Aschbach (Oberfranken/Bayern)

Datei:Schlüsselfeld in BA.svg Aschbach ist mit seinen ca. 1.000 Einwohnern heute ein Ortsteil von Schlüsselfeld im Südwesten des Landkreises Bamberg gelegen (Kartenskizze 'Landkreis Bamberg', Hagar 2010, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Das im Landkreis Bamberg gelegene Dorf Aschbach besaß während des 19.Jahrhunderts einen hohen Anteil an jüdischer Bevölkerung und gehörte damals zu den größeren jüdischen Landgemeinden Bayerns.

Im Dorf Aschbach gab es seit dem beginnenden 18.Jahrhundert eine jüdische Gemeinde, die bereits zu dieser Zeit über eine eigene Synagoge und einen Friedhof verfügte. Ältestes Wohngebiet der Juden war die heute noch als „Judengasse“ bekannte etwas abseits vom Ortskern gelegene Bachgasse. In der Folgezeit verlegte sich der Siedlungsschwerpunkt aber mehr in Richtung Dorfmitte.

In ihrer religiösen Überzeugung waren die Aschbacher Juden streng orthodox; ihre Gemeinde galt als Hochburg der „Gesetzestreuen“; so hatten sie im Dorf einen sog. Eruv (Sabbatschranken) eingerichtet, der ihren Bewegungsraum während der religiösen Feiertage markierte.

Auch die lange Zeit noch verwendeten hebräischen Inschriften auf den Grabsteinen weisen auf diese konservativ-religiöse Haltung hin. Der jüdische Friedhof - am südlichen Dorfrand gelegen und um 1720/1725 angelegt - wurde auch von der Kultusgemeinde Burghaslach mitbenutzt. Ein Vertrag (1761) regelte die gemeinsame Nutzung des Friedhofs außerdem mit den jüdischen Gemeinden von Fürstenforst, Geiselwind und Vestenbergsgreuth. Nachdem im Jahre 1775 der jüdische Friedhof in Burghaslach errichtet worden war, nutzte ein Teil dieser Gemeinden dann die dortige Begräbnisstätte. Ende der 1880er Jahre wurde auf dem Aschbacher Friedhofsgelände ein neues Taharahaus erbaut; in seiner unmittelbaren Nähe befinden sich die ältesten Grabsteine, sie datieren aus der Zeit um 1720.

Anfangs kamen die Juden Aschbachs in einer Synagoge zusammen, die bis 1763 der Gutsherrschaft von Pölnitz gehörte. In der um 1765 erbauten neuen Synagoge, die auch eine Lehrerwohnung mit Schulräumen einschloss, waren Männer und Frauen streng getrennt.

Zunächst gab es im Ort mehrere Mikwen in Privarhäusern. Als in den 1830er Jahren ein eigenes Schulgebäude entstand, das zunächst als Religions- und später als israelitische Elementarschule diente, wurde im Keller auch ein Frauenbad eingerichtet; dieses wurde ca. drei Jahrzehnte genutzt, ehe eine Privatmikwe erworben und zu einem Gemeindebadehaus ausgebaut wurde.

Seit 1882 war Abraham Wechsler zunächst als Religions-, ab 1890 als (erster und auch letzter) israelitischer Volksschullehrer tätig. Schon dessen Vater ("Rabbi" Samuel Wechsler) hatte mehr als drei Jahrzehnte in Aschbach gewirkt und die Gemeinde in ihrer orthodoxen Grundhaltung gestärkt. Nach Auflösung der jüdischen Elementarschule war Abraham Wechsler dann wieder - wie zu Beginn seiner Amtszeit – als Religionslehrer in der Gemeinde tätig. Anlässlich seines 70.Geburtstages erschien in der Zeitschrift „Der Israelit“ ein kurzer Artikel.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2093/Aschbach%20Israelit%2004121930.jpgaus der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 4.Dez. 1930

Die jüdische Elementarschule wurde Anfang der 1920er Jahre wegen Schülermangels geschlossen; die wenigen jüdischen Kinder besuchten danach die katholische Volksschule.

Ursprünglich gehörten die Aschbacher Juden zum Distriktrabbinat Burgebrach, seit 1906 dann zum orthodox-geprägten Burgkunstadter Rabbinat. Nach 1920 war dieses dem Rabbinat von Kitzingen unterstellt. Versuche, mit umliegenden Gemeinden ein eigenes gemeinsames Rabbinat zu begründen, waren zuvor gescheitert.

Juden in Aschbach:

         --- 1811/12 ....................  91 Juden (ca. 20% d. Dorfbev.)

