Rastatt (Baden-Württemberg)

Königreich Württemberg (1806 – 1918)Datei:Rastatt in RA.svg  Rastatt – derzeit ca. 51.000 Einwohner - ist eine Kreisstadt in Baden-Württemberg – ca. 20 Kilometer südwestlich von Karlsruhe gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte von 1812, aus: deutsche-schutzgebiete.de  und  Kartenskizze 'Landkreis Rastatt', Hagar 2010, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).

Festung Rastatt um 1850 (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

Über die Geschichte der Rastatter Juden im Mittelalters ist kaum etwas bekannt; vermutlich lebten bereits im 13.Jahrhundert in Rastatt jüdische Familien, da sich zu dieser Zeit in der Markgrafschaft, z.B. in Pforzheim, Ansiedlungen nachweisen lassen. In Berichten aus den Jahren 1337/1338 werden Pogrome erwähnt. Ende des 16.Jahrhunderts sollen sich zwei jüdische Familien gegen hohe Schutzgeldzahlungen an den Markgrafen hier angesiedelt haben. Sie mussten auch finanzielle Abschläge zur Unterhaltung des Postbetriebes zwischen Rötteln und Pforzheim zahlen.

                 Aus dem ersten bekannten Schutzbrief für eine jüdische Familie in Rastatt:

"Wir Philipp von Gottes Gnaden Marggarfe zu Baden und Hachberg, Grave zu Spanheim und Eberstain, Herr zu Lahr und Mahlberg usw. bekennen hiermit, das wir Sambson Juden und seinen Schweher Abraham samt Weib und Kindern, auch Brothgesind inn unserm Schutz und Schirmb gnediglich uff- und angenommen haben; thun solches auch kraft diß allso, daß er, Sambson, dergestalt die Tage seines Lebens über sein häusliche Wohnung inn unserer obern Marggrafschaft Baden haben soll und möge ..."

                                        Schutzbrief um 1800

In der Folgezeit wurden Juden mal geduldet, mal vertrieben. Besonders nach verheerenden Kriegen neigten die Landesherren aus fiskalischen Gründen dazu, jüdische Familien in Rastatt sich ansiedeln zu lassen. Die finanzielle Belastung der jüdischen Bewohner war teilweise so groß, dass sie in ärmlichen Verhältnissen lebten. Ein Amtsschreiber schrieb 1720:„ Die Juden leben miserabel, so daß ihre Weiber und Kinder wie Geister herumgehen”. Ab den 1720er Jahren erhielten die Rastatter Juden die Erlaubnis, einen eigenen Betsaal im Stadtgebiet in einem Privathause einzurichten; diese Konzession wurde ihnen Jahre später vom regierenden Markgrafen Ludwig Georg „wegen Störung der öffentlichen Ruhe” wieder entzogen; als Ersatz durften sie ein „Betlocal“ jenseits der Murg nutzen.

Ihre erste Synagoge, einen schmucklosen Bau, ließ die Rastatter Judenschaft 1826 errichten; sie befand sich in der Augusta-Vorstadt (Ottersdorfer Straße, heutige Hildastraße) und wurde 1829 von dem Heidelberger Rabbiner Rehfuß eingeweiht.

                  Eingang zur alten Synagoge (hist. Aufn. aus: Festschrift von 1931) http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2017/Rastatt%20Synagoge%20a01.jpg

30 Jahre später wurde die Synagoge renoviert; dazu erschien am 26.Sept. 1859 ein Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums", der auch über die Situation der jüdischen Gemeinde Auskunft gibt:

