Zündorf/Rhein (Nordrhein-Westfalen)

  Lage des Stadtteils Zündorf im Stadtbezirk Porz Zündorf ist seit 1976 ein rechtsrheinischer Stadtteil von Köln im Stadtbezirk Porz  (Lage von Zündorf auf hist. Karte von 1865, aus stadt-koeln.de  und  Kartenskizze 'Zündorf im Stadtbezirk Porz', TUBS 2010, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 2.0).

 

In der frühen Neuzeit hatten sich aus der Stadt Köln vertriebene jüdische Familien im Amt Porz angesiedelt. Weitere Familien zogen im Laufe des 18.Jahrhunderts zu. Hauptursache für ihre Ansässigkeit dürfte die wirtschaftliche Bedeutung von Niederzündorf – es besaß das Kölner Stapelrecht – gewesen sein. Rund um die Gütergasse - auch „Judengasse“ genannt - entstand offenbar ein kleines jüdisches Wohngebiet, dessen Bewohner zumeist als Kleinkaufleute und Viehhändler/Metzger zu bescheidenem Wohlstand gelangten. Die Grabstätte des aus Zündorf stammenden Juden Isachar auf dem Deutzer Friedhof ist der erste Beleg für die Existenz von Juden in (Nieder-) Zündorf.

Seit 1718 gab es in Zündorf einen Betraum, den der Kaufmann Andreas Salomon in seinem Hause zur Verfügung gestellt hatte. Seit den 1780er Jahren verfügte die kleine jüdische Gemeinschaft über ein eigenes Synagogengebäude; als dieses den Bedürfnissen der größer gewordenen Gemeinde nicht mehr entsprach, ließ man auf einem Grundstück an der Hauptstraße einen Neubau errichten. Im Siegburger Kreisblatt vom 12.8.1882 wurde in einer Anzeige zur Einweihung der Synagoge am 18., 19. u. 20. August 1882 eingeladen. Mit Feierlichkeiten wurde das massive Ziegelsteingebäude dann der Gemeinde übergeben; ein Festumzug durch den Ort, bei dem die Thorarollen durch die Straßen getragen wurden, ein Konzert und Festball begleiteten die Festlichkeiten. Der Chronist der Pfarrei St. Mariä Geburt merkte dazu an: „... Die Juden hatten ihre Häuser beflaggt, dasselbe war auch an einzelnen christlichen Häusern der Fall, an denen der Zug vorbeiging. ... die jüdische Synagoge ist nach vielen Anstrengungen fertig, die Feier verlief unter der Teilnahme vieler auswärtiger Juden programmgemäß ab. Natürlich waren auch in der Synagoge mehrere von Neugier getriebene Christen.

Rückfront des ehem. Synagogengebäudes (Aufn. aus: minderheiten-in-porz.de)

Die Zündorfer Judenschaft war zunächst eine Spezialgemeinde innerhalb der Mülheimer Synagogengemeinde; zu ihr gehörten auch die jüdischen Familien in den Bürgermeistereien Heumar, Rösrath und Wahn. Erst nach 1900 wurde ihr die Autonomie zugesprochen.

Eine eigene jüdische Schule existierte in Zündorf nur für wenige Jahre, nämlich von 1816 bis 1824.

Begräbnisse verstorbener Juden Zündorfs fanden zunächst auf Friedhöfen der Umgebung statt - zumeist in Deutz; in den 1920er Jahren wurde ein eigenes Beerdigungsgelände an der heutigen Poststraße in Wahn in Nutzung genommen.

Juden in Zündorf:

    --- 1811 .............................  31 Juden,

    --- 1927 .............................  75   “  ,

             ............................. 115   “  ,*    * Synagogengemeinde

    --- 1939 (Mai) .......................  26   “  ,

    --- 1942 (Aug.) ......................  keine.

Angaben aus: Frank Schwalm, Jüdisches Leben in Porz

 

Bis Ende des 19.Jahrhunderts gehörten die Zündorfer Juden zu den „kleinen Leuten“. In den Jahrzehnten danach spielten Zündorfer Juden eine immer wichtigere Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung der Region; so zogen hier gegründete Industrieunternehmen wie die Dampfhobel- und Sägewerke Dülken & Co. und die Isolierfabrik Meirowsky weitere Ansiedlungen nach sich. Als sich nach 1920 die wirtschaftlichen Lage verschlechterte, verarmte die Gemeinde, die es sich nun nicht einmal mehr leisten konnte, das Synagogengebäude zu renovieren. Zugleich setzte eine Abwanderung jüdischer Familie, zumeist nach Köln, ein.

Im Frühjahr 1938 veräußerte die kleine Gemeinde ihr Synagogengebäude; deshalb blieb das Gebäude auch während der „Kristallnacht“ unangetastet. Verwüstet wurde das Geschäft des hiesigen jüdischen Metzgers Albert Salomon.

Vier Jahre später wurde vom Amtsgericht Köln die Synagogengemeinde Zündorf offiziell aufgelöst. Der jüdische Friedhof wurde der Kommune Porz zum Kauf angeboten. Im Juni 1942 verließen die letzten jüdischen Bewohner Zündorf; sie wurden - via Köln-Deutz - deportiert. Mindestens sieben jüdische Zündorfer fielen der Shoa zum Opfer.

 

Eine Bronze-Plakette wurde im Rahmen des 73.Jahrestages des Novemberpogrom in den Gehweg vor dem Haus Hauptstraße 159 eingelassen, das von 1882 bis 1938 Mittelpunkt der jüdischen Gemeinde war.

Auch im Kölner Stadtteil Zündorf ist eine Reihe sog. „Stolpersteine“ in die Gehwege verlegt worden.

Stolperstein Köln, Albert Brünell (Am Markt 6).jpgStolperstein Köln, Melanie Brünell (Am Markt 6).jpg Stolperstein Köln, Klara Mayer (Marktstraße 6).jpgStolperstein Köln, Leo Mayer (Marktstraße 6).jpgStolperstein Köln, Ruth Mayer (Marktstraße 6).jpg

Fünf "Stolpersteine", die an zwei jüdische Familien erinnern, am Markt bzw. Marktstr. (Aufn. M., 2015, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

Der nur etwa ein Jahrzehnt genutzte jüdische Friedhof - gelegen in einem Wäldchen zwischen Gartenstraße und Hasenkaul - weist insgesamt acht Gräber bzw. sechs Grabsteine auf; eine Gedenkstele mit den Namen der Opfer des Holocaust soll künftig hier errichtet werden.

    undefined Jüdischer Friedhof (Aufn. REZAG 2011, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

 

                  Weitere Informationen:

Georg Hoffmann, Die Juden im Erzstift Köln im 18.Jahrhundert, Dissertation München 1928

Frank Schwalm, Jüdisches Leben in Porz, o.O. o.J.

Reinhard Rieger, Die Zündorfer Judengemeinde, in: "Unser Porz. Beiträge zur Geschichte von Amt und Stadt Porz", Heft 12/1970, S. 1 - 50

Michael Brocke (Hrg.), Feuer an dein Heiligtum gelegt - Zerstörte Synagogen 1938 Nordrhein-Westfalen, Ludwig Steinheim-Institut, Kamp Verlag, Bochum 1999, S. 434/435

Karl Heinz Boley, Zündorfer Judengemeinde, in: porzer-inselfest.de

Auflistung der in Zündorf verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_im_Kölner_Stadtteil_Zündorf