Angeltürn/Main-Tauber (Baden-Württemberg)

Datei:Boxberg im Main-Tauber-Kreis.png Angeltürn ist heute ein Stadtteil von Boxberg im Main-Tauber-Kreis – zwischen Würzburg (im NO) und Heilbronn (im SW) gelegen (Kartenskizze 'Main-Tauber-Kreis', F. Paul 2009, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Erstmals sind jüdische Bewohner im Dörfchen Angeltürn im Jahre 1722 erwähnt. Als Schutzjuden unterstanden sie bis 1806 den adligen Freiherren von Fick, danach Baden. In der Folgezeit entwickelte sich eine kleine israelitische Gemeinde, die aber nie mehr als ca. 70 Angehörige zählte. Die um 1800 hier lebenden Juden waren - bis auf eine Familie - recht arm; ihren kärglichen Lebensunterhalt bestritten sie mit Gebrauchtwarenhandel und dem Makeln.

Seit der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts besaß die Judenschaft eine Synagoge in der Steinstraße, die um 1860 durch eine neue ersetzt wurde.

aus: "Großherzoglich Badisches Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 9.4.1853  http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20346/Angeltuern%20Amtsblatt%20Seekreis%2009041853.jpg

Verstorbene wurden auf dem jüdischen Friedhof in Bödigheim bestattet. 

Die Angeltürner Judenschaft war dem Rabbinatsbezirk Merchingen zugeordnet.

Juden in Angeltürn:

         --- 1801 ..........................   8 Familien (ca. 30 Pers.),

    --- 1825 ..........................  48 Juden (ca. 19% d. Dorfbev.),

    --- 1833 ..........................  56   "  ,

    --- 1841 ..........................  69   “  ,

    --- 1864 ..........................  64   "  ,

    --- 1875 ..........................  46   “  ,

    --- 1900 ..........................  10   “  ,

    --- 1910 ..........................  10   "  ,

    --- 1930 ..........................   3   “  ,

    --- 1938 (Dez.) ...................  keine.

Angaben aus: F.Hundsnurscher/G.Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden, S. 36

und                 Herbert Gagalick, Das Baulanddorf Angeltürn - ein Beitrag zur Heimatkunde

 

Mit dem Niedergang der kleinen Gemeinde, die 1913 endgültig aufgelöst wurde, war auch das Synagogengebäude verkauft worden. Es diente in der Folgezeit landwirtschaftlichen Zwecken; als es baufällig geworden war, wurde es Anfang der 1980er Jahre abgerissen.

                  Abriss des ehem. Synagogengebäudes (Aufn. 1981)

Mit der Übersiedlung der letzten beiden hochbetagten jüdischen Bewohner ins Altersheim nach Gailingen endete 1938 jegliches jüdisches Leben in Angeltürn.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." wurden sechs aus Angeltürn stammende jüdische Bewohner Opfer der Shoa (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/angeltürn_synagoge.htm).

 

 

Im Boxberger Ortsteil Unterschüpf existierte seit dem beginnenden 18.Jahrhundert bis um 1870 eine kleine jüdische Gemeinde mit maximal ca. 65 Angehörigen, die dem Rabbinatsbezirk Merchingen zugeordnet war. Die Gemeinde besaß eine Synagoge; Verstorbene wurden in Unterbalbach beerdigt. Während der Unruhen von 1848 richtete sich der „Volkszorn“ - hier waren es vor allem Auswärtige - auch gegen die jüdischen Bewohner: fünf von Juden bewohnte Häuser wurden geplündert. Die Bewohner konnten sich nur durch Flucht in Sicherheit bringen. Nach den Ausschreitungen verließ ein Teil der Familien Unterschüpf für immer. In den 1860er Jahren waren noch ca. 30 jüdische Bewohner hier ansässig; ein Jahrzehnt später nur noch zwei. Das Synagogengebäude wurde verkauft und dann als Scheune genutzt.

 

In Boxberg selbst hat es zu keiner Zeit eine nennenswerte Ansiedlung von Juden gegeben.

 

 

 

Weitere Informationen:

Leopold Löwenstein, Geschichte der Juden in der Kurpfalz. Beiträge zur Geschichte der Juden in Deutschland, Bd. 1, o.O. 1895, S. 269

F.Hundsnurscher/G.Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden - Denkmale, Geschichte, Schicksale, Hrg. Archivdirektion Stuttgart, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1968, S. 36 und S. 280

Rolf Rüdiger/Alois Burger, Unterschüpfer Chronik, Hrg. Schüpfer Vereine, 1982, S. 218 ff.

Herbert Gagalick, Das Baulanddorf Angeltürn - ein Beitrag zur Heimatkunde, in: Broschüre zum ‘Heimatfest Angeltürn’ 1986, S. 51

Joachim Hahn, Erinnerungen und Zeugnisse jüdischer Geschichte in Baden-Württemberg, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, S. 336

Dieter Thoma, Die hiesigen März- und April-Unruhen 1848, in: "Mein Boxberg - Zeitschrift des Heimatvereins Boxberg", No. 33/1999, S. 66 f.

Angeltürn, in: alemannia-judaica.de

Unterschüpf, in: alemannia-judaica.de

Joachim Hahn/Jürgen Krüger, “Hier ist nichts anderes als Gottes Haus ...” Synagogen in Baden-Württemberg, Teilband 2: Orte und Einrichtungen, Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart 2007, S. 54/55