Brumath (Elsass)

Landkreis Straßburg.png Das im Unterelsass gelegene Brumath - eine Kleinstadt mit derzeit knapp 10.000 Einwohnern nördlich von Straßburg - trägt heute den gleichlautenden frz. Ortsnamen (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei).

 

Die Anfänge einer jüdischen Gemeinde in Brumath gehen vermutlich bis ins 17.Jahrhundert zurück, als sich die ersten jüdischen Familien in der „Judengass“, der heutigen „Rue de Juifs“, niederließen.

Zu Beginn des 19.Jahrhunderts erfolgte der Bau einer ersten Synagoge, die ca. vier Jahrzehnte später von einem Nachfolgebau ersetzt und 1845 eingeweiht wurde.

Synagogenfront u. Innenraum (Aufn. Rothé) 

Der von der Gemeinde besoldete jüdische Lehrer war auch als Kantor tätig.

                  Lehrer Weill und seine Schüler/innen (hist. Aufn. 1910)

Ein eigener Friedhof stand der relativ großen Gemeinde in Brumath zunächst nicht zur Verfügung; verstorbene Gemeindemitglieder wurden auf dem großen jüdischen Zentralfriedhof in Rosenweiler (Rosenwiller) beerdigt.

Der jüdische Friedhof in Rosenwiller ist der größte jüdische Friedhof im Elsass und zugleich einer der größten jüdischen Verbandsfriedhöfe in Mitteleuropa. Folgende israelitische Gemeinden des Unter-Elsass bestatteten hier ihre Toten:  Baldenheim, Bergheim, Biesheim, Bischheim, Bonhomme, Buswiller, Dambach, Dangolsheim, Diebolsheim, Dinsheim, Duppigheim, Duttlenheim, Eckbolsheim, Epernay, Epfig, Ettingen, Fegersheim, Grusenheim, Gunstett, Kaysersberg, Kolbsheim, Krautergersheim, Kuttolsheim, Lingolsheim, Molsheim, Mutzig, Niedernai, Obernai, Oberschaeffolsheim, Osthoffen, Ottrott-le-Bas, Rosheim, Scharrachbergheim, Schirmeck, Soultz, Stotzheim, Strasbourg, Traenheim, Valff, Zellwiller. Auf dem ca. 40.000 m² großen Begräbnisgelände werden nahezu 6.500 Grabstätten gezählt; die meisten vorhandenen Grabsteine stammen aus der Zeit des 18. und frühen 19.Jahrhunderts.

Erst in den 1880er Jahren wurde der hiesigen Judenschaft ein eigenes Begräbnisareal am Ort zur Verfügung gestellt.

  

Schöne Grabsteinmotive: Segnende Hände und Blumenstrauß (Aufn. J. Hahn, 2004)

Im 19.Jahrhundert wurde Brumath Sitz eines Rabbinats.

Juden in Brumath:

        --- um 1690 ...........................   4 jüdische Familien,

--- 1784 ..............................   9     “       “    ,

    --- 1807 .............................. 122 Juden,

    --- 1846 .............................. 358   “  ,

    --- 1861 .............................. 406   “  ,

    --- 1870 .............................. 410   “  ,

    --- 1900 .............................. 362   “  ,

    --- 1910 .............................. 306   “  ,

    --- 1936 .............................. 185   “  ,

    --- 1953 .............................. 120   “  ,

    --- 1965 .......................... ca.  70   “  .

Angaben aus: Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagogues d’Alsace et lieur histoire, S. 38

 

Zu Beginn des 20.Jahrhunderts hatte die jüdische Gemeinde in Brumath noch relativ viele Mitglieder. Mit Beginn der NS-Herrschaft im Elsass im Jahre 1940 wurden die jüdischen Einwohner der Stadt - wie überall im Elsass - nach Südfrankreich verfrachtet, und von hier aus begann dann für viele der Leidensweg in die Vernichtungslager im besetzten Osteuropa.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem sind nachweislich 26 aus Brumath stammende bzw. längere Zeit hier ansässig gewesene Juden Opfer der NS-Verfolgung geworden (namentliche Nennung der betreffenden Personen siehe: alemannia-judaica.de/brumath_synagogue.htm).

Das inzwischen zweckentfremdete Synagogengebäude und der jüdische Friedhof wurden während der Kriegsjahre schwer beschädigt.