"Rastatt, Ende August (Privatmitth.). Die hiesige Einwohnerschaft beträgt ungefähr 12.000 Seelen, wovon die Hälfte auf die Besatzung der Bundesfestung kommt, die israelitische Gemeinde besteht nur aus 15 Familien und befindet sich somit in der bescheidensten Minderzahl. Groß aber ist das Wohlwollen, dessen sie sich von Seiten der ganzen Einwohnerschaft, und namentlich von Seiten der Gemeindebehörde zu erfreuen hat. So empfangen die israelitischen Armen, gleich den christlichen, regelmäßige Unterstützung aus der städtischen Armenkasse, so erhält die israelitische Schule, welche nur Religionsschule ist, jährlich 1 1/2 Klafter Holz aus dem Stadtwalde unentgeltlich, und ebenso der Lehrer 1/2 Klafter zu seinem Privatgebrauch. Wenn dieses allein schon den Geist der wahren Liebe und des wahren Fortschrittes bezeichnet, welcher die hiesige christliche Gemeinde und namentlich deren aufgeklärte Vorstände beseelt, so ist doch aus jüngster Zeit noch eine weit höhere Kundgebung ihres Edelsinnes erfolgt, welche die weiteste Verbreitung verdient. Es hat nämlich die hiesige israelitische Gemeinde ihre Synagoge restauriert, namentlich mit Subsellien und Chorbänken versehen, um hierdurch die Abhaltung des Gottesdienstes selbst in bessere Form zu bringen, und empfing aus diesem Anlaß Beweise der aufmunterndsten Theilnahme von Seiten der christlichen Einwohnerschaft, namentlich von einem Kaufmanne eine sehr schöne Schulchan-Decke, und von der Gemeindebehörde einen Beitrag von 250 Fl. (=Gulden) aus der Stadtkasse als freies Geschenk; ... So wurde auch die Wiedereröffnung der restaurierten Synagoge allseitig mit aufrichtiger Theilnahme begleitet, nicht nur durch die Anwesenheit der achtbarsten Personen aus allen Ständen, sondern auch wieder durch verschiedene Gaben, Diese Wiedereröffnung fand am verflossenen Sabbath Nachmu (= 12./13. August 1859) statt und es nahm der hierzu berufene Bezirksrabbiner Schott aus Bühl Veranlassung, sowohl in der Predigt des humanen Verhaltens der städtischen Behörden und Einwohnerschaft zu gedenken, als auch nachher in Begleitung des Vorstehers, Herrn Hirsch Löw, dem Herrn Stadtdirektor Scheible, dem Herrn Stadtbürgermeister Dr. Hammer und dem Herrn Stadtdekan Buchdunger Dankbesuche abzustatten, bei welcher Gelegenheit die gedachten Herren sich auf das Wohlwollendste aussprachen, und das gute ehrenhafte Streben der hiesigen Israeliten anerkannten. Zum Schluß zu Diesem selbst habe ich noch mitzutheilen, daß man hier die vortreffliche Gottesdienstordnung der Gemeinde Bühl anzunehmen beschlossen, und zu diesem Zwecke einen guten Vorsänger und Lehrer in der Person des Herrn Model von Bühl engagiert, wobei die Gemeinde die bisherige Besoldung des Lehrers um 100 Gulden erhöht hat, was bei ihrer Geringzähligkeit gewiß ein großes Opfer ist. Gott möge es ihr lohnen."  

Zur Renovierung hatte die Kommune einen Zuschuss gegeben, für den sich die jüdische Gemeinde öffentlich bedankte (siehe Anzeige).

       http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20447/Rastatt%20Karlsruher%20Zeitung%2018590820.jpg Anzeige in der "Karlsruher Zeitung" vom 20.8.1859

Eine neue Synagoge in Rastatt wurde 1905/1906 im neubarocken Stile - konzipiert vom Baurat Prof. Ludwig Levy aus Karlsruhe - auf dem ehemaligen Festungsgelände in der heutigen Leopoldstraße errichtet; sie ersetzte mit ihren mehr als 300 Plätzen den 1829 gebauten, zu klein gewordenen jüdischen Betsaal in der Augusta-Vorstadt; dieser hatte auch erhebliche bauliche Mängel aufgewiesen.

