Triesch (Mähren)

 Datschitz Die südlich von Iglau (Jihlava) bzw. nordwestlich von Trebitsch (Trebic) gelegene Ortschaft Triesch ist das tschechische Třešť mit derzeit ca. 5.700 Einwohnern (Ausschnitt aus hist. Landkarte, Triesch am oberen Kartenrand, aus: europe1900.eu  und  aktuelle Karte der Region aus: pragerzeitung.cz/).

 

                       In den Jahrzehnten um 1800 erreichte die Judenschaft in Triesch ihre höchste Personenzahl und machte damals fast 20% der dortigen Gesamtbevölkerung aus.

Die Anfänge der Judengemeinde in Triesch liegen in der ersten Hälfte des 15.Jahrhunderts, als vertriebene jüdische Familien aus Iglau hier eine neue Bleibe fanden. Anderen Angaben zufolge sollen sich Juden bereits im 13.Jahrhundert in Triesch angesiedelt haben, eine Gemeinde allerdings erst um 1650 gegründet worden sein. Ein Bethaus ist erstmals 1693 urkundlich nachgewiesen.

Für das 16.Jahrhundert liegen keine Informationen über die Triescher Juden vor; diese setzen erst wieder in der zweiten Hälfte des 17.Jahrhunderts ein. Damals lebten die ansässigen Familien vom Woll- und Tuchhandel, aber auch vom Branntweinausschank; einige waren in der Pottasche-Herstellung tätig. Seit dieser Zeit bildete das „Judenviertel“ einen Teil des Stadtkerns; es war mit einer niedrigen Mauer umgeben, durch die drei Tore zum christlichen Wohngebiet führten. Viele der einstigen Ghettohäuser sind erhalten geblieben, allerdings durch Umbauten verändert.

Zur Zeit Josephs II. wies das jüdische Familiantenbuch der Herrschaft Triesch etwa 120 jüdische Familien auf; ihren zahlenmäßigen Höchststand erreichte die Gemeinde in den ersten Jahrzehnten des 19.Jahrhunderts. Nach einem großen Stadtbrand, der das gesamte jüdische Ghetto mitsamt der Synagoge zerstörte, ließ die relativ große Gemeinde eine neue Synagoge im Empire-Stil errichten; sie wurde im September 1825 eingeweiht. Spendengelder und der finanzielle Beitrag des Juden Jiczak Wiesenwald hatten den Neubau erst möglich gemacht.

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Synagoge in Triesch (links: hist. Aufn. - rechts: nach der Restaurierung, Aufn. B. Skála, 2014, aus: commons.wikimedia.org CC BY-SA 3.0)

1860 wurde eine Volks- und Religionsschule in Triesch gegründet; da diese Schule einen öffentlichen Status hatte, wurde sie auch von christlichen Kindern besucht. Bis 1848 war Triesch auch Standort einer bekannten Jeschiwa, die vom Rabbiner Josef Frankfurter geleitet wurde.

Das an einem Hang liegende jüdische Friedhofsgelände wurde vermutlich bereits zu Beginn jüdischer Ansässigkeit in Triesch benutzt; die ältesten noch vorhandenen Grabsteine stammen allerdings erst aus dem frühen 18.Jahrhundert.

Juden in Triesch:

         --- um 1670 .......................   8 jüdische Familien,

    --- um 1790 ................... ca. 120     “       “    ,

    --- 1830 .......................... 750 Juden,

    --- 1848 .......................... 621   “   (ca. 14% d. Bevölk.),

    --- 1857 .......................... 676   “  ,

    --- 1869 .......................... 281   “  ,

    --- 1880 .......................... 266   “  ,

    --- 1890 .......................... 245   “  ,

    --- 1900 .......................... 169   “  ,

    --- um 1930 .......................  64   “   (1,3% d. Bevölk.),

    --- 1942/43 .......................  keine.

Angaben aus: Hugo Gold, Die Juden und Judengemeinden Mährens in Vergangenheit und Gegenwart, S. 547

 

Jüdische Unternehmer sollen maßgeblich am wirtschaftlich-industriellen Aufstieg von Triesch beteiligt gewesen sein. Um 1830/1840 lebten etwa 600 bis 700 Juden in der Stadt. Nach der Emanzipation wanderten viele jüdische Einwohner sehr rasch aus Triesch weg; innerhalb von fünf Jahren hatte sich die Zahl der Gemeindeangehörigen mehr als halbiert.

Unter der NS-Herrschaft wurde das Ende der inzwischen sehr kleinen Gemeinde endgültig besiegelt. Mitte Mai 1942 wurden die letzten jüdischen Bewohner von Triesch/Třešť in die Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert.

 

Gegenwärtig dient das ehemalige Synagogengebäude als Versammlungsort der tschechischen Hussiten-Kirche. Im jüngst restaurierten Gebäude findet man heute zwei Ausstellungen: eine Dokumentation zur Geschichte der jüdischen Gemeinde Triesch und die Ausstellung „Franz Kafka in Třešť “.

restauriertes Synagogengebäude (H. 2007, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

Eine der historischen Thorarollen ist heute in der jüdischen Gemeinde in Cincinatti (USA) in Gebrauch.

Seit 1992 erinnert ein Mahnmal an die verschleppten und ermordeten Juden aus Triesch/Třešť. Der in den 1980er Jahren restaurierte jüdische Friedhof weist heute noch wertvolle barocke und klassizistische Grabmäler auf; der älteste vorhandene Grabstein von insgesamt ca. 1.300 Steinen datiert aus dem Jahr 1705.

Jüdischer Friedhof in Třešt (Aufn. GFreihalter, 2017, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)


Grabmale - jüdischer Friedhof Triesch/Třešť (Aufn. links: geni.com, 2012 und rechts: F., 2009, aus: commons.wikimedia.org, CC BY 3.0)

2003 fand erstmals seit Kriegsende wieder eine Beisetzung auf dem jüdischen Friedhof von Třešť statt: Die sterblichen Überreste von Wolfgang Münch, einem Nachkommen der Unternehmerfamilie Münch, wurden aus Großbritannien nach Třešť überführt.

 

 

 

Weitere Informationen:

H.Gold/B.Wachstein (Bearb.), Geschichte der Juden in Triesch, in: Hugo Gold (Hrg.), Die Juden und Judengemeinden Mährens in Vergangenheit und Gegenwart, Jüdischer Buch- und Kunstverlag, Brünn 1929, S. 539 - 548

Hugo Gold, Gedenkbuch der untergegangenen Judengemeinden Mährens, Olamenu-Verlag, Tel Aviv 1974, S. 113

Jiří Fiedler, Jewish Sights of Bohemia and Moravia, Prag 1991, S. 186/187

The Jewish Community of Trest (Triesch), Hrg. Beit Hatfutsot – The Museum of the Jewish people, online abrufbar unter: dbs.bh.org.il/place/trest

Jewish Families from Třešť (Triesch), Moravia, Czech Republic, online abrufbar unter: geni.com/projects/Jewish-Families-from-Třešť-Triesch-Moravia-Czech-Republic/people/13141 (Anm. mit detaillierter Namensliste)

Jewish cemetery in Třešť (mit zahlreichen Aufnahmen), online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Jüdischer_Friedhof_(Třešť)