Ebersheim (Rheinland-Pfalz)

Datei:Rheinhessen 1905.png – WikipediaLage von Ebersheim in Mainz Ebersheim ist heute ein Stadtbezirk der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905 ohne Eintrag von Ebersheim, aus: wikipedia.org, gemeinfrei  und  Kartenskizze 'Stadtteile von Mainz', TUBS 2012, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 2.0).

 

In Ebersheim sind jüdische Bewohner seit Mitte des 18.Jahrhunderts urkundlich nachweisbar. Ein Ebersheimer "Schutzjude" namens Beer lässt sich für das Jahr 1785 nachweisen.
Seit 1853 (andere Angabe: bereits seit 1842) besaß die Ebersheimer Gemeinde ein eigenes Synagogengebäude in der Mainzer Straße (heute Konrad-Adenauer-Straße).

Zur Verrichtung gemeindlicher Aufgaben war bis in die Zeit kurz nach der Jahrhundertwende ein Lehrer angestellt; neben der religiösen Unterweisung der Kinder war er - wie es in kleinen Gemeinden üblich war - zugleich als Vorbeter/Schochet tätig.

Stellenanzeigen aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18.März 1863, vom 3.Okt. 1877 und vom 18.Jan. 1886

Seit ca. 1905 besaß die inzwischen kleiner gewordene jüdische Einwohner keinen eigenen Lehrer mehr; zunächst wurde die von der Nachbargemeinde in Hechtsheim „versorgt“, ehe dann eigene Gemeindeangehörige nun ehrenamtlich dessen Tätigkeit übernahmen; teilweise wurde der Religionsunterricht auch durch auswärtige „Wanderlehrer“ erteilt.

                                            Stellenanzeige aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19.Sept. 1907

Vermutlich um die Mitte des 19.Jahrhunderts ist die Anlage einer eigenen Begräbnisstätte erfolgt, auf der sich heute ca. 40 Grabsteine befinden; der älteste datiert von 1875.

Zur Ebersheimer Gemeinde, die dem Bezirksrabbinat in Mainz angehörte, zählten auch die jüdischen Familien in Harxheim.

Juden in Ebersheim:

--- 1802 ..........................  2 jüdische Familien,

--- 1816 .......................... 18 Juden,

--- 1824 .......................... 29   “  ,

--- 1830 .......................... 38   “  (ca. 4% d. Bev.),

--- 1855 .......................... 47   “  ,

--- 1875 .......................... 50   “  ,

--- 1880 .......................... 59   “  ,

--- 1900 .......................... 52   “  ,

--- 1933 ...................... ca. 25   “  ,

--- 1938 .......................... 13   “  .

Angaben aus: Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Band 1, S. 145/146

           Ansichtskarte / Postkarte Ebersheim Mainz am Rhein, | akpool.de Hauptstraße in Ebersheim (hist. Aufn., aus: akpool.de)

Gewerbliche Anzeigen jüdischer Viehhandlungen/Metzgereien:

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Die stets nur kleine mosaische Gemeinschaft - in den 1860er Jahren maximal ca. 60 Angehörigen zählend - löste sich Mitte der 1930er Jahre auf; die letzten elf jüdischen Bewohner verzogen 1938/1939 nach Mainz.

Während des Novemberpogroms von 1938 wurde das Synagogengebäude niedergebrannt und von Juden bewohnte Anwesen demoliert. Mitte der 1950er Jahre wurde dann die Ruine der Synagoge abgebrochen.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." wurden nachweislich 22 gebürtige bzw. längere Zeit am Ort wohnhaft gewesene jüdische Personen Opfer des Holocaust (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/ebersheim_synagoge.htm).

 

Auf dem Gräberfeld des ca. 200 m² großen Begräbnisgeländes an der Zornheimer Straße sind noch ca. 40 Grabsteine erhalten, die aus der Zeit von 1875 bis 1923 stammen.

