Kindenheim (Rheinland-Pfalz)

Datei:Rheinhessen 1905.png – WikipediaBildergebnis für kreis bad dürkheim ortsdienst karte Kindenheim gehört heute zur Verbandsgemeinde Grünstadt-Land im Kreis Bad Dürkheim nur wenige Kilometer nördlich der Kreisstadt bzw. südwestlich von Worms (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei  und  Kartenskizze 'Landkreis Bad Dürkheim', aus: ortsdienst.de/rheinland-pfalz/bad-duerkheim).

 

Die Wurzeln einer jüdischen Gemeinde in Kindenheim liegen wohl in der Zeit um 1700; ein oberhalb des Dorfes befindlicher jüdischer Begräbnisplatz soll bereits Ende des 17. Jahrhunderts angelegt worden sein; anderen Angaben zufolge soll dieser erst aus dem ausgehenden 18.Jahrhundert (nicht-glaubwürdige Angabe) stammen. Der Friedhof wurde auch von Gemeinden aus Nachbarorten mitgenutzt: so fanden hier verstorbene Juden aus Biedesheim, Bockenheim, Bubenheim und anderen Dörfern ihre letzte Ruhe.

Die Ansiedlung jüdischer Familien in Kindenheim wurde durch die Leininger Grafen gefördert, die sich an den Schutzgeldern schadlos hielten.

Zu gottesdienstlichen Zusammenkünften diente die „Juddeschul“, die im oberen Stockwerk eines Hinterhauses in der Hauptstraße untergebracht war und über ca. 90 Plätze verfügte. Zudem befand sich im Gebäude ein rituelles Bad (Mikwe)..

https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20192/Kindenheim%20Israelit%2021111866.jpg 

Anzeigen aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Nov. 1866 und 17. Nov. 1869

Anm.: Zwischen den Juden aus Kindenheim, Bubenheim, Groß- und Kleinbockenheim war 1762 eine Abmachung geschlossen worden, wonach für die jüdischen Familien der genannten Orte der Gottesdienst nur in der Synagoge von Kindenheim stattfinden dürfe. Den Bockenheimer Juden wurde aber zugestanden, im Winter und bei schlechtem Wetter ihren Gottesdienst im Privathaus eines Glaubensgenossen abzuhalten. Bei dieser Regelung blieb es offiziell bis weit ins 19. Jahrhundert hinein.

Bis Mitte des 19.Jahrhunderts gehörte Biedesheim noch offiziell als Filialgemeinde der Kindenheimer Kultusgemeinde, die dem Rabbinatsbezirk Frankenthal zugeordnet war, an.

Juden in Kindenheim:

         --- 1808 ........................ ca.  75 Juden (ca. 12% d. Bevölk.),

    --- 1825 ............................  80   “   (ca. 10% d. Bevölk.),

--- 1848 ............................ 123   “   (in 23 Familien),

    --- 1875 ............................  75   “  ,

    --- 1900 ............................  24   “  ,

--- 1933 ............................   6   “  .

Angaben aus: Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels”, S. 85

 

Gegen Mitte des 19.Jahrhunderts lag der Anteil der Juden an der Dorfbevölkerung bei knapp 14%; dies waren etwa 120 Personen. Danach ging die Zahl der jüdischen Bewohner infolge Aus- u. Abwanderung deutlich zurück, die Gemeinde löste sich dann in den 1920er Jahren ganz auf; die wenigen verbliebenen Gemeindeangehörigen wurden der israelitischen Kultusgemeinde Kleinbockenheim zugeordnet. Bereits 1907 waren Synagoge und das Schulhaus verkauft worden, da eine Instandhaltung der Gebäude finanziell nicht mehr getragen werden konnte.

Zu Beginn der 1930er Jahre lebten nur noch einzelne Juden im Dorf.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." wurden sieben gebürtige Kindenheimer Juden Opfer der „Endlösung(namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe. alemannia-judaica.de/kindenheim_synagoge.htm).

 

Am Gebäude der ehemaligen jüdischen Schule und dem Lehrerwohnhaus in der Galoppgasse ist eine Hinweistafel angebracht, die über deren einstige Bestimmungen Auskunft gibt.

Die Synagoge in Kindenheim (Kreis Bad Dürkheim)Vor dem Amtsgericht in Ludwigshafen erinnert ein „Stolperstein“ an Dr. Heinich Strauß, der aus Kindenheim stammte (geb. 1876).

Am Ende der Straße „Judenberg“ - oberhalb des Dorfes - liegt der großflächige jüdische Friedhof; auf dem ca. 3.800 m² Gelände findet man heute noch ca. 180 Grabsteine; der älteste vorhandene Stein datiert von 1719.


              Ehem. Taharahaus und Blick auf das Begräbnisgelände (Aufn. J. Hahn, 2004)

 

 

Die im Laufe des 18.Jahrhunderts sich gebildete israelitische Gemeinde in Bubenheim blieb stets nur auf eine überschaubare Zahl von Familien begrenzt. Sie umfasste um 1835 ca. 35 Mitglieder. Seit 1822 nutzten die Gemeindemitglieder eine eigene Betstube; zuvor wurden Gottesdienste in der Synagoge zu Kindenheim besucht. Als sich Anfang der 1850er Jahre die Gemeinde auflöste, schlossen sich die im Dorfe verbliebenen Juden der Gemeinde Kindenheim an. Um 1900 lebten keine Juden mehr in Bubenheim.

 

 

 

Weitere Informationen:

Hermann Arnold, Von den Juden in der Pfalz, Speyer 1967, S. 97 f.

Alfred Hans Kuby (Hrg.), Pfälzisches Judentum gestern und heute. Beiträge zur Regionalgeschichte des 19./20.Jahrhunderts, Verlag Pfälzische Post, Neustadt a.d.Weinstraße 1992

Fritz Mayer, Kindenheim – Daten zur Dorfgeschichte und seiner Bevölkerung, 2003

Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels”. Synagogen Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz ..., Mainz 2005, S. 129/130 und S. 205

Otmar Weber, Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südwestpfalz, Hrg. Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz (Landau), Dahn 2005, S. 60 und S. 94/95

Kindenheim, in: alemannia-judaica.de (mit einigen Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Bubenheim, in: alemannia-judaica.de

Ortsgemeinde Kindenheim - Projektgruppe ‚Kindenheim macht Geschichte‘ (Bearb.), Kindenheim macht Geschichte lebendig, online abrufbar unter: kindenheim-macht-geschichte.de (Anm. mit Informationen zu Gebäuden der ehem. jüdischen Gemeinde)