                        Rastatter Synagoge am Leopoldsring (hist. Aufn., Stadtarchiv)

Im Synagogeninnern befand sich ein imposanter Tora-Schrein aus weißem Sandstein. Über die Einweihung am 11.9.1906 berichtete die lokale Presse sehr ausführlich:

„ ... Unsere israelitischen Mitbürger begingen gestern die Einweihungsfeier der neuerbauten Synagoge. Die Stadt prangte im Fahnenschmuck und der Himmel machte ein freundliches Gesicht dazu. Es waren von auswärts viele eingeladene Gäste eingetroffen und auch von Rastatt waren aus allen Berufs- und Gesellschaftsklassen Teilnehmer und Abordnungen erschienen. Die Feier begann nachmittags halb 3 Uhr mit einem einfachen Abschiedsgottesdienst in der alten Synagoge. Unter Vorantritt einer Musikkapelle ging es dann nach dem neuen Gotteshause, wobei eine Schar weißgekleideter Mädchen die Spitze des Festzuges bildete. Die ältesten Gemeindemitglieder trugen die Thorarollen. ... Die neue Synagoge befindet sich am Leopoldring in der Nähe von Bastion XII auf einer kleinen Anhöhe; sie ist nach dem Plan des Herrn Professors Levy aus Karlsruhe im Barockstil erbaut und wird von einem in Kupfer gekleideten Turme überragt. Der Bau, der sich in der Mitte eines großen freien Platzes erhebt, ist mit einem kunstvoll gearbeiteten Gitter eingefriedigt ... Am schönen Hauptportal, zu dem eine Terrasse von rotem Sandstein führt, sind in goldener hebräischer Schrift die Worte des Erzvaters Jakob angebracht: ‘Wie ehrfurchtsvoll gebietend ist diese Stätte; dieses ist nichts anderes als ein Gotteshaus und dieses ist das Tor des Himmels. ... “

(aus: „Rastatter Tageblatt” No. 212 vom 12.9.1906)

                           Festumzug zur Eröffnung der neuen Synagoge (1906, Stadtarchiv)

Anm.: Im Hintergrund ist das alte Synagogengebäude zu sehen.

Für die Erledigung der religiös-rituellen Angelegenheiten war seitens der Gemeinde ein Lehrer angestellt.

 

Anzeigen aus: "Großherzoglich Badisches Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 24. Nov. 1855 und "Der Israelit“ vom 21.Dez.1922

Vier Jahrzehnte (von 1883 bis 1923) wirkte in Rastatt der jüdische Lehrer Emanuel Mayersohn; er verstarb 1924 („ Der Verstorbene hat hier fast ein Menschenalter hindurch in seltener Pflichttreue seines Amtes als Lehrer, Kantor und Prediger gewaltet, hoch geehrt von allen, die ihn kannten.“)

Ihre Verstorbenen wurden auf dem israelitischen Friedhof auf dem Mergelhof bei Kuppenheim bestattet, auf dem jahrhundertelang Juden der gesamten Markgrafschaft ihre letzte Ruhe fanden. Dabei musste für jede Beerdigung ein Begräbnisgeld an die Landesherrschaft entrichtet werden. Erst seit 1881 gab es in Rastatt an der Karlsruher Straße einen eigenen jüdischen Friedhof.

Die wenigen Juden aus Muggensturm gehörten auch zur Rastatter Gemeinde.

1927 wurde die Gemeinde dem Rabbinatsbezik Bühl zugeteilt.

Juden in Rastatt:

          --- um 1685 .........................   3 jüdische Familien,

    --- um 1700 .........................  10    “         “   ,

    --- um 1720 .........................   5    "         "   ,

    --- 1825 ............................  61 Juden,

    --- 1834 ............................  89   “  ,

    --- 1845 ............................ 100   “  ,

    --- 1865 ............................ 158   “  ,

    --- 1875 ............................ 230   “  ,

    --- 1900 ............................ 227   “  ,

    --- 1905 ........................ ca. 250   “  ,

    --- 1925 ............................ 197   “  ,

    --- 1933 ............................ 155   “  ,

    --- 1940 (Okt.) .....................  30   "  ,

    --- 1941 ............................  keine.

