Iphofen (Kreis Kitzingen); vor der Kreisreform (1973) gehörte es zum ehemaligen Kreis Scheinfeld und damit zu Mittelfranken (Kartenskizzen 'Landkreis Kitzingen', Hagar 2010, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0  und  'Ortsteile von Iphofen', Monandowitsch 2018, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Im südöstlich des Kernortes Iphofen gelegenen Dornheim gab es bis 1939/1940 eine kleine jüdische Kultusgemeinde, die zu keiner Zeit mehr als 50 bis 60 Angehörige zählte. Die Wurzeln eines israelitischen Gemeinde sollen bis ins ausgehende 15./beginnende 16.Jahrhundert reichen. Unter der Dorfherrschaft der Grafen von Schwarzenberg ist im 15.Jahrhundert erstmals namentlich ein Jude im Dorf erwähnt. Zwei in Dornheim ansässige Schutzjuden sind zu Beginn des 17.Jahrhunderts genannt. In den Jahrzehnten unmittelbar nach dem Dreißigjährigen Krieg sollen in Dornheim drei jüdische Familien gelebt haben, um 1750 sollen es sechs gewesen sein. Nach dem Übergang an das Königreich Bayern sah die Matrikelgesetzgebung (1817) für Dornheim sechs Stellen vor, die bis ca. 1850 um weitere drei ergänzt wurden.

Eine aus der Mitte des 18.Jahrhunderts stammende Synagoge, eine Mikwe und ein Gemeindehaus gehörten zu den Einrichtungen der Dornheimer Kultusgemeinde.

Zur Besorgung religiös-ritueller Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Lehrer angestellt. Der aus Baiersdorf stammende, in Hüttenheim lebende Lehrer Abraham Faber unterrichtete mehr als drei Jahrzehnte (bis 1861) die jüdischen Kinder aus Dornheim gemeinsam mit denen aus Bullenheim, Hüttenheim, Nenzenheim und Weigenheim.

Die beiden unten aufgeführten Stellenangebote aus den Jahren 1865 und 1893 sind unterzeichnet von dem langjährigen Gemeindevorsteher Jacob Löb Schönfärber, der prägenden Persönlichkeit der jüdischen Gemeinde Dornheims in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (gest. 1897), der als ‚gesetzestreuer und gottesfürchtiger Mann‘ allgemeine Anerkennung genoss.

Anzeigen aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom  27.Sept. 1865, vom 11.Mai 1893 und vom 12.Sept. 1901

Verstorbene fanden auf dem 1816/1817 angelegten Friedhof in Hüttenheim ihre letzte Ruhe.

Aufn. Ulrich A., 2010, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0

Die jüdische Gemeinde gehörte von 1838 bis ca. 1880 zum Distriktsrabbinat Welbhausen, danach zum Distriktsrabbinat Uffenheim und anschließend zu dem von Kitzingen.

Juden in Dornheim:

--- 1682 ........................  3 jüdische Familien,

--- 1720 ........................  6    “        “    ,

--- um 1750 .....................  6    "        "    ,

--- 1810 ........................ 42 Juden,

--- 1837 ........................ 40   “  ,

--- 1851 ........................ 65   "  ,

--- 1867 ........................ 62   “   (ca. 14% d. Bevölk.),

--- 1890 ........................ 43   “  ,

--- 1900 ........................ 52   “  ,

--- 1910 ........................ 29   “  ,

--- 1925 ........................ 16   "  ,

--- 1933 ........................  9   “  ,

--- 1939 ........................  5   "  ,

--- 1941 (Dez.) .................  keine.

Angaben aus: Baruch Z.Ophir/F.Wiesemann, Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918 – 1945, S. 169 

und                 W.Kraus/H.-Chr. Dittscheid/G. Schneider-Ludorff (Hrg.), Mehr als Steine Synagogengedenkband Bayern, Unterfranken, Teilband III/2.2, S. 984

 

In den 1860er Jahren erreichte die Zahl der Gemeindeangehörigen mit ca. 60 Personen ihren Höchststand; dies entsprach etwa 14% der Dorfbevölkerung. Ihren Lebensunterhalt bestritten sie zumeist mit Vieh- und Landhandel.