    --- 1824/25 .................... 115   “   (ca. 21% d. Dorfbev.),

    --- 1840 ....................... 107   “  ,

    --- 1852 ....................... 115   “   (ca. 21% d. Dorfbev.),

    --- 1880 ....................... 131   “   (ca. 17% d. Dorfbev.),

    --- 1890 ....................... 101   “   (ca. 15% d. Dorfbev.),

    --- 1900 .......................  93   “  ,

    --- 1910 .......................  79   “  ,

    --- 1925 ................... ca.  60   “  ,

    --- 1933 .......................  40   “   (ca. 6% d. Dorfbev.),

    --- 1939 .......................  20   “  ,

    --- 1942 (Jan.) ................  13   “  ,

             (Juni) ................   keine.

Angaben aus: Klaus Guth (Hrg.), Jüdische Landgemeinden in Oberfranken (1800 - 1942), S. 82

 

Laut Judenmatrikel waren in Aschbach im Jahr 1813 insgesamt 19 „Schutzstellen“ besetzt. Hausier- und Viehhandel waren zur damaligen Zeit die Haupterwerbsquellen der hier lebenden Familien. Im ausgehenden 19.Jahrhundert lebten die meisten Juden Aschbachs direkt oder indirekt vom Handel vor allem mit Schnittwaren und Vieh, teilweise aber auch von der Landwirtschaft oder vom Handwerk.

Um die Jahrhundertwende setzte eine verstärkte Abwanderung in größere deutsche Städte ein. Zu Beginn der NS-Machtübernahme wohnten in Aschbach noch 14 jüdische Familien; ein Teil von ihnen verließ das Dorf in den Folgejahren.

Während des Novemberpogroms drangen einige SA-Angehörige in die Synagoge ein, zerschlugen Inneneinrichtungen und Fenster und schleppten die Kultgegenstände heraus, die anschließend im Beisein der jüdischen Bewohner auf dem Dorfplatz verbrannt wurden. Neun Aschbacher Juden wurden verhaftet und einige ins KZ Dachau überführt. 1942 wurden alle noch in Aschbach lebenden jüdischen Einwohner - meist ältere Menschen - „in den Osten umgesiedelt“. 

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." wurden nachweislich 57 aus Aschbach stammende bzw. längere Zeit hier ansässig gewesene Personen jüdischen Glaubens Opfer der NS-Gewaltherrschaft (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/aschbach_synagoge.htm).

 

Nach dem Krieg kehrte kein Angehöriger der ehemaligen jüduischen Gemeinde Aschbachs in seinen Heimatort zurück.

Ab Januar 1946 hielten sich in Aschbach ca. 100 Displaced Persons (eine Gruppe orthodox-religiöser Anhänger der Misrachi-Bewegung) auf, die sich hier auf die Ausreise nach Palästina vorbereiteten und in der Landwirtschaft Grundkenntnisse erhielten; untergebracht waren sie im Aschbacher Schloss.

Im Frühjahr 1948 wanderte die sich hier zusammengefundene Kibbuzgemeinschaft („Laejwer Hajardejn“) geschlossen aus.

 Ehem. Synagogengebäude (Aufn. aus: I. Schwierz, 1987)

Das ehem. Synagogengebäude in der Bachgasse 8 ist bis heute erhalten geblieben und befindet sich in Privatbesitz. Nach umfangreicher Renovierung im Jahr 2003 dient es heute Wohnzwecken. Auch das ehemalige jüdische Schulhaus ist noch vorhanden.

Auf dem mit einer Mauer umgebenen ca. 3.400 m² großen Areal des jüdischen Friedhofs befinden sich heute ca. 350 Grabsteine.

  

Friedhof/Taharahaus - alter Grabstein (Aufn. Jan Eric Loebe, 2011, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

Am Eingang des mit einer Mauer umgebenen jüdischen Friedhofs erinnert ein steinernes Mahnmal an die jüdischen Opfer der NS-Diktatur:

Als Opfer des Faschismus starben den Märtyrertod

folgende Einwohner der Gemeinde Aschbach

(Es folgen 16 Namen)

Ende der 1990er Jahre errichtete der Verband der israelitischen Kultusgemeinden Bayern im Ortskern einen Gedenkstein zur Erinnerung an die einstige jüdische Gemeinde:

Zum Gedenken an die jüdischen Bürger von Aschbach,

die während der nationalsozialistischen Herrschaft verfolgt

und im März 1942 in die Vernichtungslager deportiert wurden

Den Toten zur Ehre - den Lebenden zur Mahnung

Errichtet im Jahre 1977 vom Landesverband der israelitischen Kultusgemeinden in Bayern

 

In Reichmannsdorf, einem anderen Ortsteil Schlüsselfelds, gab es auch eine israelitische Gemeinde, die bis kurz nach 1900 existierte.