Angaben aus: F.Hundsnurscher/G.Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden - Denkmale, ... , S. 243

 

    Ak Rastatt im Schwarzwald Baden Württemberg, Kaiserstraße mit Blick zur Stadtkirche, Brunnen Kaiserstraße in Rastatt (Abb. aus: akpool.de)

Die Mehrzahl der Rastatter Juden lebte Mitte des 19.Jahrhunderts in bescheidenen Verhältnissen; sie verdienten als Handwerker und Kleinhändler ihren Lebensunterhalt. Erst nach 1850/1860 waren die jüdischen Bewohner wesentlich an der wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt beteiligt; mehrere Fabriken und zahlreiche Handelsgeschäfte hatten jüdische Besitzer.

Anzeige des Tabakwaren-Geschäftes M.Mayer jr. (Abb. A., aus: wikipedia.org)

  Lehrstellenangebote jüdischer Betriebe (1890/1900)

Wie sehr sich die Rastatter Juden als Deutsche fühlten, kann dem folgenden Artikel des „Rastatter Tageblatt” vom 26.8.1914 entnommen werden:

                                                            

Patriotische Feier in der Synagoge. Vorgestern abend 6 1/2 Uhr fand in hiesiger Synagoge eine erhebende Feier statt. Unter zahlreicher Zivilbeteiligung fand die Eidesbelehrung von 60 israelitischen Rekruten durch Herrn Kastor Mayersohn statt. In kernigen und zu Herzen gehenden Worten erläuterte dieser den Fahneneid und machte ganz besonders in dieser schwer ernsten Zeit die jungen Vaterlandsverteidiger auf die heiligsten Pflichten für Fürst und Vaterland aufmerksam. Als aber Herr Mayersohn zum Schlusse den Soldaten den priesterlichen Segen spendete und Glück und Segen für alle im Felde stehenden Soldaten erflehte, blieb kein Auge thränenleer, und so fand die Feier einen der Zeit entsprechenden würdigen Abschluß.

Bereits Anfang der 1930er Jahre - noch vor der NS-Machtübernahme 1933 - hatten zahlreiche Juden die Stadt Rastatt verlassen. Noch vor Hitlers Machtantritt konnte die kleiner werdende Gemeinde ihr 25jähriges Synagogenjubiläum begehen.

Etwa ein Jahr später (am 24.11.1932) war in der Zeitschrift „Der Israelit“ ff. Kurzmeldung zu lesen: „Die Synagoge in Rastatt in Baden wurde in der Nacht zum 5. November mit Hakenkreuzen und unflätigen Beschimpfungen vollbeschmiert. Auch einige jüdische Häuser wurden auf die gleiche sinnige Art gezeichnet.“

Wie fast überall in Deutschland wurden auch in Rastatt am 1. April 1933 Geschäfte und Wohnungen jüdischer Bürger von SA-Trupps demoliert.

Meidet jüdische Ärzte“ - SA-Angehörige vor dem Haus des Arztes Alfred Grünebaum, Josefstraße (Aufn. aus: stolpersteine-rastatt.de)

Auf Grund der wirtschaftlichen Folgen des Boykotts, der zunehmenden Repressalien und der allmählichen Entrechtung verließ ein Großteil der jüdischen Familien in den folgenden Jahren die Stadt; so gelang (bis Kriegsbeginn) etwa zwei Drittel der jüdischen Bevölkerung Rastatts die Emigration in die USA, nach Frankreich, Palästina oder andere Länder.

