Dormitz (Bayern)

Datei:Dormitz in FO.svg Dormitz ist eine kleine Kommune mit derzeit ca. 2.000 Einwohnern im Landkreis Forchheim und Sitz der gleichnamigen Verwaltungsgemeinschaft, der auch die Gemeinden Kleinsendelbach und Hetzles angehören (Kartenskizze 'Landkreis Forchheim', Hagar 2010, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

In den Jahrzehnten nach 1800 war jeder 4.Dorfbewohner mosaischen Glaubens.

Um 1600 waren in der unweit von Erlangen gelegenen Ortschaft Dormitz mehrere jüdische Familien ansässig; das im Dreißigjährigen Kriege völlig verwüstete Dorf wurde durch Neuansiedler - darunter auch Juden - wieder aufgebaut. Als im Laufe des 18.Jahrhunderts weitere Juden ins Dorf zuzogen, bildete sich in Dormitz eine Gemeinde. Ihre Angehörigen lebten überwiegend von dem Hausier- und Viehhandel sowie dem Handel mit Schnittwaren. Von Dormitz aus zogen die jüdischen Händler in die Nachbardörfer und auch in die Städte Erlangen und Nürnberg. Manche von ihnen brachten es zu Wohlstand. Um 1850 gab es im Dorf auch Handwerker wie Schneider und Seiler.
Seit den 1760er Jahren verfügte die Gemeinde über eine kleine Synagoge, die im Hinterhof eines Anwesens untergebracht war. Das ehemals der Familie David Katz gehörende Gebäude war 1766 der Kultusgemeinde durch Schenkung übereignet worden.

Zu den gemeindlichen Einrichtungen gehörte auch eine erstmals 1829 urkundlich erwähnte Mikwe; diese wurde 1912 abgebrochen. Zeitweilig unterhielt die Gemeinde auch einen Lehrer, der auch als Vorbeter fungierte.

  ehem. Synagoge in Dormitz (Aufn. um 1985, aus: Klaus Guth, Jüdische Landgemeinden ...)

aus: „Der Israelit“ vom 11.4.1877 und 4.2.1892

Ihre Toten begrub die jüdische Gemeinde auf dem israelitischen Friedhof in Baiersdorf. 

Seit 1825 zählte Dormitz zum Distriktsrabbinat Hagenbach; nach dessen Auflösung 1894 war das Distriktsrabbinat Bamberg zuständig.

Juden in Dormitz:

         --- 1611 .......................  11 jüdische Anwesen,

    --- um 1710 ....................   2 jüdische Familien,

    --- 1728 .......................   6     "       "    ,

    --- 1771 .......................  11     “       “    ,

    --- 1813 .......................  17     “       “    ,

    --- 1824 ....................... 110 Juden (knapp 25% d. Bevölk.),

    --- 1840 ....................... 104   “   (ca. 21% d. Bevölk.),

    --- 1852 .......................  86   “  ,

    --- 1875 .......................  69   “   (ca. 11% d. Bevölk.),

    --- 1890 .......................  49   “  ,

    --- 1900 .......................  27   “  ,

    --- 1910 .......................  21   “  ,

    --- 1915 .......................  10   “  ,

    --- 1925 .......................   5   “  .

Angaben aus: Klaus Guth (Hrg.), Jüdische Landgemeinden in Oberfranken (1800 - 1942), S. 139

 

Nach 1860 setzte eine Abwanderung vor allem begüterter jüdischer Familien nach Erlangen, Fürth und Nürnberg ein; andere sahen ihre Zukunft in Nordamerika und wanderten aus. 1910 zeichnete sich bereits das Ende der Kultusgemeinde ab; zwei Jahre später wurde die jüdische Gemeinde in Dormitz offiziell aufgelöst; die sehr wenigen noch verbliebenen Juden wurden der Kultusgemeinde Ermreuth bzw. Erlangen angeschlossen.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ...“ wurden 13 aus Dormitz stammende Juden Opfer der „Endlösung(namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/dormitz_synagoge.htm).

Das einstige kleine Synagogengebäude - seit 1919 in Privatbesitz - ist heute nicht mehr vorhanden; es wurde im Jahr 2004 abgebrochen.

Synagogengebäude kurz vor dem Abbruch (Aufn. J. Hanke, 2004, aus: synagogen.info)

Auf dem Boden des Gebäudes hatte der Besitzer in den 1980er Jahren alte jüdische Schriften entdeckt; ein Teil der Funde wird heute im „Fränkische-Schweiz-Museum“ in Tüchersfeld aufbewahrt. Ein vermutlich aus dem 16.Jahrhundert stammendes Gebetsbuch ist im Besitz der Staatsbibiliothek in Bamberg.

Nur ein einziges Bauwerk aus der jüdischen Vergangenheit hat die Zeiten überdauert, nämlich das Ritualbad.

                        Mikwe in Dormitz (Aufn. Jürgen Hanke, in: alemannia-judaica.de)  http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20364/Dormitz%20Mikwe%20021.jpg

 

Weitere Informationen:

A. Eckstein, Geschichte der Juden im Markgrafentum Bayreuth, Bayreuth 1907

Klaus Guth (Hrg.), Jüdische Landgemeinden in Oberfranken (1800 - 1942). Ein historisch-topographisches Handbuch, Bayrische Verlagsanstalt Bamberg, Bamberg 1988, S. 136 - 144

Israel Schwierz, Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern - Eine Dokumentation, Hrg. Bayrische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, München 1992, S. 216/217

Eva Groiss-Lau, Jüdisches Kulturgut auf dem Land: Synagogen, Realien und Tauchbäder in Oberfranken, Hrg. Klaus Guth, Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 1995

Dormitz, in: alemannia-judaica.de (mit Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Falk Wiesemann, "Gott möge gedenken der Seele ..." Das unbekannte Memorbuch der jüdischen Gemeinde von Dormitz in Franken, in: B. E. Klein/Chr. E. Müller (Hrg.) in Verbindung mit dem Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte, Memoria – Wege jüdischen Erinnerns. Festschrift für Michael Brocke zum 65. Geburtstag, Berlin 2005, S. 193 - 208

Udo Güldner (Red.), Eindrucksvoller Spaziergang im „Judendorf“, in: „Erlanger Nachrichten“ vom 1.7.2014

Rolf Kießling, Schulisches Leben in Dormitz: christliche und jüdische Lehrer und Schüler im 19.Jahrhundert, Forchheim 2015

Udo Güldner (Red.), Mikwe ist in Dormitz geblieben, in: „Erlanger Nachrichten“ vom 17.9.2016