Dirmstein (Rheinland-Pfalz)

Karte Pfälzerwald.png Bad Dürkheim (Landkreis) Karte Dirmstein ist mit derzeit ca. 3.000 Einwohnern die größte Ortsgemeinde innerhalb der Verbandsgemeinde Grünstadt-Land im Nordteil des rheinland-pfälzischen Landkreises Bad Dürkheim (topografische Karte 'Pfälzer Wald', Lencer 2008, aus: wikivoyage.org/wiki, GFDL  und  Kartenskizze 'Landkreis Bad Dürkheim', aus: ortsdienst.de/rheinland-pfalz/bad-duerkheim).

 

Ersterwähnung einzelner Juden im linksrheinisch gelegenen Dorfe Dirmstein ist aus dem Jahre 1464 nachweisbar. Im Laufe des 18.Jahrhunderts bildete sich dann eine kleine jüdische Gemeinde; 1804 waren hier mehr als 40 Einwohner mosaischen Glaubens ansässig. Zur Gemeinde gehörten zeitweilig auch die Juden aus Laumersheim, Gerolsheim, Heuchelheim und Obersülzen. Als um die Mitte des 19. Jahrhunderts die Zahl der in Dirmstein lebenden Juden am größten war, ließ die Gemeinde eine Synagoge bauen; sie wurde 1858 eingeweiht. Um die Finanzierung des Gebäudes zu sichern, war zuvor eine Kollekte in allen jüdischen Gemeinden Bayerns durchgeführt worden. Seitens der christlichen Bewohner Dirmsteins wurde ein erheblicher Geldbetrag für den Synagogenbau beigesteuert.

              Anzeige im "Königlich bayerischen Amtsblatt" vom 12.8.1856   http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20357/Dirmstein%20Koenbayr%20Amtsblatt%2012081856.jpg

Anm.  Auf Anweisung des bischöflichen Ordinariats in Speyer durften aber anlässlich der Synagogeneinweihung die Glocken der benachbarten Laurentiuskirche nicht läuten, da diese Feierlichkeit als "nicht-christlicher Glaubensakt'' angesehen wurde!

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Synagoge links im Bild (hist. Aufn., um 1930)                        Anzeige aus der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 31.8.1893

Verstorbene Juden aus Dirmstein fanden ihre letzte Ruhe auf dem jüdischen Friedhof in Heuchelheim bei Frankenthal, der auch anderen Orten als zentrale Begräbnisstätte diente.

Die Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat Frankenthal.

Juden in Dirmstein:

         --- 1804 ..........................   42 Juden,

    --- 1848 ....................... ca.  80   “  (in 18 Familien),

    --- 1855/60 .................... ca. 130   “  ,

    --- 1875 ...........................  53   “  ,

    --- 1900 ...........................  21   “  , 

--- um 1925 .................... ca.  15   “  .

Angaben aus: Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels, S. 138

 

Mit dem steten Rückgang der Zahl der jüdischen Bewohner konnten die finanziellen Lasten der Gemeinde nicht mehr getragen werden, sodass bereits um 1875 die Auflösung der Kultusgemeinde beantragt wurde; diesem Antrag wurde aber zum damaligen Zeitpunkt nicht stattgegeben. Als nach 1910 keine Gottesdienste mehr abgehalten werden konnten, wurde um 1920 die Gemeinde schließlich aufgelöst. Das bereits seit 20 Jahren nicht mehr genutzte, inzwischen marode Synagogengebäude wurde 1932 an Privatleute verkauft. Im Jahre der NS-Machtübernahme lebten noch 15 jüdische Personen in Dirmstein, von denen allein elf der Großfamilie Hirsch angehörten. Die 1940 noch am Ort lebenden neun Juden wurden im Oktober 1940 nach Gurs deportiert; nur drei von ihnen haben überlebt, die anderen gelten als verschollen. 

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." sind nachweislich sechs aus Dirmstein stammende Juden Opfer der "Endlösung" geworden (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/dirmstein_synagoge.htm).

 

Das ehemalige Synagogengebäude (Mitteltor/Hildebrandstraße) wurde in der Vergangenheit mehrfach umgebaut, so dass es heute keine sichtbaren Hinweise mehr auf dessen einstiges Äußeres gibt.

2009-Dirmstein-Synagoge-66-2.jpg Ehem. Synagogengebäude (Aufn. M., 2009, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

Im Jahre 2009 wurden in Dirmstein neun sog. „Stolpersteine“ verlegt, die an die NS-Opfer erinnern - davon allein acht Steine, die Angehörigen der jüdischen Großfamilie Hirsch gewidmet sind; während fünf Familienmitglieder ermordet wurden, gelang den drei anderen die lebensrettende Emigration.

Aufn. M., 2009, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0

 

 

 

Weitere Informationen:

Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels. Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 138/139

Otmar Weber, Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südwestpfalz, Hrg. Gesellschaft für Christlich-jüdische Zusammenarbeit Pfalz (Landau), Dahn 2005, S. 62

Michael Martin, Juden in Dirmstein, in: Michael Martin (Hrg.), Dirmstein - Adel, Bauern und Bürger. Chronik der Gemeinde Dirmstein, Neustadt a.d. Weinstraße 2005, S. 327 - 338

Dirmstein mit Laumersheim und Obersülzen, in: alemannia-judaica.de

Rudolf H. Böttcher (Red.), Maurische Bögen unter dicker Putzschicht, in: „Die Rheinpfalz - Frankenthaler Zeitung“ vom 15.11.2008

Albert H. Keil (Bearb.), „Dirmstein erinnert sich“ – Tage des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, hrg. von der Ortsgemeinde Dirmstein, Dirmstein 2009 (als PDF-Datei abrufbar)

Auflistung der Stolpersteine in Dirmstein, online abrufbar unter. wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Dirmstein

Waltraud Werdelis (Red.), Zeitzeuge mit 91 gestorben. David Hirsch wurde als jüdisches Kind von den Nazis deportiert, in: „Frankenthaler Zeitung“ vom 25.6.2019