Am frühen Morgen des 10.November 1938  begann die „Aktion gegen Juden“ mit der Verhaftung jüdischer Männer. Die von der NSDAP-Kreisleitung (Kreisleiter Diefenbacher) zusammengerufenen Parteimitglieder und Jugendlichen zogen danach durch die Straßen der Stadt, demolierten und plünderten jüdische Wohnungen und Geschäfte. Am Nachmittag wurde die Synagoge am Leopoldsring ausgeplündert und in Brand gesetzt. (Anm. Die  Ruine wurde Ende November 1938 von Wehrmachtsangehörigen gesprengt und die Trümmer weggeräumt. Die Kosten für den Abbruch hatte die jüdische Gemeinde zu tragen.) Das nebenstehende Rabbinatsgebäude blieb erhalten.                       

                                                    Zerstörte Rastatter Synagoge (Stadtarchiv)

Die verhafteten jüdischen Männer wurden ins Bezirksgefängnis II eingeliefert; von hier wurden sie unter Beschimpfungen und Schlägen zum Bahnhof eskortiert und ins KZ Dachau abtransportiert.

                 Aus dem „Rastatter Tageblatt” vom 11.11.1938:

Empörung in Rastatt

Schon am Spätvormittag des Mittwochs ... bemächtigte sich der Bevölkerung Rastatts eine ungeheure Empörung. Wieder mußte ein Deutscher fallen. Die vielen Taten der Vergangenheit, die dem Judentum in seiner Gesamtheit direkt oder indirekt zu Last fallen, haben nicht genügt, um den Rachedurst dieses in seiner ganzen Geschichte blutrünstigen Volkes zu stillen. ... ist es mehr als begreiflich, wenn sich die lange zurückgehaltene Empörung Luft verschafft. Da man die Stimmung kannte, hatte man die Schutzhaft über alle männlichen erwachsenen Juden verhängt, um zu verhindern, daß sich das Volk zu Gewalttaten am Leben der Juden hinreißen lasse. Die Sicherstellungen wurden in den gestrigen Morgenstunden vorgenommen und waren gegen Mittag zum größeren Teile abgeschlossen. Die Synagoge wurde indessen ein Opfer der Flammen. Weiter war nicht zu verhindern, daß sich der Zorn der empörten Menge vereinzelt auch gegen jüdische Geschäfte wandte, aber auch hier ist kein großer Schaden angerichtet worden. Vielleicht zieht das Judentum im Ausland die entsprechenden Folgerungen. ...

Die noch in jüdischem Besitze befindlichen Geschäfte und Betriebe wurden nun „arisiert“ und gingen - weit unter Wert - an neue Besitzer über. Emigration bzw. Umzug von Juden in deutsche Großstädte setzte 1938/1939 nun verstärkt ein.

Im Oktober 1940 wurden etwa 30 Juden aus Rastatt ins südfranzösische Gurs deportiert; von hier wurde die Mehrzahl später - über Drancy - in Vernichtungslager im besetzten Polen (nach Majdanek u. Auschwitz) verschleppt.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." fielen mindestens 53 aus Rastatt stammende bzw. längere Zeit hier ansässig gewesene Juden dem Holocaust zum Opfer (namentliche Nennung der Opfer siehe: alemannia-judaica.de/rastatt_synagoge.htm).

1948/1949 standen die für das Rastatter Pogrom Verantwortlichen vor dem Offenburger Landgericht; die meisten Angeklagten wurden „wegen schweren Landfriedensbruch und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ zu relativ geringen Haftstrafen verurteilt.

 

Nur acht der deportierten Rastatter Juden überlebten die NS-Zeit.

Am heute noch erhalten gebliebenen Rabbinatsgebäude am Leopoldring erinnert seit 1964 eine Gedenktafel an die Geschichte und Verfolgung der Rastatter Juden. Das Gebäude ist es inzwischen komplett umgebaut worden; nur der ursprüngliche Torbogen ist noch vorhanden. Nach der Sanierung und Öffnung des ehemaligen Kantorenhauses 2010 wird hier mittels einer Ausstellung ein Einblick in das jüdische Leben Rastatts um 1900 gegeben.