Denkmalzone Jüdischer Friedhof Ebersheim 5.JPGDenkmalzone Jüdischer Friedhof Ebersheim 3.JPG

Grabstätten auf dem jüdischen Friedhof Mainz-Ebersheim (Aufn. N., 2015, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0)

Im Frühjahr 2014 wurde auf Initiative dert beiden Kirchengemeinden und des Ortsrates am Standort der ehemaligen Synagoge eine Gedenktafel – geschaffen vom Bildhauer Rainer Knußmann – in den Gehweg in der Konrad-Adenauer-Straße eingelassen, auf der das Synagogengebäude reliefartig dargestellt ist. Die Inschrift auf der Bodenplatte lautet: „Standort der 1840/1842 errichteten Synagoge Ebersheim. Sie wurde im November 1938 niedergebrannt“.

Seit 2011 erinnern auch sog. „Stolpersteine“ an ehemalige jüdische Bewohner Ebersheims, die Opfer der NS-Herrschaft wurden.

Goldschmitt Leopold.jpgGoldschmitt Nelly.jpgGoldschmidt Bernhard.jpgGoldschmidt Sara.jpgGoldschmitt Lazarus.jpgGoldschmitt Rosaline.jpg

verlegt in der Schulrat-Spang.Str., in der Römerstraße und Neugasse (Aufn. M. Steinmetz, 2017, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

                          Kollektion Stolpersteine - Konrad-Adenauer-Str. 8.jpg Konrad-Adenauer-Straße (Aufn. N., 2018, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

 

Der aus Ebersheim stammende Arthur Simon - 1903 in die USA ausgewandert - wurde in seiner neuen Wahlheimat ein erfolgreicher Geschäftsmann.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20238/Ebersheim%20HSimon%20010.jpg Sein Sohn Herbert Simon erhielt 1978 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften und war viele Jahre Berater des amerikanischen Präsidenten.

 

 

 

Weitere Informationen:

Arthur Ruppin, Die Juden im Großherzogtum Hessen, Berlin 1909

Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Societäts-Verlag, Frankfurt/M. 1971, Bd. 1, S. 145/146

Friedrich Eckert (Hrg.), Juden in Mainz-Ebersheim, bearb. von Georg Bertz, Mainz 1992

Ebersheim (Stadt Mainz) mit Harxheim, in: alemannia-judaica.de (mit Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie und Aufn. vom jüdischen Friedhof)

Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), "... und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland, Mainz 2005, S. 258

Dieter Krienke, Die Synagogen der Mainzer Vororte Bretzenheim, Ebersheim, Hechtsheim und Kastel, in: Hedwig Brüchert (Hrg.), Die Mainzer Synagogen, im Auftrag des Vereins für Sozialgeschichte Mainz e.V., Mainz 2008

Rudolf Büllesbach, Geschichte und Schicksal der Ebersheimer Juden, veröffentlicht in: regionalgeschichte.net

Marion u. Herbert Poensgen, Verlegung der Stolpersteine in Ebersheim, Flyer 2011

N.N. (Red.), Stolpersteine in Ebersheim, in: „Allgemeine Zeitung - Mainz“ vom 27.8.2011

Berthold Tapp, Betrifft: Synagoge der israelitischen Gemeinde Ebersheim 1840 – 1938, in: "Ebersheimer Schaufenster", Ausg. Juni und Aug. 2013

Berthold Tapp, Die israelitische Gemeinde Ebersheim mit Harxheim und ihre Synagoge (1830–1938)  -  Aufstieg und Untergang einer rheinhessischen Landjudengemeinde, 2014

Auflistung der in Mainz-Ebersheim Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Mainz

Juden in Ebersheim, in: Ebershemer Geschichte, online abrufbar unter: ebersheimer-geschichte.de/inhalt_ereignisse_ebersheimer_juden.html

Gregor Starosczyk-Gerlach (Red.), Schändung der Stolpersteine verurteilt, in: „Lokale Zeitung“ vom 15.9.2020