[vgl. Reichmannsdorf (Bayern)]

 

 

 

Weitere Informationen:

Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann, Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918 - 1945. Geschichte und Zerstörung, Oldenbourg-Verlag, München/Wien 1979, S. 105 – 107

Bernd Reuß, Die Geschichte der jüdischen Kultusgemeinde Aschbach im Zeitraum von 1900 – 1945, Facharbeit Geschichte am Gymnasium Höchstadt/Aisch, Maschinenmanuskript 1983

Gerhard Wilhelm Daniel Mühlinghaus, Der Synagogenbau des 17. u. 18.Jahrhunderts im aschkenasischen Raum, Dissertation, Philosophische Fakultät Marburg/Lahn, 1986, Band 2, S. 29 - 30

Klaus Guth (Hrg.), Jüdische Landgemeinden in Oberfranken (1800 - 1942). Ein historisch-topographisches Handbuch, Bayrische Verlagsanstalt Bamberg, Bamberg 1988, S. 77 - 92

Anette Faber, Die Synagoge von Aschbach - Zur Erarbeitung eines Restaurierungskonzeptes, in: "Heimat Bamberger Land", 1/1989, S. 16 f.

Eva Groiss-Lau, Die Aschbacher Synagoge, in: "Forschungsforum. Berichte aus der Otto-Friedrich-Universität Bamberg", Heft 1, Bamberg 1989, S. 122 - 125

Ingrid Schmidt/Stefan Korinski, Die Synagoge in Aschbach. Ergebnisse der Bauforschung, in: "Forschungsforum. Berichte aus der Otto-Friedrich-Universität Bamberg", Heft 1, Bamberg 1989, S. 126 - 130

Israel Schwierz, Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern - Eine Dokumentation, Hrg. Bayrische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, München 1992, S. 203/204

Theodor Harburger, Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern, Band 2: Adelsdorf - Leutershausen, Hrg. Jüdisches Museum Franken - Fürth & Schnaitach, Fürth 1998, S. 22/23

Johann Fleischmann, Mesusa 1 - Spuren jüdischer Vergangenheit an Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach, Hrg. Arbeitskreis “Jüdische Landgemeinden an Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach”, Selbstverlag J.Fleischmann, Mühlhausen 1998, S. 79 f.

Aschbach, in: alemannia-judaica.de (mit Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Johann Fleischmann, Mesusa 2 - Spuren jüdischer Vergangenheit an Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach, Hrg. Arbeitskreis “Jüdische Landgemeinden an Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach”, Selbstverlag J.Fleischmann, Mühlhausen 2000, S. 129 f. und S. 209 f.

Jim G. Tobias, Vorübergehende Heimat im Land der Täter. Jüdische DP-Camps in Franken 1945-1949, ANTOGO Verlag, Nürnberg 2002, S. 199 – 202 („Der religiöse Kibbuz Laejwer Hajardejn auf Schloß Aschbach“)

Johann Fleischmann, Mesusa 4 - Lebensbeschreibungen und Schicksale. Spuren jüdischer Vergangenheit an Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach, Selbstverlag J. Fleischmann, Mühlhausen 2004, S. 243 - 268

Herbert Liedel/Helmut Dollhopf, Jerusalem lag in Franken. Synagogen und jüdische Friedhöfe, Echter-Verlag GmbH, Würzburg 2006, S. 26 – 29

Hans-Christof Haas, Aschbach, in: Mehr als Steine ... Synagogengedenkband Bayern, Band 1, Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg/Allgäu 2007, S. 56 – 65

Hans-Peter Süss, Jüdische Archäologie im nördlichen Bayern. Franken und Oberfranken, in: "Arbeiten zur Archäologie Süddeutschlands", Band 25, Büchenbach 2010, S. 47/48

Johann Fleischmann, Mesusa 8 - Aus der jüdischen Vergangenheit von Walsdorf, Lonnerstadt, Aschbach und anderen Orten Frankens. Spuren jüdischer Vergangenheit an Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach, Selbstverlag J. Fleischmann, Mühlhausen 2011 

Aschbach - Kibbuz Laejwer Hajardejn (Hachschara) - Kibbutz Laejwer Hajardejn (Hachsharah), online abrufbar unter: after-the-shoah.org

N.N. (Red.), Aschbach. Orthodoxe Landgemeinde und Misrachi-Kibbuz, Artikel-Reihe: "Nur Steine zeugen von jüdischen Landgemeinden in Franken", in: haGalil.com vom 30.6.2017