Ehem. Kantorenhaus (Aufn. 2010, Stadtmuseum Rastatt) 

Auf dem jüdischen Friedhof an der Karlsruher Straße erinnert seit 1972 ein von der Stadtverwaltung Rastatt aufgestellter Gedenkstein an die jüdischen NS-Opfer der Stadt.

Den jüdischen Bürgern der Stadt Rastatt gewidmet,

welche durch die NS-Gewaltherrschaft zu Tode gekommen sind.

Am 60. Jahrestag der Deportation badischer Juden in das Lager Gurs wurde im Jahre 2000 vor dem Bahnhofsgelände ein entsprechender Gedenkstein errichtet.Evangelische Johannesgemeinde und 

Gedenkstein in Rastatt    Im Rahmen des landesweiten Denkmalprojektes zur Erinnerung an die Deportationen der badischen Juden vom Oktober 1940 haben Jugendliche der Evangelischen Johannesgemeinde und Schüler/innen des Tulla-Gymnasiums im Jahre 2012 einen aus roten Ziegeln gefertigten Memorialstein erstellt, der seinen Platz in der Gedenkstätte Neckarzimmern gefunden hat (Abb. aus: mahnmal-neckarzimmern.de).

2013 wurden erstmals in den Straßen Rastatts sog. „Stolpersteine“ verlegt; inzwischen beläuft sich ihre Zahl auf derzeit ca. 60 (Stand 2022).

"Stolpersteine" für die Familien Maier/Samuel, Am Grün (Aufn. Besinger, 2014)

... und für Angehörige der Fam. Nachmann, denen die Emigration gelang (Aufn. B., 2014, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

Stolperstein Rastatt Karl Nachmann.jpgStolperstein Rastatt Elsa Nachmann.jpgStolperstein Rastatt Edith Nachmann.jpgStolperstein Rastatt Alice Nachmann.jpgStolperstein Rastatt Grete Nachmann.jpgStolperstein Rastatt Getrude Nachmann.jpg

 

 

 

In Gaggenau – ca. zehn Kilometer südöstlich von Rastatt – wurden 2009 die ersten sog. „Stolpersteine“ verlegt. Inzwischen findet man an mehreren Standorten in den Gehwegen ca. 15 messingfarbene Steinquader, die an Angehörige jüdischer Familie erinnern, die Opfer der NS-Herrschaft geworden sind (Stand 2022).

  Stolperstein Familie Meyerhoff Gaggenau.jpgverlegt für Fam. Meyerhoff, Murgtalstraße (Aufn.B., 2013, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

 

 

 

Weitere Informationen:

Einweihungsfeier der neuen Synagoge, in: "Rastatter Tageblatt", No. 212/1906

H.Translateur, Geschichte der Juden von Rastatt, Festschrift zur Feier des 25jährigen Jubiläums der Synagoge in Rastatt, Rastatt 1931

Zur Feier des 25jährigen Bestehens der Synagoge Rastatt, in: "Rastatter Tageblatt", No. 230/1931

Rastatter Judenpogrom vor dem Schwurgericht, in: "Badener Tageblatt" vom 4.11.1948

Oskar Stiefvater, Geschichte und Schicksal der Juden im Landkreis Rastatt, in: "Um Rhein und Murg", No.5/1965, Rastatt 1965, S. 42 - 83

F.Hundsnurscher/G.Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden - Denkmale, Geschichte, Schicksale, Hrg. Archivdirektion Stuttgart, Kohlhammer Verlag Stuttgart 1968, S. 243 - 246

Klaus Schiwek, Der israelitische Friedhof an der Karlsruher Straße in Rastatt, in: "Heimatbuch - Landkreis Rastatt", No.9/1982, S. 144 f.