Die im letzten Viertel des 19.Jahrhunderts einsetzende Abwanderung führte dazu, dass um 1920/1930 nur noch wenige jüdische Familien im Dorf lebten. Ende November 1941 wurden die drei letzten jüdischen Dorfbewohnerinnen ins Ghetto Riga deportiert.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ...“ wurden 14 aus Dornheim stammende Juden Opfer der „Endlösung(namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/dornheim_synagoge.htm).

 

Die Dornheimer Synagoge war noch vor 1938 verkauft worden; inwieweit das Gebäude von den Ereignisse im Zusammenhang mit dem Novemberpogrom 1938 betroffen war, ist nicht bekannt. Durch Kriegseinwirkung wurde es gegen Kriegsende zerstört. Das Grundstück befindet sich in Privatbesitz und wird als Gartenland benutzt.   
Eine Tafel am Gebäude der alten Schule/Pfarrhaus (Altmannshäuser Straße) trägt den folgenden Text:

In Dornheim bestand bis 1940 eine jüdische Kultusgemeinde mit Synagoge. Zur Erinnerung an unsere ehemaligen jüdischen Mitbürger.

 

Von einer Verlegung von sog. "Stolpersteinen" hat der Iphöfer Stadtrat Abstand genommen und stattdessen in Aussicht gestellt, das Wirken ehemaliger jüdischer Bewohner "andersweitig aufzuarbeiten".

Auch Dornheim beteiligte sich 2021 mit einer aus Sandstein gefertigten Koffer-Skulptur - geschaffen von Schülern einer 9.Klasse der Karlheinz-Spielmann-Schule in Iphofen - am zentralen „DenkOrt Deportationen 1941-1944“ in Würzburg.

       Koffer-Gedenkskulptur (Aufn. aus: denkorte-iphofen.de)

[vgl. dazu:  Nenzenheim (Bayern)]

 

Anm.: Im gleichnamigen hessischen Dornheim - heute ein Ortsteil der Stadt Groß Gerau - existierte auch eine kleine jüdische Gemeinde. [vgl. Dornheim (Hessen)]

 

 

 

Weitere Informationen:

Baruch Z.Ophir/F.Wiesemann, Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918 - 1945. Geschichte und Zerstörung, Oldenbourg-Verlag, München 1979, S. 169/170

Gerhard Wilhelm Daniel Mühlinghaus, Der Synagogenbau des 17. u. 18.Jahrhunderts im aschkenasischen Raum, Dissertation, Philosophische Fakultät Marburg/Lahn, 1986, Band 2, S. 250

Israel Schwierz, Steinerne Zeugen jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation, Hrg. Bayrische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, München 1992, S. 51

Dornheim (Stadt Iphofen), in: alemannia-judaica.de (mit einigen Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Michael Schneeberger (Bearb.), Dinah: Dornheim – Nenzenheim – Hüttenheim. Archivalien und Stammbäume der jüdischen Gemeinden, Würzburg 2006

N.N. (Red.), Vorerst keine Stolpersteine, in: inFranken.de vom 16.1.2015

Eike Lenz (Red.), DenkOrt Deportationen: Wie Schüler die NS-Zeit wachhalten, in: „Main-Post“ vom 20.1.2021

Ralf Dieter (Red.), Iphofen: Wo Schüler für ein lebendiges Gedenken schaffen, in: „Die Kitzinger" bzw. inFranken.de vom 3.5.2021

Hans Schlumberger/Hans-Christof Haas (Bearb.), Dornheim, in: W.Kraus/H.-Chr. Dittscheid/G. Schneider-Ludorff (Hrg.), Mehr als Steine Synagogengedenkband Bayern, Unterfranken, Teilband III/2.2, Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg/Allgäu 2021, S. 977 - 986

Susanne Kornacker/Stadtarchiv Iphofen (Red.), Beteiligung der Stadt Iphofen am Projekt „DenkOrt Deportationen 1941-1944 - Wir erinnern uns an die jüdischen NS.Opfer Unterfrankens“, online abrufbar unter: denkorte-iphofen.de (Sept. 2021)

Gerhard Bauer (Red.), Gedenktag an die Reichspogromnacht: Zwei Koffer als bleibende Erinnerung, in: „Main-Post“ vom 13.11.2021