 

Unmittelbar nach Kriegsende begründete sich hier eine neue jüdische Gemeinde. Bis in die Gegenwart hat sich diese kleine Gemeinde gehalten und nutzt die in den 1950er Jahren restaurierte und wiedereingeweihte Synagoge in der Rue de Général Rampont als religiöses Zentrum.

Synagogue de Brumath - vue de la cour.jpg

Synagoge hinter Bildmitte (Aufn. Thierry Koch, 2017) - Rückfront (Aufn. M.Kauffmann, 2011, beide aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0 bzw. 4.0)

Synagogue de Brumath - Arche sainte détail.jpgSynagogue de Brumath - Arche sainte détail tables de la loi.jpg

Details aus dem Innenraum (Aufn. Thierry Koch, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

Der jüdische Friedhof in Brumath war in der Vergangenheit Ziel von Schändungen (siehe Aufn.); so wurden 2004 mehr als 90 Grabsteine mit SS-Runen, Hakenkreuzen und antisemitischen Parolen beschmiert.

 Aufn. Ch. Hamm © Région Alsace - Inventaire général

An die einstige jüdische Niederlassung erinnert bis heute die „Rue de Juifs“ bzw. die frühere „Judegass“.

 

 

 

In Waltenheim (frz. Waltenheim-sur-Zorn) – einem Dorf einige Kilometer westlich von Brumath – bestand bis gegen Ende des 19.Jahrhunderts eine kleine jüdische Gemeinde. Um 1785 lebten hier fünf Familien mosaischen Glaubens; bis 1850 waren es fast 50 Personen, danach verminderte sich die Zahl der Gemeindeangehörigen infolge Abwanderung deutlich. Noch um 1870 hatte man eine neue Synagoge eingerichtet; doch wurde sie nur wenige Jahre genutzt. In den 1930er Jahren lebten in Waltenheim keine Juden mehr.

 

 

 

Eine kleine jüdische Gemeinde im nordwestlich von der Stadt Brumath gelegenen Ort Wittersheim entstand Anfang des 18.Jahrhunderts.

In den 1830er Jahren weihte die jüdische Gemeinschaft ihre neue Synagoge ein, die einen Vorgängerbau ablöste. Die jüdische Gemeinde Wittersheim unterstand dem Rabbinat Brumath.

Juden in Wittersheim:

--- 1784 ..........................  30 jüdische Familien (ca. 160 Pers.),

--- 1807 .......................... 135 Juden (ca. 22% d. Bevölk.),

--- 1846 ..........................  67   “  ,

--- 1861 .......................... 124   “  ,

--- 1870 .......................... 136   “  ,

--- 1910 ..........................  76   “  ,

--- um 1935 .......................  keine.

Angaben aus: Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagogues d’Alsace et lieur histoire, S. 39

Mitte des 19.Jahrhunderts wanderten viele Gemeindeangehörigen aus Wittersheim ab. Doch alsbald erholte sich die Gemeinde wieder und zählte um 1870 fast 140 Personen. Eine um die Jahrhundertwende einsetzende neue Abwanderungswelle ließ dann die Zahl der Wittersheimer Juden deutlich zurückgehen.

Anfang der 1930er Jahre lebten keine Einwohner mosaischen Glaubens mehr in Wittersheim.

In Wittersheim wurde 1729 der Rabbiner Alexander Nathan geboren, der später den Namen „Elsässer“ annahm; seit ca. 1770 wirkte er in Freudental, wo er 1816 starb.

vgl.  dazu Wittersheim (Elsass)

 

 

 

Weitere Informationen:

Charles Muller, Synagoge Brumath oder die Odyssee eines Bau, Auszug aus: "Bulletin der Gesellschaft für Geschichte und Archäologie", 18/1991

Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagogues d’Alsace et lieur histoire, Jerusalem 1992

Gerd Mentgen, Studien zur Geschichte der Juden im mittelalterlichen Elsaß. Forschungen zur Geschichte der Juden, in: "Schriftenreihe der Gesellschaft zur Erforschung der Geschichte der Juden e.V.", Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1995

Brumath, in: alemannia-judaica.de (mit Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Jean Daltroff, La route du judaïsme en Alsace, 2. Aufl., Bernardswiller 2010, S. 42/43