Geinsheim (Rheinland-Pfalz)

Maße: 665 px × 469 px  Karte  Geinsheim ist heute ein Ortsteil im Südosten des Stadtgebietes von Neustadt a.d. Weinstraße (Kartenskizze 'Metropolregion Rhein-Neckar', W. 2011, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0  und  Geinsheim innerhalb der Gemarkung der Stadt Neustadt rot markiert).

 

Um die Wende des 18. zum 19.Jahrhunderts hatte sich im Dorfe Geinsheim eine jüdische Gemeinde gebildet; Juden siedelten sich erstmals vermutlich bereits im ausgehenden 17. Jahrhundert an; gesicherte Hinweise liegen aber erst aus dem Jahre 1723 vor. Um 1810 existierte in Geinsheim ein kleiner Betraum, der drei Jahrzehnte später erweitert (oder erneuert) wurde. Wegen Baufälligkeit des Betsaals (Unterdorfgasse) wurde Mitte der 1860er Jahre eine neue Synagoge eingerichtet, die in einem zweistöckigen Fachwerkbau am Ortsrand, in der Gäustraße, untergebracht war; der von einer bemalten Decke überwölbte Betraum bot 40 Männern und 25 Frauen Platz.

Ein angestellter Lehrer war für die Besorgung religiöser Aufgaben zuständig; neben der Unterweisung der Kinder war er – wie es in kleineren Gemeinden allgemein üblich war – auch als Vorbeter und Schochet tätig.

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Anzeigen aus der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 23.April 1879 und vom 28.Febr. 1889

In den letzten beiden Jahrzehnten des 19.Jahrhunderts war die Lehrerstelle einem andauernden Wechsel unterworfen.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20176/Geinsheim%20Israelit%2011051893.jpg  http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2073/Geinsheim%20Gommersheim%20Israelit%2025021894.jpg

zwei weitere Anzeigen aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11.Mai 1893 und vom 25.Febr. 1894

Zeitweilig bestand hier auch eine jüdische Elementarschule.

Ihre Verstorbenen begruben die Geinsheimer Juden anfänglich auf dem jüdischen Friedhof in Essingen, später dann auf dem in Haßloch.

Die Kultusgemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat Frankenthal.

Juden in Geinsheim:

         --- 1754 .........................  4 jüdische Familien,

    --- 1802/04 ...................... 31 Juden,

    --- 1808 ......................... 47   “ (in 10 Familien),

    --- 1823 ......................... 56   “  ,

    --- 1848 ......................... 94   “ (in 18 Familien),

    --- 1851 ........................ 108   "  ,

    --- 1862 ......................... 84   “  ,

    --- 1893 ......................... 51   “  ,

    --- 1907 ......................... 49   “  ,

    --- 1922 ......................... 43   “  ,

    --- 1935 ......................... 23   “  ,

    --- 1936 (Apr.) .................. 21   “  ,

    --- 1938 ......................... 17   “  ,

    --- 1940 (Sept.) .................  7   “  .

Angaben aus: Claus-Peter Westrich, Juden in Geinsheim/Pfalz, S. 252

 

Gegen Mitte des 19.Jahrhunderts erreichte die Kultusgemeinde mit knapp 100 Angehörigen ihren zahlenmäßigen Höchststand. Die hier ansässigen 18 Familien bestritten ihren oft mageren Lebensunterhalt vornehmlich vom Handel, einige wenige vom Ackerbau. Diese berufliche Struktur blieb auch bis ins beginnende 20.Jahrhundert weitgehend erhalten. Zu Beginn der NS-Zeit lebten nur noch drei jüdische Familien in Geinsheim.

Während der „Kristallnacht“ wurde die Inneneinrichtung der Geinsheimer Synagoge durch einige NS-Gefolgsleute verwüstet; das Gebäude, das anschließend in Kommunalbesitz überging, blieb äußerlich unversehrt. Die letzten sieben noch in Geinsheim verbliebenen jüdischen Einwohner wurden Ende Oktober 1940 im Rahmen der sog. „Bürckel-Aktion“ nach Gurs deportiert.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." wurden ca. 30 aus Geinsheim stammende bzw. hier länger ansässig gewesene jüdische Bewohner Opfer der Shoa (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/geinsheim_synagoge.htm).

