Singhofen (Rheinland-Pfalz)

Unterlahnkreis - WikiwandBildergebnis für landkreis rhein-lahn ortsdienst karte Singhofen – derzeit ca. 1.800 Einwohner zählend - gehört heute zur Verbandsgemeinde Nassau im Rhein-Lahn-Kreis – ca. 15 Kilometer südöstlich von Bad Ems bzw. 25 Kilometer von Koblenz gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905 ohne Eintrag von Singhofen/Nassau, aus: wikipedia.org, gemeinfrei  und  Kartenskizze 'Rhein-Lahn-Kreis', aus: ortsdienst.de/rheinland-pfalz/rhein-lahn-kreis).

 

Die Anfänge der kleinen jüdischen Gemeinde im nassauischen Dorfe Singhofen liegen im Dunkeln. Vermutlich hatte sich die Gemeinde Ende des 18.Jahrhunderts gebildet; diese erreichte gegen Mitte des 19.Jahrhunderts ihren zahlenmäßigen Höchststand mit etwa 70 Angehörigen. Durch die Einbeziehung der Ortschaften Nieder- und Obertiefenbach und Roth, zeitweilig auch von Geisig, verfügte die jüdische Gemeinde schließlich über eine ansehnliche Anzahl von Angehörigen. Eine Synagoge wurde vermutlich in den 1870er Jahren gebaut.

Für die Verrichtung gemeindlicher Aufgaben war ein Lehrer angestellt; die Besetzung der Stelle erfolgte bis in die Zeit des Ersten Weltkrieges.

aus: "Der Israelit" vom 6.7.1870 u. 22.5.1878

In einer „Doppelanzeige“ wurde seitens des Kultusvorstehers Samuel Goldschmidt zum einen ein Religionslehrer für die Gemeinde gesucht und zum anderen für sein Geschäft eine freie Lehrstelle angeboten.

      http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20135/Singhofen%20Israelit%2017071893.jpgAnzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17.7.1893

In der Gemarkung Singhofen (östlich der Ortschaft) wurde vermutlich um 1860 ein jüdischer Friedhof angelegt.

Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Ems (später Bad Ems-Weilburg).

Juden in Singhofen:

         --- 1843 .......................... 70 Juden,

    --- 1871 .......................... 53   “   (ca. 5% d. Bevölk.),

    --- 1885 .......................... 48   “  ,

    --- 1895 .......................... 45   "   (ca. 4% d. Bevölk.),

    --- 1905 .......................... 36   “  ,

    --- 1910 .......................... 31   "  ,

    --- 1925 .......................... 22   “  ,

    --- 1933 .......................... 23   “  ,

    --- 1941 (Juni) ................... keine.

Angaben aus: Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff, Synagogen. Rheinland-Pfalz und Saarland, S. 345

 

Als Kaufleute und Viehhändler lebten die Singhofener Juden in gesicherten wirtschaftlichen Verhältnissen. 

https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20190/Singhofen%20Israelit%2031051900.jpgKleinanzeige im "Der Israelit" vom Mai 1900

Ehe die Deportationen begannen, hatten alle jüdischen Bewohner bereits ihren Heimatort verlassen. Einigen Familien gelang die Emigration, andere waren in größere Städte innerhalb Deutschlands verzogen; die letzte Abmeldung erfolgte im Mai 1941.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ...“ wurden 19 aus Singhofen stammende bzw. längere Zeit hier ansässig gewesene jüdische Bewohner Opfer der „Endlösung(namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/singhofen_synagoge.htm).

 

Das östlich der Ortschaft an einer Waldlichtung liegende ca. 1.500 m² große Begräbnisgelände weist derzeit noch 17 Grabsteine auf..

Friedhof bei Singhofen (Aufn. P. Kamisnky, 2016, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

Mitte der 1960er Jahre wurde das ehemalige Synagogengebäude abgebrochen; danach wurde an dessem Standort eine Gedenkplakette eingelassen. 

 Synagogengebäude (halblinks), kurz vor dem Abriss (Aufn. um 1960, aus: Landesamt)

                                         http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2079/Singhofen%20Synagoge%20100.jpg Gedenkplakette (Aufn. J. Hahn, 2006)

Seit 2003 ist am ehemaligen Standort der Synagoge auch eine Nachbildung ihres Grundrisses ins Straßenpflaster eingefügt.

 

 

 

Im Dorf Niedertiefenbach - wenige Kilometer südlich von Singhofen gelegen - gab es eine winzige jüdische Gemeinschaft, die zusammen mit den wenigen Familien aus Obertiefenbach und Roth einen kleinen Synagogenbezirk bildeten. Anfang der 1840er Jahre mussten sich die Familien der Kultusgemeinde Singhofen anschließen. Seit 1837 besaß Niedertiefenbach einen eigenen kleinen Friedhof.

Mitte der 1920er Jahren lebten noch ca. zehn jüdische Personen im Ort, im September 1938 waren es nur noch vier. Der Shoa sind nachweislich acht gebürtige bzw. länger in Niedertiefenbach lebende Juden (zumeist Angehörige der Familie Goldschmidt) zum Opfer gefallen. Aus Obertiefenbach kamen nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." zwölf aus dem Ort stammende jüdische Bewohner gewaltsam ums Leben (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/niedertiefenbach_synagoge.htm).

Nordwestlich des Ortes (im Hasenbachtal) findet man das ca. 1.300 m große Friedhofsgelände mit derzeit nahezu 30 aufgereihten Grabsteinen. 1985 wurde der Friedhof schwer geschändet und alle dort stehenden Grabsteine umgeworfen.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20400/Niedertiefenbach%20Friedhof%202015-11-06%202.jpgFriedhof Niedertiefenbach (Aufn. Hans G. Kuhn, 2015, aus: alemannia-judaica.de) 

 

 

 

Weitere Informationen:

Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Societäts-Verlag, Frankfurt/M. 1971, Bd. 2, S. 255

Franz Gölzenleuchter, Sie verbrennen alle Gotteshäuser im Lande (Psalm 74,8). Jüdische Spuren im Rhein-Lahn-Kreis - Jahrzehnte danach, Limburg 1998, S. 118/119

Singhofen, in: alemannia-judaica.de (mit einigen Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Niedertiefenbach und Roth sowie Obertiefenbach, in: alemannia-judaica.de

S. Fischbach/I. Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels “ Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 345/346