Bassum (Niedersachsen)
Bassum ist eine Kleinstadt mit derzeit knapp 16.000 Einwohnern im niedersächsischen Landkreis Diepholz - ca. 25 Kilometer südlich von Bremen gelegen (Kartenskizze 'Landkreis Diepholz', Hagar 2009, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).
Im Flecken Bassum südlich von Bremen ist jüdisches Leben ab dem beginnenden 19.Jahrhundert nachweisbar; allerdings handelte es sich nur um wenige Familien, die gegen Zahlung von Schutzgeld hier Unterkunft gefunden hatten.
1843 bildeten die Bassumer Juden eine autonome Synagogengemeinde, die dem Landrabbinat Hannover unterstand. Zu den gemeindlichen Einrichtungen gehörten eine auf dem Grundstück der Familie Nachmann im Jahre 1830 eröffnete Synagoge an der heutigen Meierkampstraße und für kurze Zeit auch eine jüdische Schule, die auch Kinder aus Harpstedt, Syke und Twistringen besuchten. Das aus Backsteinen erstellte Bethaus unterschied sich äußerlich kaum von der übrigen Wohnbebauung.
Bethaus in Bassum - Gedächtnisskizze (aus: kreiszeitung.de)
Ein kleines, gegen Mitte des 19.Jahrhunderts angelegtes Begräbnisgelände lag an der Sulinger Straße in Richtung Apelstedt.
(Anm.: Anderen Angaben zufolge soll der weit vor der Stadt liegende Friedhof möglicherweise schon um 1800 angelegt worden sein.)
Juden in Bassum:
--- 1818 ......................... 4 jüdische Familien,
--- 1852 .......................... 33 Juden,
--- 1871 .......................... 16 “ ,
--- 1895 .......................... 20 “ ,
--- 1925 .......................... 16 “ ,
--- 1933 .......................... 25 “ ,
--- 1939 .......................... 3 “ .
Angaben aus: M.Buchholz/M.Lappin/A.Lessing (Bearb.), Bassum, in: H. Obenaus (Hrg.), Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen ..., Bd. 1, S. 179
Kirchstraße in Bassum, hist. Karte (aus: nailizakon.com)
Um 1900 bestritten die Bassumer Juden ihren Lebensunterhalt vorwiegend mit Viehhandel und Schlachtgewerbe.
Nachdem das Synagogengebäude bereits seit Jahren nicht mehr benutzt und zudem baufällig geworden war, wurde es 1935 abgebrochen. Bis 1938 hatten die meisten jüdischen Bewohner Bassum verlassen; die im Ort verbliebenen wurden im November zum Ziel antisemitischer Ausschreitungen: So sollen zwei Jüdinnen durch den Ort getrieben worden sein, verfolgt von einem antisemitische Hetzlieder grölenden Mob. Fensterscheiben und Haustüren wurden zerschlagen und Wohnungen nach Wertsachen durchwühlt. Drei Männer wurden verhaftet und über Hannover ins KZ Buchenwald abtransportiert. Der letzte Bassumer Jude, der mit einer Nichtjüdin verheiratet war, wurde noch im Februar 1945 (!) nach Theresienstadt deportiert.
Am einstigen Standort der Synagogen (Betraum) befindet sich seit 1988 eine unscheinbare Gedenktafel mit der Inschrift:
ZUM GEDENKEN UND ZUR MAHNUNG
An dieser Stelle befand sich die Synagoge für die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger von Bassum und Umgebung
Von der ehemaligen jüdischen Gemeinde ist der an der Eschenhäuser Straße gelegene Friedhof mit seinen ca. 40 Einzelgräbern (mit 28 Grabsteinen) erhalten geblieben.
Jüdischer Friedhof in Bassum (Aufn. M., 2011, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)
Das ca. 600 m² große Begräbnisgelände weist insgesamt 28 recht schlicht gestaltete Grabsteine auf.
Vier Grabsteine (Aufn. S.F. 2009, aus: commons.wikimedia.org, GDL)
Anmerkung: Auf dem jüdischen Friedhofsgelände befinden sich Sammelgräber von 35 sowjetischen Kriegsgefangene, die bei einem Arbeitskommando in Bassum eingesetzt waren (aus dem Stalag X B Sandbostel u. dem Stalag X D Wietzendorf). Deren Identität konnte erst jüngst herausgefunden werden.
Mehrere sog. „Stolpersteine“ erinnern seit 2009 an die einstigen Wohnsitze von Personen jüdischen Glaubens, die Opfer der NS-Gewaltherrschaft geworden sind.
Drei "Stolpersteine" in der Syker Straße u. Bahnhofstraße (Aufn. M., 2018, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)
Weitere Informationen:
I. Henneberg/B. Gemmeke-Stenzel (Hrg.), Verfolgte in der Heimat. Zur Geschichte der Juden im Landkreis Diepholz, Schülerarbeit an der KGS Stuhr-Brinkum, Brinkum 1994
The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 91
Hans-Hermann Böttcher, Der jüdische Friedhof in Bassum – Dokumentation (mit zahlreichen Fotos), Syke 2003
M. Buchholz/M.Lappin/A.Lessing (Bearb.), Bassum, in: H. Obenaus (Hrg.), Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen, Wallstein-Verlag, Göttingen 2005, Band 1, S. 179 – 183
Stolpersteine zur Erinnerung, in: "Die SPD in Bassum" vom 2.12.2009 (spd-bassum.de)
Christoph Starke (Red.), Auf den Spuren jüdischen Lebens in Bassum, in: "Weser-Kurier" vom 9.11.2010
Ulrich Knufinke, Stätten jüdischer Kultur und Geschichte in den Landkreisen Diepholz und Nienburg, hrg. vom Landschaftsverband Weser-Hunte e.V, Nienburg 2012, S. 18/19 (überarbeitete Aufl. 2015)
Auflistung der in Bassum verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Bassum
Silke Petry (Bearb.), BASSUM – Novemberpogrome 1938 in Niedersachsen, Hrg. Stiftung niedersächsischer Gedenkstätten, online abrufbar unter: pogrome1938-niedersachsen.de/bassum/
Julia Kreykenbohm (Red.), Auf den Spuren der jüdischen Gemeinde in Bassum – Friedhof soll besser zur Geltung gebracht werden, in: „MK – Kreiszeitung“ vom 19.4.2021
Julia Kreykenbohm (Red.), Die Toten des Jüdischen Friedhofs Bassum. Namen der „Unbekannten Soldaten“ gelüftet, in: "MK – Kreiszeitung“ vom 21.6.2021
Micha Bustian (Red.), Jüdischer Friedhof. Gedenktafel an „würdiger Stelle“, in: „Weser-Kurier“ vom 25.3.2022