 

Das ehemalige Synagogengebäude, das während des Krieges als Unterkunft für Zwangsarbeiter diente und nach 1945 vorübergehend zu Wohnzwecken genutzt wurde, wurde 1950 in den Besitz der jüdischen Kultusgemeinde der Rheinpfalz übertragen; Jahre später wurde es von einer einheimischen Familie angekauft. Wegen Baufälligkeit des Gebäudes erfolgte Mitte der 1980er Jahre dessen Abbruch; das Grundstück wurde anschließend neu überbaut.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20238/Geinsheim%20Synagoge%20120.jpg Gebäude, in dem sich der Betsaal befand (Aufn. aus: O. Weber, Synagogen in der Pfalz)

Mehrere sog. "Stolpersteine" erinnern an ehemalige Bewohner mosaischen Glaubens, die Opfer der NS-Herrschaft geworden sind.

Stolperstein Neustadt an der Weinstraße Geinsheim Gäustraße 51 Isidor Mané.jpgStolperstein Neustadt an der Weinstraße Geinsheim Gäustraße 51 Emelie Mané.jpgStolperstein Neustadt an der Weinstraße Geinsheim Gäustraße 51 Emelie Mané.jpgStolperstein Neustadt an der Weinstraße Geinsheim Gäustraße 26 Betty Grünbaum.jpgin der Gäustraße (Aufn. Gmbo, 2017, aus: wikipedia.org, CCO)

 

Derzeit sind mehrere Denkmal-Konzepte im Gespräch, die die Erinnerung an die ehemaligen jüdischen Bewohner Geinsheims wachhalten sollen.

 

[vgl. Neustadt a.d.Weinstraße (Rheinland-Pfalz)]

 

In Geinsheim a. Rhein (heute Ortsteil der Kommune Trebur) bestand im 19.Jahrhundert eine kleine israelitische Gemeinde, die zu keiner Zeit mehr als 60 Angehörige besaß.

[vgl. dazu. Trebur (Hessen)]

 

 

Weitere Informationen:

Karl Fücks/Michael Jäger, Synagogen der Pfälzer Juden. Vom Untergang ihrer Gotteshäuser und Gemeinden, Hrg. Jüdische Kultusgemeinde der Rheinpfalz, Neustadt/Weinstraße 1988

Claus-Peter Westrich, Juden in Geinsheim/Pfalz, in: Geinsheim in der Pfalz - Beiträge aus Vergangenheit und Gegenwart eines Gäudorfes, Hrg. Stadt Neustadt a.d. Weinstraße 1988, S. 249 f.

Claus-Peter Westrich, Als die Synagogen brannten, in: “Die Rheinpfalz” (Ausgaben aus November 1988)

Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels. Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 285/286

Otmar Weber, Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südwestpfalz, Hrg. Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz (Landau), Dahn 2005, S. 75

Geinsheim, in: alemannia-judaica.de (mit Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Anke Mosch (Red.), In Geinsheim und Leeheim werden Stolpersteine für Familien verlegt, in: „ECHO“ vom 16.5.2018

Auflistung der in Neustadt a.d.Weinstraße/Geinsheim verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Neustadt_an_der_Weinstraße

Verein für Heimatpflege Geinsheim e.V. (Bearb.), Errichtung eines Mahnmals zur Erinnerung an die 31 Geinsheimer Opfer der Naziherrschaft, Geinsheim Dez. 2021

Monika Kucera (Bearb.), Im Gedenken an die im Nationalsozialismus (1933-1945) Ermordeten unserer Gemeinde Geinsheim/Pfalz, online abrufbar unter: scherben-der-ns-zeit.de

Axel Nickel (Red.), Mahnmal: Initiative in Geinsheim plant Neuanfang, in: „Die Rheinpfalz“ vom 28.2.2023