Wolfgang Reiß, Die ‘neue’ Synagoge in Rastatt 1906 - 1938, in: ‘Heimatbuch - Landkreis Rastatt’, No.10/1983, S. 107 - 114

Jael B. Paulus (Bearb.), Juden in Baden 1809 - 1984. 175 Jahre Oberrat der Israeliten Badens, Karlsruhe 1984

Renate Liessem-Breinlinger, Jules Wertheimer - Autobiographie eines Juden aus Baden, in: "Geroldsecker Land - Jahrbuch 1986", S. 185 ff.

Joachim Hahn, Synagogen in Baden-Württemberg, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1987, S. 45

Joachim Hahn, Erinnerungen und Zeugnisse jüdischer Geschichte in Baden-Württemberg, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, S. 444 f.

Udo Theobald, Jüdische Gemeinden und Jüdische Friedhöfe im Landkreis Rastatt, in: "Heimatbuch - Landkreis Rastatt", No.15/1988, S. 149 f.

A.-R. Löwenbrück/A.Schindler (Bearb.), Jüdisches Leben in Rastatt - Eine Spurensuche, Materialsammlung zur Ausstellung im Stadtarchiv/Stadtmuseum, 1991, S. 12/13

Monika Preuß (Bearb.), Der jüdische Friedhof in Rastatt, Unveröffentlichte Grunddokumentation des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg, 1994

Rastatt 1933 - 1945 Ausstellung des Stadtmuseums (November 1993 - Januar 1994) - Dokumentation, Hrg. Stadt Rastatt, Stadtarchiv, Nachdruck 1996, S. 59 ff. und S. 143 f.

A.-R. Löwenbrück/A.Schindler (Bearb.), Jüdisches Leben in Rastatt - Eine Spurensuche. Materialsammlung zur Ausstellung im Stadtarchiv/Stadtmuseum, 1991

Rastatt, in: alemannia-judaica.de (mit diversen Text- u. Bilddokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Joachim Hahn/Jürgen Krüger, “Hier ist nichts anderes als Gottes Haus ...” Synagogen in Baden-Württemberg, Teilband 2: Orte und Einrichtungen, Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart 2007, S. 382 – 384

Iris Baumgärtner, Einblicke in die jüdische Gemeinde Rastatt, hrg. vom Stadtmuseum Rastatt, 2010

Christiane Twiehaus, Synagogen im Großherzogtum Baden (1806-1918). Eine Untersuchung zu ihrer Rezeption in den öffentlichen Medien, in: "Schriften der Hochschule für jüdische Studien Heidelberg", Heidelberg 2012, S. 222 - 227

Stadt Rastatt (Hrg.), Erste 13 Stolpersteine erinnern in Rastatt an NS-Opfer, in: rastatt.de (2013)

Auflistung der in Rastatt verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Stolpersteine_in_Rastatt   (Hinweis: Der Verein „Initiative Stolpersteine Rastatt“ besitzt eine Internet-Präsentation mit zahlreichen Texten und Bildern, abrufbar unter: stolpersteine-rastatt.de)

Auflistung der in Gaggenau verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Stolpersteine_in_Gaggenau

Ingo Brömel (Arbeitskreis für Landeskunde/Landesgeschichte RP Karlsruhe), Ausgrenzung und Verfolgung der Juden in Rastatt 1933-1945 - eine Spurensuche im Rastatter Stadtarchiv, online abrufbar unter: schule-bw.de (Anm. Materialien und Texte zur Thematik, besonders für die Unterrichtsarbeit erstellt)

Gundi Woll (Red.), Erinnerung und Mahnung am Bahnhof in Rastatt. Gurs-Wegweiser am Rastatter Bahnhof erinnert an Deportation der Juden, in: „Badische Neueste Nachrichten“ vom 24.10.2020